Partner im RedaktionsNetzwerk Deutschland
SZ + Pirna

Neubaustrecke Dresden-Prag: Halten in Heidenau künftig auch Fernzüge?

Der Fahrgastverband "Pro Bahn" fordert, einen fernzugtauglichen Bahnsteig zu bauen. Was Deutsche Bahn und Stadt Heidenau dazu sagen.

Von Thomas Möckel
 5 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Eurocity im Bahnhof Heidenau: Bekommt die Stadt künftig einen fernzugtauglichen Bahnsteig?
Eurocity im Bahnhof Heidenau: Bekommt die Stadt künftig einen fernzugtauglichen Bahnsteig? © Marko Förster

Im Herbst vergangenen Jahres gab die Deutsche Bahn etwas preis, worauf viele Menschen vor allem in der Region Heidenau, Pirna und Dohma bereits angespannt gewartet hatten. Der Schienenstrang-Betreiber verkündete die Vorzugsvariante für die geplante Neubaustrecke Dresden-Prag. Entschieden hatte sich die Bahn nach einem Variantenvergleich für die sogenannte Volltunnelstrecke, präferiert auch von den Anwohnern und Anrainer-Kommunen. Diese Strecke wird zwischen Heidenau und Pirna in Höhe der Pechhütte von der bestehenden Elbtalstrecke abzweigen, über die B172 führen und von dort aus dann vollständig im Tunnel bis Tschechien verschwinden.

Die Bahn plant diese Route schon seit mehreren Jahren. Sie soll einmal die bis an die Kapazitätsgrenze ausgelastete Elbtalstrecke zwischen Pirna und Děčín entlasten, zusätzliche Kapazitäten für den Schienenverkehr bieten, die Fahrzeit von Dresden nach Prag von jetzt zwei auf dann eine Stunde verkürzen und den wichtigen europäischen Nord-Süd-Eisenbahnkorridor durchlässiger machen. Wird die Strecke gebaut, entstünde der mit rund 30 Kilometern längste und der zugleich erste grenzüberschreitende Eisenbahntunnel Deutschlands.

Bis spätestens Ende 2024 will die Bahn die Planungsunterlagen an das Eisenbahnbundesamt übergeben, von wo aus sie dann nach kurzer Prüfung an das Bundesverkehrsministerium und an den Bundestag zur sogenannten parlamentarischen Befassung gehen. Das Parlament entscheidet dann, ob die Vorzugsvariante umgesetzt und finanziert wird. Die Bahn rechnet noch vor der Sommerpause mit dem Beschluss, um dann das weitere Verfahren einzuleiten. Der Bau der Trasse könnte eventuell Anfang der 2030er Jahre beginnen, die Bauzeit beträgt etwa zwölf bis 14 Jahre. Mitten in dem laufenden Verfahren ploppt nun eine Forderung auf – die so neu nicht ist.

Spezial-Bahnsteig verbessert Touren nach Tschechien

Der Fahrgastverband "Pro Bahn Mitteldeutschland" fordert zum wiederholten Mal, dass im Zuge des künftigen Streckenbaus auch zwei fernzugtaugliche Bahnsteigkanten in Heidenau errichtet werden, um für den interregionalen Verkehr gerüstet zu sein. Dieser Bahnsteig sollte eine Höhe von 76 Zentimeter und eine Länge von mindestens 410 Meter haben. "Dies sollte jetzt mit eingeplant werden, da derartige Änderungen an bereits bestehender Infrastruktur mit großem Aufwand verbunden und später wirtschaftlich schwierig darstellbar sind", sagt Michael Koch, Referent der Region Dresden und Vorstandsmitglied bei "Pro Bahn Mitteldeutschland". Die Planung und der Bau eines solchen Bahnsteiges im Zuge der Neubaustrecke lasse sich dabei kostenneutral realisieren.

Von diesem Halt für zusätzliche Fernzüge über die Neubaustrecke verspricht sich der Fahrgastverband für die Städte Pirna, Bad Schandau und Glashütte eine deutlich schnellere Fernverkehrsverbindung nach Tschechien. Wird der öffentliche Nahverkehr auf diese Weise integriert, würde auch der Dresdner Osten stark davon profitieren. Zudem seien auch Regionalexpresszüge entlang der Elbe nach Tschechien eine Option. So wäre die Bahn beispielsweise bei Störungen oder Bauarbeiten deutlich flexibler.

"Pro Bahn" habe diese Projekte bereits vorab bei der DB InfraGO, die frühere DB Regio, angeregt, nach eigener Aussage dazu aber nie eine klare Aussage erhalten. Zunächst sei von einer Bahnsteiglänge von 410 Meter gesprochen worden, neuerdings nur noch von 170 Meter – was für Fernzüge nicht ausreichend sei. Zudem gebe es nach Aussage von Koch Streit, wie ein solcher Bahnsteig finanziert werden soll. Die Bahn schiebe diesbezüglich die Verantwortung über den Freistaat Sachsen auf den Verkehrsverbund Oberelbe (VVO). Laut Koch habe der Verband die Forderung nach diesem Bahnsteig jetzt noch einmal öffentlich platziert, damit sich die Bahn eindeutig zu dem Thema erklärt und das Projekt Aufmerksamkeit bekommt, bevor und wenn sich der Bundestag damit befasst.

© SZ Grafik

Heidenau selbst fordert keinen Fernzughalt

Die Bahn erklärt auf Nachfrage, man habe sich mit dem Fahrgastverband zu diesem Thema schon mehrfach ausgetauscht. Ein Vertreter von "Pro Bahn" nehme auch regelmäßig an den Dialogforen, die die Bahn regelmäßig zur Neubaustrecke initiiert, teil. Erst beim Dialogforum im April dieses Jahres war dieser Bahnsteig erneut Thema. Laut dem Protokoll erklärte damals Kay Müller, Projektleiter der Neubaustrecke, dass die aktuellen Pläne der Neubaustrecke Gleise durch Heidenau ohne Halt vorsehen. Dies könnte innerhalb der Planung bei entsprechendem Planungsauftrag noch geändert werden. Hierbei seien auch Bahnsteiglängen für Züge bis zu 400 Meter Länge technisch machbar. Möglicherweise wird dieser Punkt im nächsten Dialogforum noch einmal diskutiert.

Das grundsätzliche Problem ist: Der Bahn selbst sind diesbezüglich die Hände gebunden, sie ist nicht Auftraggeber, sondern Ausführender. Ohne eine entsprechende Bestellung des Bundes oder eines Landes könne die Bahn keine Planungen auslösen oder gar bauen. Für einen Fernverkehrshalt müsste der Bund über das Bundesverkehrsministerium den Auftrag für die Neubaustrecke anpassen. Eine entsprechende Eingabe hierzu wäre auch schon im Zuge der Neubaustrecken-Vorplanung möglich gewesen. In dieser Phase konnten auch über die bisherige Planung der Vorzugsvariante hinausgehende Wünsche abgegeben werden. Auch diese über das gesetzliche Maß hinausgehende Forderungen legt die Bahn über das Eisenbahnbundesamt und das Bundesverkehrsministerium dem Bundestag vor. Wie sich das Parlament entscheidet, ist noch offen.

Sofern es um den Ausbau des Haltepunktes Heidenau für den Nahverkehr geht, müsste dies der Freistaat Sachsen bestellen. Hierzu stehe die Bahn im Austausch mit dem Land und dem VVO. Im kommenden Dialogforum will die Bahn das Thema noch einmal vertiefen und beim Land nachhaken, wie es mit der Bestellung des Nahverkehrs aussieht. Bislang seien Gespräche geführt worden, in denen der Bahn mitgeteilt worden sei, dass kein Bedarf an einem Ausbau in Heidenau bestehe.

So sieht es auch die Stadt Heidenau selbst. Wie das Rathaus auf Nachfrage mitteilt, habe die Stadt im Zuge der Neubaustrecken-Planung verschiedene Aspekte angesprochen und Forderungen gestellt – ein sogenannter Fernverkehrshalt, wie ihn "Pro Bahn" fordert, zähle aber nicht dazu. Demgegenüber habe der Heidenauer Stadtrat per Beschluss gefordert, dass im Bahnhof Heidenau-Nord ein Nahverkehrshalt errichtet wird. Nach Aussage von Bahnverantwortlichen werde dieses Projekt weiter untersucht.