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Streit um Ferienwohnungen in Dresden: Was betroffene Nachbarn erleben

Eine Dresdnerin erzählt, dass bei ihr im Haus seit gut einem Jahr Ferienwohnungen vermietet werden. Weshalb sich das Sicherheitsgefühl massiv verschlechtert habe und was Gäste ihr an den Kopf werfen.

Von Andreas Weller
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Ferienwohnungen in Mehrfamilienhäusern sorgen bei Nachbarn in Dresden für Frust.
Ferienwohnungen in Mehrfamilienhäusern sorgen bei Nachbarn in Dresden für Frust. © dpa/Friso Gentsch (Symbolfoto)

Dresden. Seit Februar schwelt der Streit um das geplante Verbot für Dauer-Ferienwohnungen in Dresden. Der Stadtrat hat es für bestimmte Stadtbezirke beschlossen. Vermieter sind darüber entsetzt, einer bezeichnet es gegenüber Sächsische.de als "Berufsverbot". Doch was erleben Mieterinnen und Mieter in Dresden, wenn die Wohnungen im Haus plötzlich tageweise an Touristen vermietet werden?

"Plötzlich waren immer wieder Fremde im Haus"

Eine Dresdnerin hat die Umstellung auf Ferienwohnungen vor gut einem Jahr erlebt. Sie wohnt seit zwölf Jahren zur Miete in einem Haus mit 18 Wohnungen in Dresden-Johannstadt. Ihren Namen möchte sie nicht nennen, weil sie Ärger mit ihrem Vermieter fürchtet.

"Im Sommer 2023 ging es los, da wurden drei Wohnungen zu Ferienwohnungen umgewidmet." Sie und die anderen Mietparteien in dem Gebäude hatten zunächst nur Renovierungsarbeiten mitbekommen. "Dann waren plötzlich immer wieder Fremde im Haus - keine neuen Nachbarn, sondern Feriengäste, wie ich von ihnen erfuhr."

Erfahren hat dies die betroffene Mieterin, weil sie die (zeitweiligen) Bewohner der Wohnung über ihr darauf hingewiesen hat, dass sie die Schritte im Treppenhaus, aber vor allem auf dem Fußboden über ihrer Wohnung, deutlich höre. "Die Trittschalldämmung ist sehr schlecht, weil das Dachgeschoss erst später mit Wohnungen ausgebaut wurde", erklärt sie.

"Unser Vermieter hat uns nicht über die Nutzung als Ferienwohnungen informiert. Ich finde, das ist schon eine grundsätzliche Frage, über die informiert werden muss."

"Macht etwas mit dem Sicherheitsgefühl"

Sie sei mit Nachbarn ins Gespräch gekommen, die das ebenso störe, und es wurde festgestellt, dass die Mülltrennung nicht mehr so genau vorgenommen werde wie bisher. Die Stadtreinigung habe auch mal eine Tonne stehenlassen, wegen falscher Befüllung. Dafür musste ein gesonderter Termin ausgemacht werden. Nun befürchte sie, dass dies auf die Nebenkosten für alle Parteien im Haus umgelegt werde.

Unbehaglich fühle sie sich aber vor allem wegen der ständig wechselnden Menschen im Haus. "Das macht etwas mit dem Sicherheitsgefühl und der Hausgemeinschaft." Auch, weil mit Feriengästen keine Absprachen wie mit konstanten Mieterinnen und Mietern getroffen werden können. Dabei gehe es um Fragen wie: "Wann wird auf dem Balkon abends nicht mehr geraucht, damit Rauch nicht in das eigene Schlafzimmer zieht? Wann hören kleine Kinder abends auf zu rennen, damit man auch mal Ruhe in der eigenen Wohnung hat? Das sind Absprachen, die das alltägliche Miteinander und Zusammenleben in einem Mietshaus bereichern und eben auch erleichtern."

Feriengäste verhöhnen Mieterin

Immer wieder habe sie Feriengäste im Haus ansprechen müssen, vor allem wegen nächtlichen Lärms. Diese hätten verständlicherweise einen anderen Tagesrhythmus als eine berufstätige Mieterin wie sie. "Diese Mischung aus Miet- und Ferienwohnungen passt nicht zusammen. Etwa die Hälfte der Gäste ist höflich, entschuldigt sich, die andere Hälfte ist ignorant. Eine Gruppe hat zu mir mal gesagt: Na, da wünschen wir viel Glück bei der Wohnungssuche."

Es könne nicht sein, dass Mieter vertrieben werden. "Zumal wir Wohnungsmangel in Dresden haben, dieser wird mit dem neuen Chipwerk noch verschärft. Dazu habe ich den Eindruck, dass die Bedürfnisse von Mietern an zweiter Stelle stehen, in erster Linie geht es um Profit. Deshalb bin ich eindeutig für das Zweckentfremdungsverbot." Damit will die Stadt auf Beschluss des Stadtrates untersagen, dass Wohnungen in bestimmten Stadtbezirken dauerhaft als Ferienwohnungen vermietet werden.

"Dresden muss mit Leipzig gleichziehen"

Der Landtag Sachsen habe aus gutem Grund die Möglichkeit einer Zweckentfremdungssatzung für angespannte Wohnungsmärkte beschlossen - sagt der Dresdner Grünen-Landtagsabgeordnete und Ex-Stadtrat Thomas Löser und betont: "Auf Drängen von Grünen und SPD, gegen den Willen der CDU."

Deshalb können nun die Stadträte in Dresden und Leipzig eine solche Satzung beschließen. In Leipzig ist dies bereits erfolgt und in Dresden ist auf SPD-Antrag beschlossen, eine solche Satzung zu erstellen. "Dresden muss jetzt endlich mit Leipzig gleichziehen und ein Zweckentfremdungsverbot für Wohnraum einführen", so Löser. "Zweckentfremdung von einer oder mehreren Wohnungen in Mehrfamilienhäusern kann eine große Belastung für die Mieterinnen und Mieter in den betroffenen Häusern bedeuten und stellt den sozialen Frieden im Haus in Gefahr."

Zudem entzögen die Ferienwohnungen der Stadt wichtigen Wohnraum. "Die Lage auf dem Wohnungsmarkt in Dresden ist zu ernst, um weiter die Interessen von zehntausenden Mieterinnen und Mietern zu ignorieren. Klar ist, neben der Einführung einer Zweckentfremdungssatzung braucht es auch dringend Neubau im sozialen Wohnungsbau. Das Land muss hier endlich die notwendigen Fördermittel in angemessener Höhe an die Stadt Dresden weiterreichen."