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Meißen hat eine neue Attraktion

Die Porzellan-Schaufläche nahe der Manufaktur ist eröffnet. Dort gibt es auch jede Menge Meissen-Scherben zu sehen. Eine gute Idee?

Von Andre Schramm
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Meissen-Geschäftsführer Dr. Tillman Blaschke (li.) und Oberbürgermeister Olaf Raschke eröffnen die Porzellan-Schaufläche.
Meissen-Geschäftsführer Dr. Tillman Blaschke (li.) und Oberbürgermeister Olaf Raschke eröffnen die Porzellan-Schaufläche. © Andreas Weihs

Meißen. Bei hochsommerlichen Temperaturen wurde am Dienstag die neue Porzellan-Schaufläche (auch als Porzellan-Terrasse bekannt) im Böttgerpark offiziell eröffnet. Entstanden ist eine 2,50 Meter hohe Aussichtsplattform, die über eine Treppe erreichbar ist. In der Mitte des Aussichtspunktes soll demnächst noch eine begehbare Glasscheibe eingebaut werden. Wer dann hinuntersieht, wird auf einen Scherbenhaufen blicken. Echtes Meissener Porzellan in Einzelteilen. Momentan fehlen noch die LEDs, um den Scherbenhaufen ins rechte Licht zu setzen. Die Brüstung der Plattform wurde der Fassade der Manufaktur gegenüber nachempfunden. Auch sie soll indirekt beleuchtet werden.

Aperitif für Manufaktur-Besuch

Die Front auf Straßenniveau zeigt in drei Vitrinen die Grundzutaten für Porzellan: Kaolin, Quarz und Feldspat. Dazu gibt es zweisprachige Erklärtafeln. In einer vierten Vitrine sind Porzellan-Scherben arrangiert. Ferner ist ein Porzellanwandbild zu sehen, das den Herstellungsprozess, aber auch die Geschichte widerspiegelt. Die Gestaltungsidee für das Motiv stammt von Auszubildenden der Manufaktur. "Zwar wurden hier und da noch kleine Veränderungen vorgenommen. Insgesamt ist es klasse, dass unsere Arbeit nun an diesem Ort für immer zu sehen ist", sagte Alessa Cranzow, Porzellanmalerin im dritten Lehrjahr.

"Es ging darum, Porzellan in der Stadt sichtbarer zu machen", erklärte Oberbürgermeister Olaf Raschke zur Eröffnung. Mit der Schaufläche habe der Porzellanweg Meißen jetzt auch einen Anfang bekommen, schob er hinterher. Die Botschaft: Besucht Meißen! "Nein noch besser: Kommt her und nehmt Meissen mit nach Hause", so Raschke. Er lobte die Co-Produktion zwischen Stadt und Staatsbetrieb. Für Meissen-Chef Tillmann Blaschke ist Porzellan nun ein großes Stück erfahrbarer geworden. „Ich will niemandem zu nahe treten, aber die Porzellanmanufaktur Meissen und das Thema Porzellan sind die Alleinstellungsmerkmale der Stadt Meißen und des Dresdner Elblandes“, so der Geschäftsführer weiter.

"Nichts mutwillig zerstört"

Doch zweimal Scherben an einem Ort, dazu noch echtes Meissener? Das gehört natürlich zum Porzellankreislauf dazu. Allerdings ist das Thema auch reichlich vorbelastet. 2010 wurden unter dem damaligen Geschäftsführer Christian Kurtzke heimlich unverkäufliche Lagerbestände auf dem Hinterhof der Manufaktur zerdeppert. Wie sich später herausstellt, in einem Verkehrswert von 2,6 Millionen Euro. Die Nacht- und Nebel-Aktion brannte sich als "Polterabend" ins kollektive Gedächtnis der Meißner ein und sorgte damals überregional für Schlagzeilen. Es war zudem die Zeit, als vielen Porzellinern gekündigt worden war.

"Der Unterschied zu damals ist, dass wir für die Porzellan-Schaufläche nicht mutwillig Meissener Porzellan zerstört haben", sagte Blaschke. Vielmehr handle es sich um Porzellan, das von Kunden entweder so zurückgegeben wurde bzw. in der Produktion aus Versehen zu Bruch ging. Aus Manufakturkreisen war zu erfahren, dass Letzteres nicht sehr häufig passiert. Deshalb muss beim Scherbenhaufen unter der begehbaren Scheibe auch etwas getrickst werden.

Tatsächlich ist die Idee für die Plattform nicht ganz neu. "2005 schwirrte sie schon einmal durch die Manufaktur. Es ging darum, den Gästen einen guten Blick auf die damals neugestaltete Fassade der Manufaktur zu ermöglichen. Die Kombination aus Fotobeton, Porzellan und Glas ist einmalig auf der Welt. Wer direkt daran vorbeiläuft, bekommt das gar nicht mit", erzählte Jörg Danielczyk, ehemaliger Chefplastiker der Manufaktur, und seit 2017 im Ruhestand. Im Zusammenhang mit dem Porzellanweg (Manufaktur - Albrechtsburg) sei die Idee wieder aufgegriffen worden, hieß es weiter.

Die Bauarbeiten für die Plattform starteten Ende Februar dieses Jahres. Zuletzt hatten sogar Hortkinder beim Befüllen der Vitrinen geholfen. Für die Planung und Baubetreuung war der Meißner Architekt Thomas Bretschneider verantwortlich. Die Gesamtkosten belaufen sich auf 200.000 Euro. 160.000 Euro kamen aus dem Förderprogramm „Regionale Initiativen“. Der Rest sind Eigenmittel der Stadt, darunter auch das Preisgeld aus dem "Ab in die Mitte"-Wettbewerb (12.000 Euro).