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OB-Wahl in Pirna: Der geheimnisvolle sechste Kandidat

Auch Marcel Schiffner bewirbt sich um das Amt des Rathauschefs. Ausschlaggebend waren für den Einzelbewerber vor allem zwei Themen.

Von Thomas Möckel
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OB-Kandidat Marcel Schiffner: "Den Industriepark Oberelbe lehne ich strikt ab."
OB-Kandidat Marcel Schiffner: "Den Industriepark Oberelbe lehne ich strikt ab." © Daniel Förster

Gleich in der ersten Woche nach den Sommerferien hatte das Unternehmernetzwerk „Stark4Sachsen“ zu einem ersten Forum mit den Pirnaer Oberbürgermeister-Kandidaten in die Kleinkunstbühne Q24 eingeladen. Die Pirnaer wählen am 26. November ein neues Stadtoberhaupt, die Amtszeit des derzeitigen Rathauschefs Klaus-Peter Hanke (parteilos) endet im Februar 2024, er tritt nicht noch einmal an.

Das Format im Q24 war organisatorisch und inhaltlich umstritten, gleichwohl war das Podium wie gewünscht besetzt. Auf der Bühne hatten Platz genommen: Kathrin Dollinger-Knuth (CDU), Ralf Thiele (Freie Wähler), André Liebscher (Einzelkandidat), Ralf Wätzig (SPD) sowie Tim Lochner (für die AfD). Diese fünf – so war damals die offizielle Zahl – bewerben sich um den Chefposten im Rathaus, sie waren bereits von ihren Parteien und Wählervereinigungen nominiert worden oder hatten selbst öffentlich verkündet, dass sie antreten.

Bereits im Vorfeld des Forums wurde kolportiert, es gebe möglicherweise einen weiteren, sechsten Kandidaten, der laut der Organisatoren auch eingeladen worden sei, aber aus dienstlichen Gründen nicht teilnehmen könne. Öffentlich in Erscheinung getreten war bis dahin allerdings kein weiterer potenzieller Anwärter für den Posten des Rathauschefs. Viele rätselten daraufhin, wer der geheimnisvolle Bewerber wohl sein mag, mehrere Namen kursierten. Inzwischen steht fest: Es gibt ihn tatsächlich.

Kommunalpolitisch kaum erfahren

Nun bewirbt sich auch Marcel Schiffner um das Amt als Stadtoberhaupt, in der Öffentlichkeit noch weitgehend unbekannt, er ist auch erst seit kurzer Zeit im Wahlkampfmodus. Schiffner ist 45 Jahre alt, von Beruf Polizeibeamter, er arbeitet auf dem Revier in Pirna. Er trete, so sagt er, als Einzelkandidat an, einen parteipolitischen Hintergrund habe er nicht, er stelle sich weder für eine Partei noch für eine Wählervereinigung zur Wahl. „Ich agiere unabhängig“, sagt er.

Bislang hat er sich noch nie um ein Mandat beworben, auch kommunalpolitisch ist er bisher noch nie in Erscheinung getreten, er übe auch kein Ehrenamt aus. Er sei zwar Mitglied in mehreren Vereinen, aber auch dort ohne Funktion. Doch jetzt will er es einmal probieren, sich um ein öffentliches Amt zu bewerben. Entschlossen hat er sich dazu schon vor geraumer Zeit, und nun soll es gleich die Oberbürgermeisterwahl werden.

Den Entschluss, ebenfalls ins Rennen zu gehen, traf er bereits im vergangenen Jahr, weil da aus seiner Sicht zwei Themen aufeinanderprallten, sie so gar nicht zueinander passen wollten – und Schiffner beschloss, dass sich daran etwas ändern müsse.

Weniger IPO, mehr Mülleimer

Bereits im Frühjahr 2021 hatte Pirna 133 der 285 im öffentlichen Raum aufgestellten Mülleimer und Papierkörbe abbauen lassen, um angesichts der wegen der Corona-Pandemie angespannten Finanzsituation Geld für die Entleerung zu sparen – nachdem der Stadtrat zuvor fast alle vom Rathaus vorgeschlagenen Steuer- und Gebührenerhöhungen abgelehnt hatte. Unterdessen, so auch 2022, liefen die Planungen für den geplanten Industriepark Oberelbe (IPO) am Pirnaer Autobahnzubringer weiter.

Inhaltlich liegen diese Themen auseinander, doch Marcel Schiffner empfand es als ungerecht, dass für das eine kein Geld da war, für das andere schon. Generell lehnt er den IPO strikt ab, das unterscheidet ihn von seinen Mitbewerbern. Die anderen fünf Kandidaten hatten bei dem Forum unisono erklärt, sie befürworten den IPO. Schiffner hingegen hält es für wenig sinnvoll, Geld in dieses Projekt hineinzupumpen. Zum einen sei bislang nicht nachgewiesen, dass auch tatsächlich Bedarf an zusätzlichen Gewerbeflächen bestehe, zudem sei fraglich, woher die Arbeitskräfte für die dort entstehenden Betriebe herkommen sollen.

Darüber hinaus sind ihm die Themen Sicherheit und Ordnung wichtig, daher plädiert er dafür, dass es wieder mehr Abfallbehälter in der Stadt geben sollte – und auch mehr öffentliche Toiletten, an denen es bisher mangele. Auch will er sich dafür einsetzen, dass die Regelungen und vor allem die in der Grünanlagensatzung normierten Verbote – beispielsweise das Alkoholverbot auf öffentlichen Spielplätzen – stärker kontrolliert werden.

Auf vielen Spielplätzen und Grünflächen, sagt Schiffner, sehe es gelinde gesagt aus wie Sau, viele dieser Bereiche seien daher für die Menschen nicht mehr richtig erlebbar. Verstöße gegen die Regeln müsste die Stadt aus seiner Sicht schneller und stärker sanktionieren.

Weitgehend analoger Wahlkampf

Seinen Wahlkampf bestreitet Schiffner nahezu ausschließlich analog, im Internet ist er kaum unterwegs, in sozialen Netzwerken wie Facebook oder Instagram ist er nicht angemeldet. „Da fehlt mir in der Tat ein wenig Reichweite“, sagt der 45-Jährige. Ein wenig ausgleichen will er das Defizit mit Handzetteln, in den zurückliegenden Tagen hat er schon eine Menge Flyer verteilt. Helfer hat er dabei keine, er geht zu Fuß durch die Straßenzüge und wirft die Wahlreklame persönlich in die Briefkästen.

Um als Kandidat zugelassen zu werden, benötigt er auch Unterstützer-Unterschriften, die im Rathaus zu leisten sind. Bis zum 21. September hat er noch Zeit, ausreichend Signets zusammenzubekommen, dann tagt der Gemeindewahlausschuss und legt verbindlich fest, wer dann tatsächlich zur Wahl antreten darf. 100 Unterschriften braucht der 45-Jährige, wie viele er bisher zusammen hat, weiß er nicht, er will sich am Finaltag überraschen lassen. „Aber wenn ich die erforderlichen Unterschriften zusammenbekomme“, sagt Schiffner, „dann steige ich noch aktiver in den Wahlkampf ein.“