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Jugend weg, Senioren kommen: Das passiert mit ehemaligem Pfarramt in Freital

Nach mehrmonatiger Bauphase soll bald wieder Leben in das frisch renovierte Gebäude an der Kantstraße einkehren. Ein Geschoss bleibt allerdings verwaist.

Von Simon Lehnerer & Roland Kaiser
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Das ehemalige Pfarrhaus, in dem bis zum Baustart der offene Jugendtreff "Hafenkante" untergebracht war, erstrahlt wieder in neuem Glanz.
Das ehemalige Pfarrhaus, in dem bis zum Baustart der offene Jugendtreff "Hafenkante" untergebracht war, erstrahlt wieder in neuem Glanz. © Egbert Kamprath

Thorsten Mager und seine Mannschaft stehen bereits in den Startlöchern. Der Chef des Förderkreises Biotec und designierte Potschappeler Quartiersmanager kann es kaum erwarten, die Räumlichkeiten im früheren Pfarramt mit Leben zu erfüllen. Sowohl im Erd- als auch im zweiten Obergeschoss wird der Verein einige seiner Angebote unterbreiten. Dafür hat ihm die Stadt als Gebäudeeigentümerin entsprechende Flächen überlassen.

Seinen Fokus richtet der Förderkreis in erster Linie auf die Arbeit mit Senioren. Oben unterm Dach ist eine Nähstube angedacht. "Dort sind Projekte wie 'Wenn die Oma mit der Enkelin...' vorstellbar", meint Thorsten Mager, "oder eine Zusammenarbeit mit Hort und Schule." Im Groben und Ganzen gehe es darum, die Möglichkeit zum Nähen zu bieten beziehungsweise diese Handarbeit und andere zu erlernen.

Im Erdgeschoss könnte künftig gespielt und gebacken werden, so die Vorstellungen. Denn Biotec dürfe für seine Zwecke eine Teeküche nutzen. Zudem seien Vorträge zu verschiedenen Themen denkbar. "Alles unter dem Gesichtspunkt, verschiedene Altersgruppen miteinander in Kontakt zu bringen."

Stadt muss ohne "Hafenkante" planen

Dieses Ziel verfolgt auch die Stadtverwaltung in dem auf Vordermann gebrachten Haus. Es soll zur Begegnungs- und Rückzugsstätte von Jung und Alt werden, um dort gemeinsam die Freizeit zu gestalten. Und das alles in unmittelbarer Nachbarschaft zur erweiterten Lessing-Schule.

"Die räumliche Anbindung von Bildungs-, Unterstützungs- und Freizeitangeboten leistet einen Beitrag zu guten Entwicklungsbedingungen für Kinder und Jugendliche", betont Stadtsprecher Matthias Weigel. "Komponenten können unter anderem präventive Angebote für Schülerinnen und Schüler, Familienangebote oder Orte der Begegnung für Generationen sein." Definitiv würden mit dem Objekt die Freizeitmöglichkeiten im Stadtteil Potschappel erweitert, zeigt sich die Verwaltung überzeugt.

Eine Frontansicht des sanierten Hauses an der Kantstraße in Freital-Potschappel.
Eine Frontansicht des sanierten Hauses an der Kantstraße in Freital-Potschappel. © RK

Zur Wahrheit gehört aber auch, dass mit dem Kinder- und Jugendhilfeverbund (KJV) ein gewichtiger Player nicht mehr mit im Boot sitzt. Dessen Jugendtreff "Hafenkante" wird nicht zurückkehren. Eine entsprechende Kündigung zum Jahresende sei bereits im Mai im Rathaus eingegangen, wie der erste Bürgermeister, Peter Pfitzenreiter (Konservative Mitte), bereits zu einem früheren Zeitpunkt erklärte.

KJV-Geschäftsführer Tobias Schmieder begründete den Schritt damit, dass die Mittel in Summe nicht ausreichen würden, zwei Einrichtungen im Rahmen der offenen Jugendarbeit zu betreiben. Ab Januar 2025 sei die Finanzierung der "Hafenkante" nicht mehr gesichert. Gleichzeitig verwies er darauf, dass es mit dem "Oppelschacht" in Zauckerode einen Standort gäbe, an dem weiterhin offene Kinder- und Jugendarbeit im Auftrag des Landkreises und der Stadt Freital geleistet werde.

Zank um Finanzen könnte zu dramatischen Folgen führen

Zum Hintergrund: Seit dem Winter schwelt ein Streit darüber, wie viel Geld der Landkreis künftig für den Bereich der Jugendhilfe - zu diesem zählt auch die offene Jugendarbeit - ausgeben will und soll. Die Kreisverwaltung möchte die Ausgaben gern deckeln. Das allerdings stößt auf Kritik bei den Trägern. Diese beklagten zuletzt steigende Kosten - unter anderem tarifbedingt beim Personal.

Diesen Zwist bekommt nun auch die Stadt Freital zu spüren. Sie muss nach einem neuen Mieter für das erste Obergeschoss Ausschau halten. Auf etwa 150 Quadratmetern droht bis auf Weiteres Leerstand.

Insgesamt bietet das Domizil nach seiner Sanierung eine Nutzfläche von annähernd der dreifachen Größenordnung. Zwei Dachgeschosswohnungen entfielen im Zuge der Arbeiten.

Indes sieht das Rathaus die aktuelle Entwicklung als Warnschuss vor den Bug. Es will sich dafür einsetzen, dass Jugendzentren auch in Zukunft über ausreichende Mittel für ihre Arbeit verfügen. "Ansonsten", und das befürchtet nicht nur Stadtsprecher Weigel, "drohen sich die Probleme dramatisch zu entwickeln, sodass die Folgekosten unterlassener Prävention für den Landkreis um ein Vielfaches höher sind."

Indes hofft Thorsten Mager darauf, dass der Förderkreis im Laufe des Septembers die neuen Räume beziehen kann. "Wir warten jetzt eigentlich nur noch auf die Freigabe durch die Stadt."