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Junges Tierärztepaar baut 200 Jahre alten Hof in Kaltofen um und aus

Anne und Matthias Kaiser wollen in Kaltofen im Striegistal wohnen und eine eigene Praxis eröffnen. Zum Jahreswechsel ist der Einzug geplant.

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Ein zweihundert Jahre alter Vierseithof in der Gemeinde Kaltofen in Striegistal wird von einer jungen Familie zu neuem Leben erweckt. Einmal in Augenschein genommen, erwies sich das große Ensemble dann auch als überwältigend.
Ein zweihundert Jahre alter Vierseithof in der Gemeinde Kaltofen in Striegistal wird von einer jungen Familie zu neuem Leben erweckt. Einmal in Augenschein genommen, erwies sich das große Ensemble dann auch als überwältigend. © Elke Walter.Koch

Von Elke Walter-Koch

Striegistal/Kaltofen. Ein zweihundert Jahre alter Vierseithof in der Kaltofen in der Gemeinde Striegistal wird von einer jungen Familie zu neuem Leben erweckt. Anne und Matthias Kaiser, beide Tierärzte, erfuhren 2021 vom leerstehenden Anwesen und interessierten sich sofort dafür.

Einmal in Augenschein genommen, erwies sich das große Ensemble dann auch tatsächlich als überwältigend – vor allem im Hinblick auf das Potenzial, welches in ihm steckt.

Deshalb erwarb das Paar den alten Hof am Dorfrand, beantragte eine LEADER-Förderung für die Umnutzung ländlicher Bausubstanz und begann alsbald mit dem Um- und Ausbau.

Fülle an Herausforderungen

Wer Anne und Matthias Kaiser heute auf ihrer Baustelle am Dorfrand besucht, taucht unmittelbar ins Geschehen ein. Mehrere Firmen arbeiten vor Ort und beim Betreten des großen Wohnhauses wird sofort klar, welche Fülle an Herausforderungen der grundhafte Um- und Ausbau bereithält.

Schon vor Monaten sind die Böden ausgeschachtet, der Putz von Wänden und Decken entfernt worden, sodass nur noch Haut und Knochen des Hauses herausschauten. „Man wird ehrfürchtig und bekommt ein ganz neues Verständnis für den Aufbau eines alten Hofes“, berichten die Bauherren.

Die beiden Tierärzte Anne und Matthias Kaiser erkannten das Potenzial des alten Gemäuers, auf dessen Schlusstein die Jahreszahl 1825 steht.
Die beiden Tierärzte Anne und Matthias Kaiser erkannten das Potenzial des alten Gemäuers, auf dessen Schlusstein die Jahreszahl 1825 steht. © Elke Walter-Koch

Mehrmals pro Woche muss nun wenigstens einer vor Ort sein, um den Baufortschritt zu kennen, Fragen zu beantworten und neue Entscheidungen zu treffen.

„Auch wenn alles mit einem Architekten geplant wurde, beim Tun entstehen doch immer wieder neue Herausforderungen. Wir haben gelernt, dass man behutsam vorgehen und auch Kompromisse mit dem Machbaren schließen muss“, so die Erfahrungen des Paares mit der historischen Bausubstanz.

Einsatz natürlicher Materialien

Aber auch, wenn einiges anders kommt, als gedacht: An Grundsätzlichem wie dem Einsatz natürlicher Materialien halten die Bauherren fest. Wände und Decken werden mit Lehm verputzt, der an den Kanten gebrochen wird, damit weiche Übergänge entstehen. Gerade Wände gibt es kaum.

Kreativität und eine Portion Gelassenheit sind wichtig, um sich dem alten Haus sanft und mit Verständnis anzupassen. Die Zusammensetzung des Teams muss entsprechend gut funktionieren, wenn ein Gewerk ins andere übergeht oder auf dem anderen aufbaut.

Bei der Restaurierung des Hofes kommen natürliche Materialien zum Einsatz.
Bei der Restaurierung des Hofes kommen natürliche Materialien zum Einsatz. © Elke Walter-Koch

Den Hofeigentümern geht es um ressourcenorientiertes Denken. Materialien wie Steine, Kacheln oder Holz, die abgebaut und geborgen werden, kommen an anderer Stelle wieder zum Einsatz.

Dort, wo passendes historisches Baumaterial gefragt ist, helfen die jeweiligen Handwerker – wie bei den Ofenkacheln etwa, die aus dem Erzgebirge kommen. Charakteristische und liebenswerte Details wie Wandnischen bleiben nach Möglichkeit so, wie sie waren.

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„Der Wandschrank in der Stube wird gerade restauriert und später wieder an derselben Stelle eingebaut“, erklärt Matthias Kaiser.

Und was im Inneren der Stuben praktiziert wird, setzt sich auch außen fort. Die Wetterseiten sind mit Lärchenholz verblendet worden, welches eine harmonische Verbindung mit dem übrigen Fachwerk eingeht.

Die Hinterfront des Wohnhauses ist in traditioneller Bauweise mit zwei Stützmauern stabilisiert worden, die dem Hof ein schon fast burgähnliches Aussehen verleihen. Das weitläufige Gelände mit Blick auf die Felder bietet weiteren Spielraum für Ideen.

Ein Seitengebäude – der einstige Hühnerstall – könnte später einmal eine Außensauna werden. Derzeit dient es als Unterstand fürs Holz.

Matthias Kaiser, der hier aufgewachsen ist, kennt das Haus noch von seinen Kindertagen, als er das Kirchenblatt austrug. Der Hof war der wohl größte im Ort und hatte viele Jahre leer gestanden.

Schlussstein trägt Jahreszahl 1825

Der Schlussstein über der Eingangstür trägt die Jahreszahl 1825. Vermutet wird aber, dass ursprüngliche Gebäudeteile und Grundmauern noch weitaus älter sind.

Zudem lassen die beeindruckenden Deckenbalken und die großzügigen Deckenhöhen ahnen, dass die Erbauer zu den wohlhabenden Bauern im Dorf gehörten.

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Auch wenn aufreibende und arbeitsintensive Monate hinter den Hofeigentümern liegen, ein Ende der Bauarbeiten ist abzusehen.

Ein Ende der Bauarbeiten ist mittlerweile abzusehen.
Ein Ende der Bauarbeiten ist mittlerweile abzusehen. © Elke Walter-Koch

Die Fußböden sind bereits mit neuem Estrich verfüllt. In Stube und Küche ist ein Ofen eingebaut, der beide Räume beheizt und später in den Praxisräumen für behagliche Wärme sorgen wird. Die frisch geputzten Nachbarräume stehen schon für den Einbau der Sanitäranlagen bereit.

Es fühlt sich gut an, da anzukommen, wo man zu Hause war und ist“, sagt Matthias Kaiser. Und auch für seine Frau Anne, die ihre Promotion abgeschlossen und wie ihr Mann den Doktortitel in der Tasche hat, bietet das schöne, große Anwesen eine Reihe von Gestaltungsmöglichkeiten.

Einzug zum Jahreswechsel geplant

Geplant ist, dass das Paar zum Jahreswechsel gemeinsam mit den Kindern einziehen wird. Eine gemeinsame Tierarztpraxis für Nutztiere soll dann im Erdgeschoss eingerichtet werden. Direkt darüber, im ersten Stock, wird die Familie selbst wohnen.

Im Stall sind beim Aufstemmen des Bodens gewaltige Steinplatten zutage gefördert worden. Da könnte später einmal ein Seminarraum oder auch ein Treffpunkt für Kleinkunst wie Lesungen oder Konzerte entstehen.

Ob sie einen solchen Kraftakt noch einmal auf sich nehmen würden: „Natürlich. Auch wenn wir den Aufwand etwas unterschätzt haben.“ Es liege auf der Hand, dass ein alter Hof auch philosophische Denkansätze bietet: „Es muss auch nicht gleich alles fertig werden. Der Weg ist das Ziel. Es ist viel spannender, wenn es sich entwickeln darf“, so das Resümee.

Ihren Enthusiasmus teilen die Tierärzte mit Freunden und Berufskollegen, die schon zu Besuch da waren. Meist sind diese beeindruckt von der Größe des Hofes, dem Mut der Bauherren und der Weitläufigkeit des Anwesens.

Mitunter wird dann auch ein Arbeitstag daraus, dann etwa, wenn ehemalige Kommilitonen, die heute in der ganzen Welt verstreut leben, dableiben und mithelfen.