Partner im RedaktionsNetzwerk Deutschland
SZ + Meißen

Landkreis Meißen: Warum Kastanien besser im Wald bleiben sollten

Vor allem Kinder sammeln im Herbst gern viele Kastanien. Sie eignen sich aber eher zum Basteln als zur Fütterung des Wildes.

Von Martin Skurt
 4 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Am Anger in Radebeul konnte man die vergangenen Tage massig Kastanien finden und sammeln – die meisten blieben aber auf dem Boden liegen.
Am Anger in Radebeul konnte man die vergangenen Tage massig Kastanien finden und sammeln – die meisten blieben aber auf dem Boden liegen. © Arvid Müller

Landkreis. Vielen Menschen, vor allem Familien mit Kindern, ist es wohl schon aufgefallen: Überall liegen Kastanien und Eicheln. Es ist Herbst. Nur komischerweise werden diese nicht mehr eingesammelt und zum Förster gebracht. In der Regel sammeln Kinder die Baumfrüchte, um daraus herbstliche Figuren oder anderes zu basteln. Die meisten bleiben aber liegen. Warum, das hat Sächsische.de beim Meißner Jagdverband und einem Tierparkbetreiber nachgefragt.

Christoph Statz vom Vorstand des Meißner Kreisjagdverbandes sagt, dass das Füttern von Wildtieren zunächst gemäß § 27 (4) des Sächsischen Jagdgesetzes in den meisten Fällen verboten ist. Ausgenommen sei die nicht näher definierte Notzeit. Der Deutsche Jagdverband legt sie so fest: Notzeit liegt vor, wenn das Wild während der Vegetationsruhe, insbesondere infolge hoher Schneelagen, bei Vereisung und lang anhaltenden Frostperioden, aber auch nach großflächigen Waldbränden und Überschwemmungen oder aus anderen Gründen keine oder nicht genügend natürliche Nahrung findet. "In den letzten Jahren mit den relativ milden Wintern hat diese Definition nicht gegriffen", so Christoph Statz.

Wild braucht keine Fütterungshilfe

Der Jäger sagt zudem, dass Kastanien und Eicheln am besten da aufgehoben sind, wo sie natürlich vorkommen. "Das Wild kennt die Standorte und läuft diese an." Daher sei es besser, die Waldfrüchte auch im Wald zu lassen. "Auch wenn es für die Kinder sicher eine schöne Geste ist, 'dem Wild zu helfen', und natürlich macht das Sammeln Spaß." Dem Wild könne man eher dadurch helfen, wenn man sich im Winter bei Spaziergängen ruhig verhält, die großen Wege nicht verlässt und Hunde nicht unkontrolliert laufen lässt.

Im städtischen Umfeld können Kinder und auch Erwachsene Eicheln und Kastanien in Parks sammeln. Eventuell nehmen Wildgatter oder Tierparks solche Spenden an. Das muss man allerdings vorher abklären. Sächsische Tierparkbetreiber wie Sven Näther aus Hebelei, einem Ortsteil von Diera-Zehren, sind aber eher vorsichtig. Sie verfüttern Wildfrüchte nur nach genauer Absprache, da die Afrikanische Schweinepest weiterhin präsent ist.

Kastanien und Eicheln sind giftig für Tiere

"Wir füttern und nehmen Gewöhnliche Rosskastanie, Esskastanien, Eicheln und Rot-Bucheneckern zurzeit nur im beschränkten Umfang und nach vorheriger genauer Absprache für unsere Tiere an", sagt der Leiter des Tierparks. Denn er sorge sich um seine Göttinger Minischweine und die vom Aussterben bedrohten neuseeländischen Kune-Kune-Schweine. Die Früchte müssen nachweislich von einem fest umzäunten Grundstück stammen, sodass Sven Näther sicher sein kann, dass sie keinen Kontakt zu wilden Schweinen hatten. "Die im Tierpark abgegebenen Früchte werden deshalb vor allem an unsere Schafe und Ziegen als Leckerbissen verfüttert. Auch Hirschartige mögen diese Früchte sehr gern als Winterfutter."

Was viele nicht wissen, so Sven Näther, dass die genannten Waldfrüchte für die Tiere leicht giftig sind, doch sie essen instinktiv nur wenige davon. "Anders verhält es sich mit der im milden Elbetal gut wachsenden Esskastanie", so der Tierparkleiter. "Diese sieht der zu den Seifenbaumgewächsen gehörenden Rosskastanie nur äußerlich ähnlich und ist für die meisten Tiere gut bekömmlich." Sie können auch für Vögel im Winterfutterhaus verwendet werden. Als geröstete Maronen bekannt, schmecken sie auch den Menschen.

Wenn Rosskastanien sich schon nicht als Futter eignen, könne man sie jedoch anderweitig gebrauchen. "Neben schönen Basteleien kann man zum Beispiel Kastanien-Waschmittel ganz leicht herstellen", rät Sven Näther. "Es reinigt die Kleidung auf natürliche Weise und ist biologisch abbaubar." Ein weiteres Experiment sei, mit Kastanien zu färben. "Denn früher, als es noch keine synthetischen Farben gab, hat man Rosskastanie und auch Esskastanien gern als Färbemittel verwendet." So lohnt sich die Sammelei dann doch noch.