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Ein Thüringer bringt den Görlitzer Busfahrplan in Takt

Glück mit der Ausschreibung, ein Jahr Verzögerung und viel Schlamassel beim Fahrplanstart. Für Knut Gräbedünkel kam es in Niesky ziemlich dick mit der Übernahme des Linienverkehrs.

Von Steffen Gerhardt
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Knut Gräbedünkel kommt als Geschäftsführer des Busunternehmens Moveas aus Thüringen. Seit diesem Jahr sichert er von Niesky aus den Linienverkehr im nördlichen Landkreis Görlitz ab.
Knut Gräbedünkel kommt als Geschäftsführer des Busunternehmens Moveas aus Thüringen. Seit diesem Jahr sichert er von Niesky aus den Linienverkehr im nördlichen Landkreis Görlitz ab. © Martin Schneider

Knut Gräbedünkel liebt das Ländliche. Der Thüringer wohnt seit der Kindheit in dem kleinen Ort Wülfershausen, östlich von Arnstadt. Seit einem Jahr ist für ihn nun Niesky dazugekommen, als ländliche Region. . „Die Parallelen zu meiner Thüringer Heimat führten dazu, dass wir uns mit unserem Verkehrsunternehmen Moveas für den Linienverkehr im nördlichen Landkreis bewarben“, erzählt der geschäftsführende Gesellschafter des Unternehmens.

Das war 2021. Eineinhalb Jahr später rollen nun die weißen Busse vom Omnibusverkehr Oberlausitz (OVO), einer Marke der Moveas, zwischen Reichenbach und Schleife. Damit ist die Oberlausitz zu seinem zweiten Zuhause geworden. „Ich bin gern hier und fühle mich wohl“, sagt Knut Gräbedünkel. Bisher hat er in Hotels in Görlitz übernachtet, wenn er die Woche über im Landkreis ist. „Ich kenne inzwischen alle Hotels in der Stadt!“ Aber zehn Jahre lang will Gräbedünkel kein Hotelleben führen. „Ich denke schon über einen Zweitwohnsitz in Niesky nach“, bekennt er.

Mit der Übernahme des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) im nördlichen Landkreis konnte Knut Gräbedünkel mit der Moveas ein weiteres Unternehmensziel erreichen: Sich vergrößern und mit der OVO ein neues Standbein schaffen. Mit dem Einstieg in die Oberlausitz hat sich die Zahl der Busse und der Mitarbeiter fast verdoppelt. Knut Gräbedünkel ist jetzt Chef von rund 170 eigenen Mitarbeitern und 100 Vertragsbeschäftigten. Dazu kommen 180 Busse, die zu 96 Prozent im Linienverkehr unterwegs sind.

Busfahrer statt Berufssoldat

Dass der heute 45-Jährige ein mittelständisches Unternehmen führen wird, daran war vor 20 Jahren nicht zu denken. Mit dem Diplom eines „Wirtschaftsingenieurs für Verkehr und Transport, Spezialisierung ÖPNV“ stieg der junge Absolvent in den väterlichen Betrieb ein. Sein Vater hatte 1993 die Geschäftsführung der Omnibusbetrieb Arnstadt GmbH als das landkreiseigene Unternehmen übernommen. „Bereits seit meinem Abi habe ich mir bei meinem Vater etwas dazuverdient und bin Bus gefahren.“

Den Führerschein hat der junge Mann bei der Bundeswehr gemacht. „Mein eigentlicher Berufswunsch war Berufssoldat. Aber dann ergab sich die Betriebsübernahme durch meinen Vater, er ging damit vom Verwaltungsangestellten in die Selbstständigkeit. Ich wollte ihn unterstützen und stieg mit ein“, erzählt der heutige Chef des Familienunternehmens. Sein Vater ist seit acht Jahren in Rente.

Töchter sind im Betrieb beschäftigt

Inzwischen ist die dritte Generation Gräbedünkel im Unternehmen tätig. „Meine große Tochter Sophie hat Justizsekretärin gelernt, studiert jetzt meine Fachrichtung Wirtschaftsingenieur und hat seit vergangenem Jahr einen Werksstudentenvertrag. Die jüngere Tochter Leni lässt sich als Fachkraft im Fahrbetrieb ausbilden“, zeichnet ihr Vater die beruflichen Perspektiven der Töchter vor. Sie sind 26 und 16 Jahre jung.

Die Einführung eines Taktfahrplanes für den nördlichen Landkreis stand unter keinem guten Stern. Erst die Probleme mit der Ausschreibung, bei der ein Bieter Widerspruch einlegte, und schließlich sein Angebot zurückzog. Damit ging der Auftrag an den Zweitplatzierten, die Moveas. Außerdem hatte sich schon vor der Ausschreibung die Einführung des neuen Taktfahrplanes um ein Jahr verschoben. Es gab noch zu viele Ungereimtheiten, die nachzubessern waren. Und auch der Start zum 1. Januar dieses Jahres verlief sehr holprig, vor allem bei der Schülerbeförderung.

Holpriger Start in Niesky

„Dass wir fast alle Linien noch einmal anfassen und korrigieren müssen, damit hatte ich nicht gerechnet, vor allem in dem Umfang nicht“, sagt Gräbedünkel. Verschiedene Problemlagen seien ihm bei der Planung vor dem Betriebsstart aufgefallen. „Was wir aber nicht gleich erkennen konnten, sind die knappen Fahr- und Haltezeiten gewesen, besonders bei den Umstiegen und im Schülerverkehr. Diese sind uns dann in der Praxis auf die Füße gefallen.“

Acht Veränderungswellen hat Knut Gräbedünkel mit seinem Team losgetreten, die letzte nach den Osterferien zum 17. April. "Was jetzt noch unrund läuft, klären wir bis zum Fahrplanwechsel nach den Sommerferien", verspricht er.

So einen Aufwand musste Knut Gräbedünkel im fränkischen Landkreis Kronach nicht betreiben. Hier war er das erste Mal mit einem Taktfahrplan konfrontiert worden. Sein Verkehrsunternehmen hatte die Ausschreibung im dortigen Landkreis gewonnen und übernahm zum 1. August 2020 einen Teil des Linienverkehrs. „Es wurde ein neues Mobilitätskonzept erstellt, bei dem der bisher freigestellte Schülerverkehr in die Taktlinien integriert wurde“, erklärt der Unternehmer. Ähnliches erlebte er im Landkreis Görlitz. Mit dem Unterschied: „Der Landkreis Kronach betreibt eine eigene Mobilitätszentrale, mit der wir die Probleme besprechen konnten. In Görlitz gibt es so eine Einrichtung nicht, so dass wir die Korrekturen in Abstimmung mit dem Landkreis übernahmen. Das hat letztlich gut funktioniert“

Bahnhof soll Touristentreff werden

Knut Gräbedünkel schickt aber nicht nur Linienbusse in die Städte und Dörfer, sondern er engagiert sich auch für seinen Betriebssitz und damit für die Stadt Niesky. „Nachdem wir den Bahnhof gekauft haben, soll dieser nicht nur Firmensitz sein, sondern ein Treffpunkt für die Nutzer von Bus und Bahn sowie Touristen“, erklärt der Hauseigentümer. Mit Strukturgeldern und der Stadt zusammen soll das Bahnhofsareal aufgewertet und neu belebt werden. Ein entsprechender Förderantrag wurde zu Jahresbeginn gestellt. „Wir hoffen, dass wir im ersten Quartal 2024 mit dem Umbau des Bahnhofsgebäudes beginnen können“, gibt sich Gräbedünkel optimistisch.