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Ein rastloses Unternehmerleben endet

Dieter Schmees ist genau vier Monate nach seiner Frau Sigrid gestorben. Was er für Pirna geleistet hat und welche bedeutende Auszeichnung er mit ins Grab nimmt.

Von Peter Hilbert
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Sigrid und Dieter Schmees verstanden nicht nur hart zu arbeiten, sondern auch zünftig zu feiern, wie hier beim 80. Geburtstag des Unternehmers 2015. Am 8. Mai starb Sigrid, am 8. September Dieter Schmees.
Sigrid und Dieter Schmees verstanden nicht nur hart zu arbeiten, sondern auch zünftig zu feiern, wie hier beim 80. Geburtstag des Unternehmers 2015. Am 8. Mai starb Sigrid, am 8. September Dieter Schmees. ©  Daniel Förster

Morgens aus dem Bett und die Laufschuhe an. Eine Dreiviertelstunde durchs Graupaer Tännicht joggen – das muss sein. So hat bis vor wenigen Jahren jeder Tag bei Dieter Schmees begonnen. Auch wenn seine Frau Sigrid nicht mehr ganz so mithalten konnte, pumpte sie sich wie Dieter die Lungen voll frischer Morgenluft. Aber eben im Spazierschritt. Das war ein Baustein für die Schmees'sche Vitalität.

Die von Unternehmer Dieter Schmees hatte es in sich. Der Mann konnte ackern, andere motivieren und mitziehen, aber auch ganz zünftig feiern. Er war ein bodenständiger Rheinländer, der es zum richtigen Pirnaer gebracht hatte. Am 8. September ist er im Alter von 89 Jahren gestorben - auf den Tag vier Monate nach seiner Ehefrau Sigrid.

„Ich bin froh, dass jetzt beide wieder im Himmel vereint sind“, sagt Tochter Susanne Schmees-Besgen. Am kommenden Dienstag, dem 17. September, wird Dieter Schmees in seiner Heimatstadt Langenfeld beigesetzt. Am 27. September können sich Freunde, Weggefährten und Mitarbeiter bei einer Trauerfeier an der Barbara-Kapelle vor dem Brauhaus "Zum Gießer" in Pirna-Copitz von ihm verabschieden.

Berufsleben beginnt mit 450 D-Mark

Der gebürtige Langenfelder hat nichts geschenkt bekommen, nach seiner Ausbildung zum Großhandelskaufmann in den 1950er-Jahren hat er ganz klein angefangen. 450 D-Mark stehen am Start seines Berufslebens bei einem Edelstahlhändler auf seinem Lohnzettel. „Ich war voller Tatendrang und habe erst einmal die Firma umorganisiert“, beschrieb er in einem Gespräch mit Sächsische.de einmal die erste Zeit.

Junges Glück: Am 4. August 1956 hatten sich Sigrid und Dieter Schmees das Ja-Wort gegeben. Beide gingen gemeinsam durch dick und dünn, zogen ihre Kinder groß und bauten ihre Firma auf.
Junges Glück: Am 4. August 1956 hatten sich Sigrid und Dieter Schmees das Ja-Wort gegeben. Beide gingen gemeinsam durch dick und dünn, zogen ihre Kinder groß und bauten ihre Firma auf. © privat

1956 heiratete er seine Sigrid. Ein gebrauchtes Schlafzimmer, das ist alles, was die junge Familie hatte. Der Bräutigam lackiert es einen Tag vor der Hochzeit. Als das Paar von der Trauung kommt, war es noch nicht einmal richtig trocken.

Mit Drehbank fängt Unternehmerleben an

Zuerst kommt Sohn Clemens 1957, dann Tochter Susanne 1959 zur Welt. Dieter Schmees bereitet indes seine Unternehmerkarriere vor. Auch die beginnt 1961 unter einfachsten Bedingungen – mit einer Drehbank und seinem Vater als einzigem Angestellten. Ehefrau Sigrid ist immer der gute Geist im Hause, der dem Unternehmer den Rücken freihält, aber auch die vielen kleinen organisatorischen Dinge in der Firma erledigt, ohne die der Laden nicht läuft. 1968 ist Jungunternehmer Schmees schon so weit, dass er einen gebrauchten Schmelzofen kaufen kann. Mit einem ersten Abguss startet das Langenfelder Edelstahlwerk. „Als Kinder haben wir unsere Eltern kaum gesehen, da sie das Unternehmen aufgebaut haben“, erzählt Tochter Susanne.

Die Familie baut das Werk weiter aus, bis auch sie den Glücksfall der deutschen Einheit erleben darf. Dieter Schmees will helfen, kommt dadurch nach Pirna. Anfang der 1990er-Jahre steht hier die Zukunft der Copitzer Gießerei auf Messers Schneide. „Wäre die Familie Schmees nicht gekommen, wäre der Betrieb heute weg vom Fenster“, ist sich Jürgen Plattner sicher, der damals den Betrieb mit den verbliebenen 59 Mitarbeitern leitete.

Nicht einen Pfennig Zuschuss bekommen

Nach zähen Verhandlungen mit der Treuhand, kann die Familie Schmees das marode Unternehmen kaufen. Dieter und Sigrid Schmees bauen es mit Sohn Clemens ohne einen Pfennig Zuschuss zum hochmodernen Edelstahlwerk aus. „Meine Mutter hatte gesagt: Wir machen das, wir lassen die Leute nicht im Stich“, berichtet Susanne Schmees-Besgen.

Bei den Feiern im Copitzer Brauhaus fühlte sich Dieter Schmees wohl, hier beim Fasching 2016 mit dem damaligen Pirnaer Stadtwerkechef Olaf Schwarze.
Bei den Feiern im Copitzer Brauhaus fühlte sich Dieter Schmees wohl, hier beim Fasching 2016 mit dem damaligen Pirnaer Stadtwerkechef Olaf Schwarze. © Peter Hilbert

„Das war für uns ein Glück“, resümiert Ex-Werksleiter Plattner, der mittlerweile im Ruhestand ist. „Die Leute haben es verdient, dass ich für sie kämpfe“, sagte Dieter Schmees einst. „Sie haben einen ganz besonderen Einsatz gezeigt.“

Mit dem Fahrrad vom Rheinland nach Pirna gestrampelt

Die Verbindung zwischen dem rheinländischen Langenfeld und dem sächsischen Pirna zelebriert der fitte Dieter Schmees 1995 auch auf seine ganz eigene Weise. Er schwingt sich unweit des Rheins auf sein altes Fahrrad und strampelte die 676 Kilometer bis an die Elbe in viereinhalb Tagen. In Graupa begrüßen ihn seine Pirnaer Mitarbeiter zum letzten Stück, das sie gemeinsam mit ihm radeln wollen. Obwohl dem Unternehmer die Strapazen der Tour in den Knochen stecken, legt er auf den letzten Kilometern noch einmal so richtig los und braust den Berg an der Copitzer Basteistraße ganz schnell hoch, sodass er selbst viel jüngere Mitradler noch hinter sich lassen kann.

Pirnas Stadtoberhäupter schätzten Dieter Schmees. Hier gratulieren Alt-OB Hans-Peter Bohrig (r.) und OB Klaus-Peter Hanke im Mai 2015 dem Unternehmer zum 80. Geburtstag.
Pirnas Stadtoberhäupter schätzten Dieter Schmees. Hier gratulieren Alt-OB Hans-Peter Bohrig (r.) und OB Klaus-Peter Hanke im Mai 2015 dem Unternehmer zum 80. Geburtstag. © Peter Hilbert

Während sich Sohn Clemens ums Edelstahlwerk kümmerte, verwirklichte der Seniorchef mit Frau Sigrid eine Idee nach der anderen. Bei der ersten hatten ihn eigentlich alle für verrückt erklärt. Als 1998 die Pirnaer Gastronomie am Boden lag, baute er die alte Betriebskantine zum Brauhaus um. „Schmelzen und Brauen sind genauso artverwandt wie Gießen und Trinken“, sagte der Rheinländer, in dessen Heimat es zahlreiche Hausbrauereien gibt. Gegen alle Widerstände eröffnet er das Brauhaus. Es wird zum Erfolg. Tochter Susanne ist von Anfang an dabei und führt seit vielen Jahren die Geschäfte.

Altbischof begeistert vom Schmees'schen Ideenreichtum

Es folgen eine Destille im Kurort Rathen und die Barbara-Kapelle direkt vorm Brauhaus. Letztere dürfte auch dazu beigetragen haben, dass hochrangige Geistliche wie Altbischof Joachim Reinelt begeistert sind vom Schmees'schen Ideenreichtum.

Nach seinem 80. Geburtstag 2015 macht sich das Alter bemerkbar. Wie seine Frau Sigrid, hat er mit Krankheiten zu kämpfen. Trotz aller Einschränkungen blieben ihm und seiner Frau das Edelstahlwerk und das Brauhaus sehr wichtig.

Das ist eines der letzten Bilder von Dieter Schmees (l.) im Gespräch mit Altbischof Joachim Reinelt bei der Trauerfeier für seine Frau Sigrid am 20. Juni an der Barbara-Kapelle am Copitzer Brauhaus. Dort findet am 27. September, 11 Uhr, auch die Trauerfei
Das ist eines der letzten Bilder von Dieter Schmees (l.) im Gespräch mit Altbischof Joachim Reinelt bei der Trauerfeier für seine Frau Sigrid am 20. Juni an der Barbara-Kapelle am Copitzer Brauhaus. Dort findet am 27. September, 11 Uhr, auch die Trauerfei © Daniel Förster

„Wir sind sehr dankbar, solche tollen Eltern gehabt zu haben“, sagt Susanne Schmees-Besgen. „Auch über den Tod hinaus lieben und wertschätzen wir sie.“ Von Klein auf hätten Sigrid und Dieter Schmees ihren Kindern alles gegeben, was sie für ein wertvolles Leben mit Familie und Freunden brauchen. „Dafür werden wir ihnen für immer dankbar bleiben“, sagt die Tochter.

2006 hat Dieter Schmees für seine Leistungen als Unternehmer und sein soziales Engagement das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse erhalten. „Das werden wir ihm auf den Sarg legen, sodass es mit ihm in Würde und Frieden ruhen kann.“