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Im Ausnahmezustand in China

Vor drei Jahren zog eine Kamenzerin nach Shanghai. Jetzt erlebt sie, wie der Corona-Virus das ganze Land lahmlegt.

Von Ina Förster
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Janine Jakob (28) lebt und arbeitet seit einiger Zeit in Shanghai. Zurzeit ist sie nur mit einer solchen N-95-Maske unterwegs. Diese ist die Einzige, die wirkungsvoll vor dem Virus schützen soll und schon fast ausverkauft in den Läden.
Janine Jakob (28) lebt und arbeitet seit einiger Zeit in Shanghai. Zurzeit ist sie nur mit einer solchen N-95-Maske unterwegs. Diese ist die Einzige, die wirkungsvoll vor dem Virus schützen soll und schon fast ausverkauft in den Läden. © privat/Janine Jakob

Kamenz. Der Corona-Virus ist seit Dienstag in Deutschland angekommen. Der erste Fall in Bayern verunsichert die Menschen hierzulande. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft versicherte, Ärzte und Kliniken seien auf das Virus vorbereitet. Doch wie sieht es direkt in China aus? Viele Deutsche leben und arbeiten dort. Zum Beispiel die Kamenzerin Janine Jakob. Seit 2017 sucht sie in Asien ihr Glück. Und das im wahrsten Sinne des Wortes. Sie startete mit 26 Jahren bereits voll in China durch. Nach dem doppelten Masterabschluss an verschiedenen Business-Schulen, baute sie sich ihr erstes Start-up-Unternehmen auf.

Die Kamenzerin Janine Jakob lebt seit 2017 in Asien
Die Kamenzerin Janine Jakob lebt seit 2017 in Asien © privat/Janine Jakob

Dabei geht es um das Glücklichsein und wie wichtig Zufriedenheit und Wohlbefinden vor allem im Beruf sind. Sie doziert über gesunde Arbeitskultur und dass mehr Flexibilität gesund ist, dass ein gewisses Maß an Freiheit durchaus zur Steigerung der Produktivität beiträgt. Und dass man auch Fehler machen darf. Gerade in den letzten Tagen gab sie ihre positive Energie oft weiter – an Freunde, Kollegen und Geschäftspartner in Shanghai. Dort lebt die 28-Jährige mit vier anderen Mitbewohnern in einer WG. „Ich versuche, den Leuten etwas Positives mitzuteilen, damit sie nicht verrückt werden. Denn es herrscht natürlich viel Unsicherheit wegen der angespannten Lage mit dem Corona-Virus“, erzählt sie. Über Wechat-Gruppen – so etwas wie WhatsApp hierzulande – sind sie miteinander vernetzt. Denn Herausgehen ist zurzeit keine gute Idee. Um die Sicherheit des öffentlichen Lebens und die körperliche Gesundheit zu gewährleisten, werden seit Kurzem auch in Shanghai Notfallmaßnahmen für das öffentliche Gesundheitswesen auf der ersten Ebene umgesetzt.

24-Millionen-Metropole wie leer gefegt

Seit Tagen ist die 24-Millionen-Metropole deshalb wie leer gefegt. Das liegt nicht nur am Corona-Virus, der diese Region ebenfalls erfasst hat, sondern auch am chinesischen Neujahr. Die Menschen, die hier arbeiten, kommen meistens aus der Provinz und verdienen in den Metropolen das Geld für den Rest der Familie. „Sie können meistens nur ein- bis zweimal im Jahr überhaupt heimfahren. Und das tun sie eigentlich zum Neujahrsfest“, weiß Janine Jakob. 2020 sei das äußerst schwierig, da sie in der Stadt festhängen und seit ein paar Tagen nicht mehr ausreisen dürfen. „Die Chinesen haben nicht so viel Urlaub wie wir. Meine Mitbewohnerin beispielsweise hat sich nicht getraut, zu den Eltern zu fahren. Die ersten Regierungen haben Notstände ausgerufen. Es gibt Reisestopps. So kommen viele Menschen dann auch nicht mehr zurück zur Arbeit. Das könnte Konsequenzen haben. Am 1. Februar wäre eigentlich der erste Arbeitstag. Im nahen Suzhou hat man diesen Start schon eine Woche nach hinten verlegt. Schulen öffnen dort erst wieder ab 17. Februar“, weiß sie. Viele befreundete Lehrer und Dozenten wissen gerade nicht, ob sie im kommenden Monat überhaupt etwas verdienen werden.

Mit Lebensmitteln eingedeckt

Denn natürlich sorgt in erster Linie auch der Corona-Virus für leere Innenstädte. Janine Jakob wohnt im Zentrum, im sonst äußerst belebten Jing’an District. „Den Leuten wird empfohlen, daheimzubleiben. Ich selber habe mich für die nächsten Tage im Aldi mit Lebensmitteln eingedeckt. Selbst da trifft man kaum Leute. Essen und Wasser gibt es schon noch genügend, und wenige Leute arbeiten auch. Aber die Restaurants bleiben zu. Die ersten Sehenswürdigkeiten, Clubs und Bars schließen ebenfalls“, erzählt Janine Jakob. Es sei wirklich gespenstisch. Sie versucht, die Metro zu meiden, und fährt derweil alle Wege mit dem Fahrrad, um niemand zu begegnen. Das ist nicht schwer, da ohnehin kaum jemand unterwegs ist. Mit ihrer N-95-Maske fühlt sie sich sicher. Doch diese sind fast ausverkauft in den Läden.

Die Straßen der 24-Millionen-Stadt Shanghai sind gespenstisch leer.
Die Straßen der 24-Millionen-Stadt Shanghai sind gespenstisch leer. © privat/Janine Jakob

„Für mich persönlich ist es gar nicht so schlecht, ich komme zur Ruhe und versuche umzudenken betreffs meiner Geschäftsmodelle. Denn auch ich habe Business verloren. Ich konnte persönliche Trainings- und Workshops nicht antreten. Die wurden mir abgesagt, und dann verdient man nichts. Ohne Rücklagen ist das schwierig. Auch die Business School in Suzhou bleibt bis 17. Februar und länger geschlossen. Dort unterrichtet Janine Jakob stundenweise. Die „Glücksbotschafterin“ ermutigt Freunde und Geschäftspartner in dieser schwierigen Lage: „Lerne neue Dinge, investiere in dich selbst. Hör auf, negative Nachrichten, Gerüchte und unsichere Infos aller paar Stunden anzusehen. Morgens und abends reicht. Und stärkt euer Immunsystem: selbstgemachte Suppe, ätherische Öle, Ingwertee und Kokoswasser sind meine Favoriten“, schreibt sie ins soziale Netzwerk. Tipps, die auch durchaus in Deutschland gelten.

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