Partner im RedaktionsNetzwerk Deutschland
SZ + Update Bautzen

„King Abode“-Urteil hinter verschlossenen Türen

Der Libyer wurde am Montag zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Viel mehr erfährt die Öffentlichkeit aber nicht.

Von Theresa Hellwig
 4 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Der Angeklagte vor Gericht.
Der Angeklagte vor Gericht. © Archivfoto: LausitzNews

Bautzen. Das Amtsgericht in Bautzen hat Mohamed Youssef T., der sich selbst „King Abode“ nennt, am Montag zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und vier Monaten verurteilt. Die Strafe ist zur Bewährung ausgesetzt. Seit August lief der Prozess gegen den libyschen Staatsbürger, der sich wegen 24 Straftaten vor dem Jugendschöffengericht verantworten musste.

Wie das Gericht am Montag bekannt gab, wurde „King Abode“ nun wegen Sachbeschädigung und Beleidigung in jeweils zwei Fällen sowie Hausfriedensbruch in fünf Fällen schuldig gesprochen. Auch wegen mehrerer Körperverletzungen hat das Amtsgericht den Libyer verurteilt. Zudem hat ihn das Gericht der gemeinschaftlichen Sachbeschädigung und des Widerstands gegen Personen, die Vollstreckungsbeamten gleichstehen, schuldig gesprochen. „Bezüglich weitergehender Tatvorwürfe ist der Angeklagte freigesprochen worden“, teilte das Amtsgericht mit.

Insgesamt sechs Prozesstage hatte das Gericht verhandelt. In das Urteil seien auch Strafen aus früheren Verurteilungen mit einbezogen worden. Es ist noch nicht rechtskräftig, binnen einer Woche können Rechtsmittel eingelegt werden.

Weil der Prozess unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfand, kann das Gericht nach eigenen Angaben keine näheren Auskünfte zum Verlauf der Hauptverhandlung und zu den Urteilsgründen geben. Auch zur Höhe der Strafe, die die Staatsanwaltschaft gefordert hat, kann das Gericht keine Auskunft geben.

"King Abode" womöglich jünger

Schon zu Prozessbeginn hatte es Wirbel gegeben, weil das Gericht kurzfristig bekannt gegeben hatte, dass bei der Verhandlung kein Publikum erlaubt sei. Der Grund dafür: Der Angeklagte sei womöglich jünger als bisher angenommen und somit bei einem Teil der länger zurückliegenden Taten noch nicht volljährig gewesen.

Erst kurzfristig seien die Hinweise dazu in den Akten gefunden worden, hatte Amtsgerichtsdirektor Markus Kadenbach damals mitgeteilt. Das sei deshalb nicht vorher aufgefallen, weil es üblich sei, sich erst nach der Festlegung des Verhandlungstermins ausgiebig mit den Akten zu befassen. Demnach sei „King Abode“ vielleicht im August 1997 geboren und nicht, wie bisher angenommen, im Februar 1996. Weil sich dies nicht aufklären ließ, ging das Gericht vom jüngeren Alter aus – im Zweifel für den Angeklagten.

Anderthalb Jahre Unterschied – wenige Monate, die vor Gericht große Auswirkungen haben. Denn bei nicht volljährigen Angeklagten kommt das Jugendgerichtsgesetz zur Anwendung. Dabei zählt nicht das Alter einer Person bei der Verhandlung, sondern bei der Tat. Einher geht der Ausschluss der Öffentlichkeit. So sollen die Jugendlichen geschützt werden, ihnen soll trotz des Prozesses eine gute Entwicklung ermöglicht werden. Auch soll so eine gute Kommunikationsatmosphäre geschaffen werden, in der sich eventuell schüchterne Angeklagte frei äußern können. Auch in die entgegengesetzte Richtung soll diese Regel wirken: Geltungsbedürftigen Jugendlichen soll dadurch keine Bühne geboten werden. Das Gericht habe keine andere Wahl, als so zu handeln, erklärte damals Markus Kadenbach. „Das Gericht ist da an das Gesetz gebunden“, sagte er.

Hält die Polizei seit 2015 auf Trab

Ob das Alter des Angeklagten medizinisch untersucht wurde, dazu kann das Gericht nach eigenen Angaben ebenfalls keine Auskunft geben – eben, weil der Prozess nichtöffentlich war.

„King Abode“ gilt als Intensivtäter und hält seit 2015 Polizei und Justiz in der Region auf Trab. Wegen seiner „außergewöhnlichen Häufung von strafbaren Handlungen in einem kurzen Zeitraum“ – so beschrieb es damals die Stadt – durfte er sich 2018 mehrere Monate lang nicht in Bautzen aufhalten. Der aktuelle Prozess ist für Mohamed Youssef T. deshalb auch nicht der erste Besuch vor Gericht. Auch das Amtsgericht Dresden hatte den Libyer schon einmal verurteilt. Ihm wurde damals unter anderem vorgeworfen, einen Zuggast bedroht, beleidigt und gebissen zu haben. Vor Gericht fiel er auf, weil er an einem Prozesstag während der Verhandlung aus dem Gerichtssaal türmte und an einem anderen Tag einen Fotografen angriff.

Im Herbst 2018 wurde zudem über die Aufenthaltserlaubnis des Mannes verhandelt. Sein Asylantrag wurde abgelehnt. Weil nach Libyen jedoch derzeit keine Abschiebungen möglich sind, kann er faktisch nicht abgeschoben werden.

Es ist wohl auch nicht das letzte Mal, dass sich Mohamed Youssef T. vor Gericht verantworten muss. Ein weiteres Verfahren steht noch aus, gab Markus Kadenbach vom Bautzener Amtsgericht bekannt. Demnach muss sich der Libyer gemeinsam mit weiteren Angeklagten im Zusammenhang mit den Auseinandersetzungen auf dem Bautzener Kornmarkt im Jahr 2016 noch wegen des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte verantworten. Dabei dürfte der Libyer nach den aktuellen Altersangaben auch volljährig gewesen sein. Ein Datum für den Prozess gibt es noch nicht.

Mehr Nachrichten aus Bautzen lesen Sie hier.

Mehr Nachrichten aus Bischofswerda lesen Sie hier.

Mehr Nachrichten aus Kamenz lesen Sie hier.