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23 Jahre Ortschef in Birkwitz-Pratzschwitz: "Ich wollte etwas im Ort bewegen"

Als Dieter Fuchs ins Amt kam, war noch das Elb-Hochwasser größte Herausforderung. Jetzt tritt er nicht mehr an - ganz aufhören möchte er allerdings nicht.

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Dieter Fuchs gibt sein Amt als Ortsvorsteher von Birkwitz-Pratzschwitz nach 23 Jahren ab.
Dieter Fuchs gibt sein Amt als Ortsvorsteher von Birkwitz-Pratzschwitz nach 23 Jahren ab. © Daniel Schäfer

Zu wenig Engagement kann niemand Dieter Fuchs vorwerfen. Seit 2001 ist er Ortsvorsteher in Birkwitz-Pratzschwitz, er selber wohnt seit 1994 in dieser Ortschaft, wo er ein Haus besitzt. Doch in diesem Juni tritt er zur Wahl des Ortsvorstehers nicht wieder an. Dafür hat er gute Gründe. Mit Sächsische.de schaut er zurück und nach vorne.

Herr Fuchs, 23 Jahre haben Sie die Geschicke von Birkwitz-Pratzschwitz maßgeblich mitbestimmt. Worauf sind Sie besonders stolz?

Ich denke, wir konnten in der Zeit viel erreichen. Schön ist, dass wir jetzt einen modernen Kindergarten haben. Der frühere wurde zu einem Gesellschaftszentrum ausgebaut mit einem großen Saal, der für zahlreiche kulturelle, sportliche und private Veranstaltungen genutzt wird. Ein Meilenstein war aber auch die Errichtung des Fuß-/Radweges zwischen Copitz und Pratzschwitz an der Pratzschwitzer Straße. Die neue Trasse ist wichtig, denn die Strecke ist auch Schulweg. Dafür haben wir lange gekämpft. Aber auch die Sportanlagen in Birkwitz wurden während meiner Amtszeit aufgewertet, beispielsweise haben wir einen neuen Kunstrasenplatz z.B. für das Fußballtraining der Kinder und Jugendlichen.

Auch der Dorfplatz von Pratzschwitz wurde erneuert ...

Stimmt, das war im Zuge der Hochwasserschadensanierung von 2002. Der Platz wurde neu gepflastert. Wir haben eine Orientierungstafel aufgestellt sowie eine Luthereiche gepflanzt. Um die alte Eiche wurde eine Rundbank aufgestellt. So hat sich der Dorfplatz für die Anwohner zu einem schönen Treffpunkt mit viel Flair entwickelt. 2016 wurden alle Rad- und Wanderwege gekennzeichnet. Besonders beliebt ist der Wesenitzwanderweg mit dem Eisvogel-Symbol sowie zwei neue Spielplätze.

Ihr generelles Fazit?

Es ist wirklich viel passiert in den vergangenen Jahren, sodass unser Doppelort noch lebens- und liebenswerter geworden ist.

Was waren Ihre größten Herausforderungen?

Da muss ich gar nicht lange überlegen. Meine Feuertaufe war das Hochwasser von 2002. 80 Prozent von Pratzschwitz war überflutet. Der Schaden belief sich geschätzt auf circa elf Millionen Euro. Bei mir selber stand das Wasser im Wohnzimmer über einen Meter hoch. Als Ortsvorsteher hatte ich damals für die Beräumung der Spermüllberge zu sorgen. Die betroffenen Anwohner stellten ihre Gegenstände an die Straße. Mithilfe der Feuerwehr und vielen Freiwilligen konnte das Dorf innerhalb von einer Woche beräumt werden. In dieser Krisensituation zeigte sich, ebenso dann später bei dem Hochwasser von 2013, wie gut alle zusammenhalten. Das hat sich bis heute nicht geändert.

Wichtiges Thema während Ihrer Amtszeit war auch immer der Kiesabbau ...

Ja, aber auch da haben wir viel erreicht. Die Wasserentnahme aus dem Badesee in Birkwitz wurde gestoppt. Der See drohte zu verlanden. Außerdem ging es auch immer um die Frage, wie weiter mit dem geplanten Kiesabbau in Söbrigen. Wir konnten durchsetzen, dass dieser Kies künftig nicht auf der Straße von Söbrigen zum Kieswerk nach Pratzschwitz transportiert wird. Gebaut werden soll jetzt eine Extra-Förderbandtrasse. Mittlerweile hat das Dorf ein gutes Verhältnis zu dem Unternehmen Kieswerke Borsberg GmbH. Die Gesellschaft ist auch Mitglied im Förderverein Birkwitz-Pratzschwitz.

Aber nicht alles konnten Sie erreichen. Ich erinnere an mehrere Vor-Ort-Termine in Birkwitz an der Pratzschwitzer Straße.

Korrekt. Die Straße ist dringend sanierungsbedürftig. Bei Regen kann das Wasser nicht ablaufen und gleicht dann einer Seesandlandschaft. Auch der Gehweg ist nicht durchgängig. Von den Behörden werden wir immer wieder vertröstet. Aber ebenso die fehlende Beleuchtung an dem Fuß-/Radweg zwischen Birkwitz und Pratzschwitz bewegt uns nach wie vor. Ein Problem ist auch die mangelhafte Anbindung von Birkwitz-Pratzschwitz an den ÖPNV. Tagsüber fährt der Bus regelmäßig, aber in den Abend- beziehungsweise Nachtstunden dann nicht mehr. Zu diesen Zeiten sind wir abgeschnitten. Auch gibt es nur eine Bushaltestelle, die barrierefrei ist, nämlich am Kindergarten in Birkwitz. Hier muss unbedingt zeitnah nachgebessert werden. Das liegt in den Händen der Stadt Pirna.

Das alles klingt nach viel Arbeit. Warum haben Sie die Mühen auf sich genommen?

Mir ging es immer darum, etwas im Ort zu bewegen. Ich wollte mich einbringen. Natürlich kann man das alles nicht alleine machen. Ich hatte immer viel Unterstützung und Hilfe von den Einwohnern und den Vereinen sowie Organisationen, u.a. der Feuerwehr, dem Sportverein und dem Pratzschwitzer Reitverein. Leider wird im März die Ortsgruppe der Volkssolidarität aus Altersgründen des Vorstandes aufgelöst. Das ist schade.

Fällt es Ihnen schwer, das Amt nach solch langer Zeit abzugeben?

Na ja, ich werde jetzt 75 Jahre. Es ist auch eine Anstrengung, die ich nicht mehr so einfach bewältigen kann. Ich denke, es ist an der Zeit, dass ich jetzt abtrete.

Worauf freuen Sie sich?

Ich werde meine Rentenzeit genießen und kann jetzt noch mehr Reisen machen und noch mehr von der Welt sehen. Jeder im Dorf weiß, dass meine Lebenspartnerin und ich gerne verreisen. Dafür haben wir jetzt noch mehr Zeit. Wir sind auch gerne mit dem Wohnwagen unterwegs.

Gibt es schon einen möglichen Nachfolger für Sie als Ortsvorsteher?

Ja, wir haben jemanden in Sicht und ich arbeite ihn auch schon in das Amt ein. Einen Namen möchte ich aber nicht nennen, denn er muss zunächst im Juni gewählt werden. Die Amtsübergabe erfolgt dann im August.

Ist es dann für Sie der endgültige Schlussstrich oder werden Sie sich auch weiterhin für Birkwitz-Pratzschwitz einsetzen?

Selbstverständlich bleibe ich dem Ort treu und im Vorstand des Fördervereins Birkwitz-Pratzschwitz. Ich will mich weiterhin engagieren. Denn, wie bereits angesprochen, wir haben noch einiges zu erledigen. Unter anderem wollen wir den Rundweg um den Kiessee mit einem Naturlehrpfad als Lückenschluss aufwerten. Außerdem haben wir noch immer keine Hochwasserschutzkonzeption.

Das Gespräch führte Mareike Huisinga.