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SZ + Meißen

So heiß (und cool) ist Meißen

Die SZ hat sich auf den Weg gemacht – mit Thermometer, um an Touri-Hotspots nachzumessen. Eine schweißtreibende Angelegenheit. Wir mussten abbrechen.

Von Andre Schramm
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35 Grad Celsius waren es im Weinpavillon. Siglinde Lässig blieb tapfer.
35 Grad Celsius waren es im Weinpavillon. Siglinde Lässig blieb tapfer. © Claudia Hübschmann

Meißen. Die Tour startet Mittwochmittag gegen 13 Uhr auf der Elbstraße in der Altstadt. Mit dabei: ein handelsübliches Analog-Thermometer. Genau so ein Ding, das mancherorts noch in Kühlschränken hinter Lebensmitteln rumliegt. Im Schatten misst es 32 Grad. In der Sonne geht die Quecksilbersäule (heute ist das bestimmt eine andere Flüssigkeit) über die Skala hinaus. Es sind schätzungsweise 47 Grad. Man merkt schon: Das wird kein Rundgang mit hochwissenschaftlichen Ansprüchen. Kleiner Nachteil der analogen Messmethode: es dauert immer ein bisschen, bis sich das Thermometer eingepegelt hat.

Erste Station: Stadtmuseum. Schon als die Automatiktür öffnet, weht frische kühle Luft entgegen. Mitarbeiterin Simone Rolle begrüßt uns – wie immer – mit guter Laune und einem Lächeln. "Sie glauben gar nicht, wie viele Leute in den letzten Tagen bei uns waren, weil sie der Hitze entfliehen wollten", sagt sie. Und während sie das sagt, misst unser Thermometer schon fleißig nahe der Schluppe (Fischerboot) die Temperatur im ehemaligen Franziskanerkloster. "Die Besucher bleiben in der Regel eine Stunde, schauen sich die Jahresausstellung und setzen dann ihren Meißen-Bummel abgekühlt fort", erzählt Frau Rolle weiter.

Im Stadtmuseum waren es am Mittwoch 23 Grad. Abkühlung und Geschichte lassen sich derzeit hier recht gut kombinieren.
Im Stadtmuseum waren es am Mittwoch 23 Grad. Abkühlung und Geschichte lassen sich derzeit hier recht gut kombinieren. © Claudia Hübschmann

Aktuell ist die Jahresausstellung "Schönheiten der Natur in den lustigen Gegenden von Meißen" zu erleben. Gezeigt werden historischen Ansichten der Stadt und Umgebung. Ein paar Liegestühle vom Kultursommer hat sich das Museum auch gesichert. "Dort lag kürzlich ein Pärchen drin und hat ein Mittagsschläfchen gemacht", schmunzelt die Mitarbeiterin weiter. Temperatur im Museum: angenehme 23 Grad.

Es geht weiter – auf den Meißner Markt. Die Sonne knallt unerbittlich. Der Platz ist fast menschenleer. Auf dem Geländer am Rathauseingang könnte man Spiegeleier machen. Ein Pärchen steht am Weinpavillon und drinnen: Siglinde Lässig. "Heute ist es echt unerträglich", sagt die ehemalige Sportladen-Chefin. Sie hat recht. Im Weinfass misst das Thermometer 35 Grad Celsius. Frau Lässig blickt etwas abfällig auf den Kühlschrank im Pavillon, der zusätzlich Abwärme produziert.

Ausgeschenkt werden hier noch bis 17. August Weine des Weinguts Herrenberg von Uwe Riße. Wein bei dem Wetter - geht das nicht sofort in den Kopf? "Die Profis bestellen sich Wasser dazu", sagt Lässig. Für die Gäste gibt es aber noch ein cooles Gimmick. Neben dem Pavillon steht ein Standventilator mit Zerstäuberfunktion. Das Teil wird über einen Schlauch mit Wasser versorgt. Das Windrad bläst dann feine, kühle Wassertropfen in Richtung der Gäste. Man möchte am liebsten mit dem Zerstäuber kuscheln. Temperatur im Wassernebel: 23 Grad, gefühlt weniger. Ein nasses T-Shirt nimmt man dafür gern in Kauf. "Wirklich jeder, der es probiert hat, will die Typenbezeichnung des Ventilators wissen, und fragt, wo man den bekommt", erzählt Frau Lässig. Wo jetzt hin?

Redakteur André Schramm am Ventilator mit Wasserzerstäuber. Ergebnis: 23 Grad Celsius und nasses T-Shirt.
Redakteur André Schramm am Ventilator mit Wasserzerstäuber. Ergebnis: 23 Grad Celsius und nasses T-Shirt. © Claudia Hübschmann

Zur Porzellan-Terrasse – Entschuldigung: Porzellan-Schaufläche an der Manufaktur. Keine Menschenseele hier. Bei 36 Grad Celsius auf dem Podest ist das auch kein Wunder. Man muss dazu sagen, dass sich die Sonne inzwischen schon verzogen hat. Dafür ist die Glasscheibe über dem Scherbenhaufen eingebaut. Jemand hat aber offenbar ein zuckerhaltiges Getränk darauf verschüttet, danach sind wahrscheinlich noch Leute darüber spaziert. Kurzum: Der Blick in die Tiefe wird von Siff gestört. Es wirkt schmuddelig. Immerhin: Bäume sollen im Herbst noch gepflanzt werden. Möglicherweise ist es dann in ein paar Jahren etwas schattiger.

Hitzetest an der Porzellan-Schaufläche. In etwa so warm, wie die Besucher selbst, wenn es welche gäbe.
Hitzetest an der Porzellan-Schaufläche. In etwa so warm, wie die Besucher selbst, wenn es welche gäbe. © Claudia Hübschmann

Auf dem Zettel steht noch Bürgerpark. Auch, wenn das kein Touri-Hotspot ist, so steht die Anlage im dringenden Verdacht, besonders heiß zu sein. So weit kommt es nicht mehr. Dunkle Wolken ziehen auf. Minuten später kommt die Abkühlung von oben. Ein ordentlicher Schauer überzieht die Stadt. Zurück im Büro (30 Grad) wird die Suchmaschine angeworfen. Suchbegriff: "Ventilator mit Zerstäuberfunktion".