Partner im RedaktionsNetzwerk Deutschland
SZ + Niesky

Wo im Kreis Görlitz Messer am häufigsten gezückt werden

Nach dem Attentat in Solingen diskutiert Deutschland über das Waffenrecht. In Görlitz gab es dieses Jahr auch einen Messertoten. Wie die Polizei die Lage an der Neiße einschätzt.

Von Steffen Gerhardt & Fionn Klose
 4 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Ein Bundespolizist zeigt ein sichergestelltes Springmesser. Die Zahl der Delikte mit verbotenen Messern ist in jüngster Zeit im Kreis Görlitz gestiegen.
Ein Bundespolizist zeigt ein sichergestelltes Springmesser. Die Zahl der Delikte mit verbotenen Messern ist in jüngster Zeit im Kreis Görlitz gestiegen. © Symbolfoto: dpa

Erst am Montag dieser Woche stellten Bundespolizisten bei einer Kontrolle auf der Stadtbrücke in Görlitz einen Ukrainer. Der 43-Jährige wollte mit Pfefferspray und einem Einhandmesser nach Deutschland. Beides wurde eingezogen und zur Anzeige gebracht.

Das ist kein Einzelfall. Die Aufgriffe von Personen mit verbotenen Messern und das Anwenden von Stichwaffen häufen sich. Das bestätigen Bundes- und Landespolizei gleichermaßen. Nicht nur das Messerattentat in Solingen, bei dem am 23. August drei Menschen getötet und acht teils schwer verletzt wurden, sorgt im Kreis Görlitz für Entsetzen. Auch der Tod eines jungen Mannes (28) am 15. April durch Messerstiche in der Görlitzer Südstadt beunruhigt die Bürger.

Seit dem Attentat in Solingen wird über eine Verschärfung des Waffenrechts diskutiert. So sollen das Mitführen von Springmessern eingeschränkt und Messerverbote ausgeweitet werden. Wie sieht es in Bezug auf Messerdelikte im Kreis Görlitz aus? Kommt es auch hier zu Straftaten mit Messern? Die SZ analysiert die Lage.

Wie viele Messerdelikte hat die Polizei festgestellt?

Im vergangenen Jahr hat die Polizei im Kreis Görlitz insgesamt 147 Delikte registriert, bei denen Messer eine Rolle spielten. In diesem Jahr zeichnet sich eine leicht rückgängige Zahl von Fällen aus, so die Einschätzung der Polizeidirektion in Görlitz. Zwar steigt die Zahl bei den Bedrohungen, aber in den anderen Bereichen rechnet die Polizei mit gleichbleibenden oder sinkenden Fallzahlen. Im Vergleich zu den Vorjahren hat sich 2023 die Zahl der Delikte, in denen Messer im Spiel waren, weiter erhöht. 2022 gab es 130 aufgenommene Fälle, das Jahr zuvor 88.

Gibt es Schwerpunktgebiete?

Hier kristallisiert sich die Stadt Görlitz als Schwerpunkt heraus. Im vergangenen Jahr gab es 64 Delikte mit Messern. Es folgen Zittau mit 21 und Weißwasser mit zwölf Vorfällen. In den anderen Städten und Gemeinden im Kreis Görlitz blieben 2023 die Fallzahlen laut Polizei im einstelligen Bereich. Die hohe Fallzahl für die Neißestadt Görlitz ist damit zu erklären, dass Görlitz eine Grenzstadt mit zwei Übergängen nach Polen ist. Damit sind nicht nur mehr Grenzgänger unterwegs, sondern es wird auch mehr kontrolliert - und festgestellt.

Zum Vergleich sind im Landkreis Bautzen vergangenes Jahr 106 Straftaten mit Messern von der Polizei registriert worden. Die Stadt Bautzen schlägt mit 35 Fällen zu Buche, gefolgt von Hoyerswerda mit 26 Delikten.

Welche Taten werden mit Messern begangen?

Delikte mit Messern waren im vergangenen Jahr hauptsächlich die Bedrohung (39 Fälle), Verstöße gegen das Waffengesetz wie unerlaubtes Besitzen und Mitführen (34 Fälle), die gefährliche Körperverletzung (31 Fälle) und der Ladendiebstahl (13 Fälle). Wobei bei letzterem Delikt der Täter in der Regel ein Messer mit sich führte, ohne es jedoch einzusetzen. Messer in allen Formen wie Springmesser, Klappmesser, Messer mit feststehender Klinge sind die meist festgestellten Tatmittel. In vereinzelten Fällen wurden aber auch ein Dolch oder vergleichbares Stichwerkzeug als Tatwerkzeug festgestellt.

Wie schätzt die Polizei die Lage im Kreis Görlitz?

Delikte mit Messern spielen im Kreis Görlitz im Verhältnis zu den Fallzahlen der Gesamtkriminalität keine herausragende Rolle. Gleichwohl handelt es sich bei den "Messerangriffen" um ein Phänomen, das besondere Aufmerksamkeit und Sensibilität in der täglichen polizeilichen Arbeit erfordert. Angriffe mit Messern können sehr schnell und ohne Vorwarnung ausgeführt werden und zu schweren bis lebensbedrohlichen Verletzungen führen. Das findet laut Polizei auch bei Personenkontrollen regelmäßig Berücksichtigung. Aufgrund der verhältnismäßig geringen Anzahl an Delikten mit Messern im Kreis Görlitz sieht die Polizei keine Notwendigkeit von "Verbotszonen".

Welchen Nationen gehören die Täter an?

Bei den Tätern handelt es sich überwiegend um deutsche Staatsangehörige. Sie machen fast zwei Drittel, also 64 Prozent, aus. Einen nennenswerten Anteil haben außerdem die polnischen Staatsangehörigen. Sie stellen rund 18 Prozent aller Tatverdächtigen. Die aufgegriffenen Täter sind überwiegend im Erwachsenenalter (77 Prozent). Heranwachsende und Jugendliche hatten im vergangenen Jahr einen Anteil von jeweils elf Prozent.

Was ist im Umgang mit Messern verboten?

Das Waffengesetz verbietet den Umgang mit bestimmten Waffen, wie auch ihren Erwerb, Besitz und das Mitführen. Springmesser, Fallmesser, Faustmesser und Butterflymesser gehören dazu. Verboten ist auch das Führen von Einhandmessern, die man nur mit einer Hand öffnen kann und mit feststehender Klinge von über zwölf Zentimetern Länge. Sie dürfen nicht in der Öffentlichkeit mitgeführt werden. Es sei denn, sie werden zum Angeln oder Pilze sammeln verwendet. Wer damit erwischt wird, kann bis zu drei Jahre in Haft kommen oder muss eine Geldstrafe zahlen. Bei Demonstrationen dürfen generell keine Waffen mitgeführt werden. Laut Polizei werden verbotene Messer im Zusammenhang mit Demonstrationen eher selten festgestellt.