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Baustelle in der Gottleuba: Anwohner klagen über Lärm

Die Landestalsperrenverwaltung lässt in Pirna ein altes Wehr entfernen, das ist zuweilen laut. Das Projekt soll nun aber früher fertig sein als geplant.

Von Thomas Möckel
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Baustelle in der Gottleuba in Pirna: Ein altes Wehr wird abgebrochen, die Arbeiten sind zeitweise sehr lärmintensiv.
Baustelle in der Gottleuba in Pirna: Ein altes Wehr wird abgebrochen, die Arbeiten sind zeitweise sehr lärmintensiv. © Daniel Förster

Petra Linder sah sich in den zurückliegenden Wochen gleich mit zwei gravierenden Problemen konfrontiert. Vor vier Jahren war sie in das alte Landratsamt in Pirna an der Zehistaer Straße gezogen, weil ihr die idyllische, parkähnliche Wohnanlage so gefiel. Sämtliche Fenster und Terrassen der Gartengeschosswohnungen, wie sie eine bewohnt, zeigen nach Osten, hin zum Flüsschen Gottleuba, was sich hinter dem Grundstück entlangschlängelt. Da draußen hat sie sich auch ein kleines Gartenparadies geschaffen. Doch seit einigen Wochen ist die Idylle dahin.

Seit Juni wird in der Gottleuba gebaut, die Baustelle liegt etwa 30 Meter von der Wohnung entfernt: Das Problem: Dort geht es zuweilen ziemlich laut zu. „Die Lärmbelästigung ist zeitweise unerträglich“, klagt Petra Lindner. Bei jedem heftigen Geräusch, was beispielsweise Steine auf der Metallladefläche der Lkws verursachen oder auch die Baggerschaufel, wenn sie auf Stein trifft, so schildert sie, falle man jedes Mal beinahe vom Stuhl. Es sei auch kein kurzzeitiges Geräusch, der Lärmpegel sei den ganzen Tag über wahrnehmbar. Und weil alle ihre Räume nach Osten zeigen, könne sie nicht auf die ruhigere Westseite ausweichen.

Erschwerend kam aus ihrer Sicht hinzu: Bislang hatte Petra Lindner darauf vertraut, dass die Arbeiten im August fertig werden. Nun aber habe sie gehört, dass sich die Baustelle noch länger hinziehe. Und zu ihrem Leidwesen kam kürzlich eine weitere Störquelle hinzu. Die Stadt Pirna will auf der ehemaligen Bahntrasse ins Gottleubatal, die unmittelbar hinter dem alten Landratsamt entlangführt, einen Radweg bauen. Die Arbeiten begannen am 15. Juli, Fachleute schnitten bereits Büsche und Grünzeug zurück – auch unmittelbar hinter Petra Lindners Wohnung, auch das war laut. „Wir Anwohner“, sagt sie, „sind mit den Nerven am Ende.“ Doch Linderung ist in Sicht – früher als geplant.

Wehr der Stadtschreibermühle wird abgebrochen

Ursprung der zeitweisen lärmintensiven Arbeiten ist eine Baustelle in der Gottleuba. Die Landestalsperrenverwaltung (LTV) baut dort auf einem etwa 160 Meter langen Abschnitt, der von der Brücke Zehistaer Straße bis kurz unterhalb der Brücke Mühlenstraße reicht. Fachleute brechen dort im Auftrag der LTV das rund 1,40 Meter hohe Wehr der ehemaligen Stadtschreibermühle ab und verschließen den alten Mühlgrabeneinlauf.

Durch den Wehrabbruch sei es laut der LTV erforderlich, den Höhenunterschied in der Gewässersohle auszugleichen, indem die Sohle neu gestaltet wird. Diese werde wegen des neuen, stärkeren Gefälles gegen Ausspülungen gesichert. Unterhalb der Brücke Mühlenstraße werde zudem eine dauerhafte Gewässerzufahrt errichtet, um die regelmäßig erforderlichen Unterhaltungsarbeiten – beispielsweise Grasmahd oder das Entfernen von Anlandungen – zu erleichtern.

Mit den Arbeiten setzt die LTV Vorgaben der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie um, aus der sich ein Arbeitsprogramm des Freistaates Sachsen ableitet. Durch den Rückbau der nicht mehr benötigen Wehranlage werde laut der LTV die Fließgewässerdurchgängigkeit für Fische und andere Wasserlebewesen wiederhergestellt. Eine neu angelegte Niedrigwasserrinne stellt überdies sicher, dass auch bei einem sehr geringen Flusspegel eine für Lebewesen erforderliche Mindestwasserhöhe vorhanden ist. Durch die abgesenkte Gewässersohle erhöhte sich auch das Durchflussvermögen, sodass die Gottleuba künftig bei einem Hochwasser, was statistisch einmal aller 50 Jahre auftritt, an dieser Stelle nicht über die Ufer tritt. Dies Bauarbeiten kosten rund 570.000 Euro, finanziert aus dem Sofortprogramm „START 2020“ des Landes.

Große Steine zu zeitig abgekippt

Im Regelfall, so die LTV, werde auf der Baustelle von montags bis freitags von 6 bis etwa 16.30 gearbeitet, an den Wochenenden hingegen nicht. Um die Arbeiten zu bewerkstelligen, ist ein Bagger im Einsatz. Mehrmals täglich werden großformatige Wasserbausteine angeliefert und abgekippt. Dieses Abkippen, so die LTV, verursache – wenn auch nur kurzzeitig – einen relativ hohen Geräuschpegel. Weitere lärmintensive Arbeiten, die über den üblichen Baustellenlärm hinausgehen, würden nicht ausgeführt.

Gleichwohl hätten sich einzelne Anwohner bei der Behörde über den Lärm beschwert. Maßgebliche Ursache für die aus Sicht der LTV berechtigte Kritik sei, dass Wasserbausteine vereinzelt bereits kurz nach 6 Uhr am Morgen geliefert und abgekippt wurden. Die Ursache: Aufgrund der parallel begonnenen Arbeiten der Stadt Pirna für den Bau des Radweges entlang der alten Bahntrasse in diesem Bereich sei die Zufahrt zur LTV-Baustelle zeitweise eingeschränkt gewesen. Somit konnten die Steine nicht schon am Vortag abgeladen werden.

Um die Baustelle aber weiterhin kontinuierlich mit Wasserbausteinen zu beliefern, seien diese in Ausnahmefällen bereits kurz nach 6 Uhr abgekippt worden. Die LTV habe dieses Prozedere bereits mit der Baufirma ausgewertet und angeordnet, dass diese besonders lärmintensiven Arbeiten grundsätzlich nicht vor 7 Uhr beginnen dürfen.

Arbeiten sind früher fertig als geplant

Die LTV hat mit allen Grundstückseigentümern, deren Grundstücke während der Bauzeit oder dauerhaft von dem Vorhaben in der Gottleuba betroffen sind, sogenannte Gestattungsverträge abgeschlossen. Dort sei nach Aussage der Behörde eine Bauzeit bis Ende Dezember 2024 vereinbart worden. Das Projekt der LTV laufe in Abstimmung mit der Stadt Pirna, um gegenseitige Behinderungen mit dem inzwischen gestarteten Radweg-Bau zu vermeiden.

Derzeit sehe es laut der LTV so aus, als könne die ursprünglich geplante Bauzeit erheblich verkürzt werden. Grund dafür seien die für den Wasserbau günstigen Witterungsverhältnisse und Wasserstände in der Gottleuba. Entsprechend dem aktuellen Baufortschritt und der Wettervorhersagen habe der avisierte vorfristige Fertigstellungstermin Ende August 2024 für die Hauptbauarbeiten im Gewässer weiter Bestand. Anschließend seien möglicherweise noch einige unerhebliche Restarbeiten erforderlich, um die Zufahrt zur Gottleuba fertigzustellen.