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Meißner Brandstifterin dauerhaft verhandlungsunfähig?

Einer Frau und einem Mann werden am Landgericht 18 Brandstiftungen vorgeworfen. Zumindest die Frau ist schwer krank.

Von Jürgen Müller
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Dieses Fahrzeug eines Rettungsdienstes in Meißen war eines der Ziele der Brandstifter. Es entstand Totalschaden.
Dieses Fahrzeug eines Rettungsdienstes in Meißen war eines der Ziele der Brandstifter. Es entstand Totalschaden. © xcitepress

Dresden/Meißen. Mit einer derartigen Brandserie wie Ende Mai und Anfang Juni hatte es die Meißner Feuerwehr lange nicht zu tun. Fast täglich brannte es irgendwo in der Stadt. Meist ging das Feuer aus, manchmal schmorte es nur, aber es wurde auch großer Schaden angerichtet. So etwa von 50.250 Euro, als auf dem Parkplatz des Fahrdienstes vom Deutschen Roten Kreuz in Meißen ein Ford Fiesta und ein Ford Transit angezündet wurden. Auch die Wand eines Gebäudes wurde durch den Brand beschädigt.

Der Brandanschlag auf den Fahrdienst war nur der Höhepunkt einer nächtlichen Brandserie. Kurze Zeit vorher brannten in der Nähe des Dänischen Bettenlager drei Dixi-Klos komplett ab. Der Schaden hier: 1.700 Euro. Kurz danach brannte an der Fellbacher Straße ein Mülleimer, wenige Minuten später ein anderer am Albert-Mücke-Ring. Insgesamt achtmal musste die Feuerwehr in jener Nacht ausrücken.

Zwei Tage später brennt es erneut beim DRK an der Niederauer Straße. Der rechte Hinterreifen eines Ford Fiesta wurde angezündet. Nur das beherzte Eingreifen eines Anwohners verhinderte Schlimmeres. Er konnte den Brand löschen, noch bevor die Feuerwehr eintraf. Dennoch entstand ein Sachschaden von 6.500 Euro. Auch mehrere Plastikeinsätze von Mülleimern an Bushaltestellen wurden angezündet.

Auch dieser Ford Fiesta eines Pflegedienstes in Meißen soll von den Angeklagten in Brand gesteckt worden sein.
Auch dieser Ford Fiesta eines Pflegedienstes in Meißen soll von den Angeklagten in Brand gesteckt worden sein. © xcitepress

In Widersprüche verwickelt

Die Polizei ermittelte, ob es einen Zusammenhang zu den verschiedenen Bränden gab. Auffällig war, dass bei allen Bränden Brandbeschleuniger verwendet wurde. In der Nähe eines Tatortes konnte eine 35 Jahre alte Frau festgenommen werden. Sie wurde nach einem Brand in einer öffentlichen Toilette am Markt in Meißen angetroffen. Bei der Befragung verwickelte sie sich in Widersprüche. Ins Visier der Ermittler geriet auch ein 32-jähriger Mann. Er soll die Brandstifterin begleitet und "Schmiere gestanden" haben.

Seit Dienstag sitzen die beiden nun wegen Brandstiftung vor der Großen Strafkammer des Landgerichtes Dresden. Den Angeklagten werden von der Staatsanwaltschaft noch andere Brände vorgeworfen. So sollen sie am 17. Mai vorigen Jahres zunächst eine Ratssitzung im Meißner Rathaus verfolgt haben. Dann seien sie auf die Toilette gegangen und hätten einen Papierhalter angezündet, welcher dadurch schmolz.

Auch in Riesa sollen die beiden Angeklagten unterwegs gewesen sein. Dort sollen sie in einem Einkaufscenter in einer Kundentoilette gezündelt haben. In einer Riesaer Sparkassenfiliale sollen sie Taschentücher angezündet und an ein Gehäuse von einem Geldautomaten gelegt haben. Der Geldautomat wurde durch den Brandanschlag unbrauchbar. Schaden 1.238 Euro.

Insgesamt umfasst die Anklageschrift 18 Taten. Der Gesamtschaden, der entstand, beläuft sich auf rund 70.000 Euro.

Die Frage, die sich stellt, ist: Wer macht so etwas? Die Antwort gibt es gleich zum Prozessauftakt. Beide Angeklagte sind geistig behindert. Besonders die Frau ist schwer krank, befindet sich in einer Psychiatrie, muss auch dreimal die Woche zur Dialyse.

Bereits 2020 wurde sie begutachtet. Schon damals wurde festgestellt, dass ihre Steuerungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt ist. Sie wurde aber aus der Psychiatrie wieder entlassen. Danach hat sie mit den Brandstiftungen weitergemacht.

Sie kann der Verhandlung nicht folgen

Sie ist für maximal eine Stunde verhandlungsfähig. Der Verhandlung kann sie nicht folgen. Das Gericht entscheidet, das Verfahren gegen die Frau abzutrennen. Ein neues Gutachten soll nun klären, ob sie dauerhaft verhandlungsunfähig ist und ob die Gefahr weiterer Straftaten besteht.

Zitternd und in Begleitung von Pflegern wird sie aus dem Verhandlungssaal geführt. Normalerweise braucht sie eine Betreuung rund um die Uhr. Das Problem: Wohl kaum ein Pflegeheim dürfte eine Brandstifterin aufnehmen wollen.

Gegen den Mann wird weiter verhandelt. Allerdings war er am Legen der Brände wohl nur mittelbar beteiligt, hat die Frau, die er als seine Freundin bezeichnet, nur begleitet. Am nächsten Verhandlungstag will seine Verteidigerin eine Erklärung abgeben, zuvor aber noch weitere Akten ihres Mandanten einsehen. Dieser ist auffällig, meldet sich während der Verhandlung immer wieder per Handzeichen. Auch ihm dürfte wohl verminderte Schuldfähigkeit attestiert werden.

So entstand zwar ein riesiger Schaden. Möglicherweise können die Brandstifter aber nicht zur Verantwortung gezogen werden. Dies wird sich frühestens am 3. Februar zeigen. Dann ist der nächste Gerichtstermin angesetzt, bei dem gegen den Mann verhandelt werden soll.

Ursprünglich waren 14 Verhandlungstage bis Ende Mai geplant. Ob es dabei bleibt, scheint eher unwahrscheinlich.