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OB-Wahl in Pirna: CDU-Wahlkampfauftakt zwischen Bürgernähe und Provokation

Kandidatin Kathrin Dollinger-Knuth lädt als Unterstützer Michael Kretschmer ein. Rechtsextreme stören das Grillfest, doch der große Konflikt bleibt aus.

Von Thomas Möckel
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Michael Kretschmer (M.), Kathrin Dollinger-Knuth (r.): Viele gute Gespräche mit Bürgern geführt.
Michael Kretschmer (M.), Kathrin Dollinger-Knuth (r.): Viele gute Gespräche mit Bürgern geführt. © Norbert Millauer

Der Abend lief dann doch etwas anders, als er geplant war. Ursprünglich war vorgesehen, dass man einander auf dem Pirnaer Markt herzlich begrüßt, gute Gespräche sollte es geben, möglichst viele Themen wollte man mit Einwohnern erörtern, ganz bürgernah, ohne große Distanz, dazu ein Grillwürstchen im Brötchen. Ein prominenter Gast sollte auch selbst ein paar Roster brutzeln, doch das Vorhaben ging nur teilweise auf. „Eigentlich hatte ich mir alles etwas anders vorgestellt“, sagt die Organisatorin.

Die Organisatorin ist Kathrin Dollinger-Knuth, CDU-Kandidatin für die Oberbürgermeisterwahl am 26. November in Pirna. Am Mittwochabend startete sie mit einem Grillfest auf dem Pirnaer Markt in den Wahlkampf, als Unterstützer hatte sie Sachsens Ministerpräsidenten Michael Kretschmer (CDU) eingeladen. Doch schon Tage vor der Veranstaltung wurde publik, dass es Gegenprotest geben wird, unter anderem hatte die rechtsextreme Kleinstpartei „Freie Sachsen“ eine Demonstration angemeldet. Dazu die Heidenauer Wellenlänge und der Dresdner "Querdenker"-Aktivist Marcus Fuchs. Ihr Ziel: das Grillfest stören, ihr Gebrüll richtete sich vornehmlich gegen den sächsischen Regierungschef.

Kathrin Dollinger-Knuth musste etwas umplanen, Gespräche mit der Polizei führen. Sie befürchtete, die Gegendemos könnten einige Pirnaer von einem Besuch auf ihrem Grillfest abschrecken, sie fürchtet aber auch um den Ruf der Stadt, der möglicherweise leidet. „Keinesfalls“, sagt sie, „wollten wir solche Bilder produzieren, die dann zu sehen waren.“

Vom Getöse wenig beeindruckt

Die Bilder lieferten kurz nach 18 Uhr die rechtsextremen Gegendemonstranten, die mit Trommeln und Trillerpfeifen über Badergasse und Untermarkt vor das Canalettohaus marschierten – wo sie in Sicht- und Hörweite der Grillfestteilnehmer standen, getrennt durch Absperrgitter und eine Polizeikette. Immer wieder skandierte die Menge Rufe wie „Kretschmer muss weg“. Schätzungsweise 200 Gegendemonstranten war vor Ort. Um die Versammlungen abzusichern, waren knapp 200 Polizeibeamte im Einsatz, die Polizeidirektion Dresden wurde dabei von der Bereitschaftspolizei Sachsen unterstützt. Nach Auskunft der Polizei sei die Versammlungslage friedlich gewesen, die Beamten hätten keine Straftaten registriert.

Kathrin Dollinger-Knuth und Michael Kretschmer ließen sich von dem Getöse allerdings wenig beeindrucken. Vor allem der sächsische Regierungschef blieb gelassen und tauchte gleich zu Beginn in die Menschenmenge ab, die zum Grillfest gekommen war. Reichlich anderthalb Stunden war er dicht umringt, diskutierte, beantwortete Fragen, ließ sich mit Gästen fotografieren.

Gleich zu Beginn sprach Kretschmer mit einigen Menschen, die befürchten, der entlang des Pirnaer Autobahnzubringers geplante Industriepark Oberelbe (IPO) verschlinge zu viel Geld, zerstöre wertvolle Kulturlandschaft und schmälere das Ansehen und den Wert des Barockgartens Großsedlitz, der unweit des Gewerbeparks liegt. Der Regierungschef hörte sich Argumente an, gab aber zu bedenken, dass die Autobahn 17 die einzige Autobahn in Sachsen sei, an der es bislang kein Industriegebiet gebe. Ein solches sei aber in der Region Pirna sehr wichtig, es müsse allerdings verträglich für Mensch und Umwelt sein. „Wie ich das sehe, könnte der IPO in dieser Hinsicht funktionieren“, sagte Kretschmer. Dabei sagte er der Bürgerinitiative „IPO stoppen“ zu, einmal nach Großsedlitz zu kommen, um die gesamte Thematik zu besprechen.

Gegenprotest der rechtsextremen "Freien Sachsen" in Pirna: Mehrfach "Kretschmer muss weg" skandiert.
Gegenprotest der rechtsextremen "Freien Sachsen" in Pirna: Mehrfach "Kretschmer muss weg" skandiert. © Norbert Millauer

"Pirna hat noch viel Potenzial"

Angesichts des fast über das ganze Grillfest anhaltenden lärmenden Protests fragte Kretschmer, warum man denn immer so schreien müsse. „Ich bin hier und rede mit ihnen“, sagte er zu Umstehenden, aber wollen Sie so miteinander brüllen?" Er sei nach Pirna gekommen, um eine kluge Frau zu unterstützen, die sich sehr für Pirna engagiere. Die Grundhaltung der CDU sei grundsätzlich jene, vernünftig miteinander zu reden und einander zuzuhören. Sie sei eine Partei, so der Ministerpräsident, die den Menschen Angebote unterbreite.

Heute erlebe er auch anderen Menschen. „Ist das ein Klima für die gesellschaftliche Entwicklung in Pirna? Ich denke nicht“, sagte er angesichts der Gegendemonstranten. Er wünsche der Kandidatin auf alle Fälle viel Erfolg und appellierte an die Menschen, dabei zu helfen, dass Pirna eine so tolle Stadt bleibe. Pirna habe noch so viel Potenzial, was es gemeinsam zu heben gelte.

Kathrin Dollinger-Knuth wertete den Abend letztendlich auch als Erfolg, auch wenn das in einigen Teilen nicht das Pirna war, was man habe sehen und hören wollen und solche Aufläufe wie die Gegendemonstration kein positives Aushängeschild für die Stadt seien. „Ich möchte mich auf alle Fälle dafür einsetzen, dass Pirna eine lebens- und liebenswerte Stadt bleibt“, sagte sie. Kretschmer versprach indes, noch einmal wiederzukommen. „Ich liebe Pirna“, sagte er zu den Umstehenden zur bevorstehenden OB-Wahl, „lasst uns hier gemeinsam etwas auf die Beine stellen.“