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Durchwachsene Noten auch für die Elbbrücken im Kreis Meißen

Nach dem Teileinsturz der Carolabrücke in Dresden stellte sich die Frage: In welchem Zustand sind die Elbquerungen im Landkreis Meißen?

Von Ines Mallek-Klein
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Die Elbbrücke in Riesa wurde erst im Mai dieses Jahres kontrolliert - für rund 35.000 Euro. Ihr Zustand sei befriedigend bis ausreichend.
Die Elbbrücke in Riesa wurde erst im Mai dieses Jahres kontrolliert - für rund 35.000 Euro. Ihr Zustand sei befriedigend bis ausreichend. © Andreas Weihs

Meißen. Vier Auto- und drei Eisenbahnbrücken führen zwischen Niederwartha und der Kreisgrenze hinter Riesa über die Elbe. Sie werden, so schreibt es der Gesetzgeber vor, alle sechs Jahre einer großen Hauptuntersuchung unterzogen. Zuständig ist dafür der Eigentümer der Brücke, der die Prüfung ausschreiben und auch bezahlen muss. Im Falle der großen Elbquerungen im Landkreis sind das das Landesamt für Straßenbau und Verkehr sowie die Deutsche Bahn, die die Bahnbrücken in Meißen und Riesa betreibt.

So eine Brückenschau ist aufwendig und auch teuer. Die letzte fand bei den Elbbrücken im Mai dieses Jahres in Riesa statt. Auftraggeber war das Landesamt für Straßenbau und Verkehr (Lasuv), das auf eine damalige Presseanfrage erklärte, 35.000 Euro für die Inspektion auszugeben. Durchgeführt wird das mit einem Spezialfahrzeug mit einem blauen Brückenuntersichtgerät. Die Arbeitsplattform wird über das Brückengeländer gehoben und dann unter die Brücke geschoben.

In Riesa lohnte es sich, genau hinzuschauen. Denn die von 1998 bis 2001 für damals rund 25,5 Millionen D-Mark erbaute Brücke war zuletzt 2018 - also vor exakt sechs Jahren - kontrolliert worden, erhielt damals eine 2,3 und weise, so eine Sprecherin des Lasuv, "einen befriedigenden Bauwerkszustand auf". Die Riesa-Elbbrücke ersetzte ihre 2001 gesprengte Vorgängerin, die gerade einmal 45 Jahre stand und mit ihren nur zwei Fahrspuren dem wachsenden Verkehrsaufkommen nicht mehr gewachsen war.

Über die zuletzt 1999 und 2000 sanierte Meißner Altstadtbrücke führt die Staatsstraße 177. Das Bauwerk gehört damit in die Zuständigkeit des Landesamtes für Straßenbau und Verkehr, ebenso wie die 330 Meter lange neue Elbbrücke, die 1997 eröffnet worden is
Über die zuletzt 1999 und 2000 sanierte Meißner Altstadtbrücke führt die Staatsstraße 177. Das Bauwerk gehört damit in die Zuständigkeit des Landesamtes für Straßenbau und Verkehr, ebenso wie die 330 Meter lange neue Elbbrücke, die 1997 eröffnet worden is © Claudia Hübschmann

In Meißen führen mit der Altstadtbrücke und der neuen Elbbrücke zwei Straßen über den Fluss. Die Frage, wann diese beiden Bauwerke zuletzt kontrolliert worden sind, lässt das Landesamt für Straßenbau offen und verweist auf den Sechs-Jahres-Prüfrhythmus. Auch die genaue Benotung bleibt offen. "Alle Elbbrücken haben eine Zustandsnote, die sich zwischen 2 und 2,8 bewegt. Dies entspricht einem befriedigenden beziehungsweise ausreichenden Zustand", heißt es in der Antwort auf die Anfrage. Bereits ab 3,5 seien aber Sofortmaßnahmen nötig, beispielsweise in Form von Ab- oder Vollsperrung oder auch Beschränkungen bei der Tragfähigkeit.

Der am Mittwochmorgen in Dresden eingestürzte Teil der Carolabrücke hatte beim letzten Brücken-Tüv ein "nicht ausreichend" erreicht, was einer 3,0 bis 3,4 entspricht. Grund waren unter anderem verrostete Bewehrungen. Schäden, die ab 2025 bei dem dritten Bauabschnitt der Brücke hätten behoben werden sollen.

Ein Pfeiler der markanten Eisenbahnbrücke in Riesa ist aktuell gerade eingerüstet. Gerne hätten wir von der Deutschen Bahn erfahren, welche Instandhaltungsarbeiten dort gerade laufen, aber so schnell war das nicht in Erfahrung zu bringen. Eine Bahnsprecherin verweist auf die Brückenkarten des Unternehmens. Dort seien alle jene der insgesamt 25.000 Brücken über Straßen, Täler, Flüsse und Autobahnen vermerkt, die Teil des Modernisierungsprogramms sind. Dort ist auch die Bahnbrücke in Riesa über die Elbe aufgeführt und mit "ZK2" registriert, was darauf verweist, dass dort Sanierungsarbeiten zu planen sind. Den gleichen Eintrag haben auch die Bahnbrücken in Meißen und Niederwartha.

In der Erklärung verweist die Deutsche Bahn allerdings darauf, dass die Zustandskategorie ZK keine Aussage über die Sicherheit der jeweiligen Brücke trifft. Selbst in der schlechtesten ZK 4 seien die Brücken für einen Bahnbetrieb sicher genug, er wäre sonst gar nicht erlaubt. Und bei den Prüfintervallen ist auch die Bahn an die Vorgaben des Gesetzgebers gebunden. Alle sechs Jahre die große Kontrolle, alle drei Jahre eine kleine Überprüfung und jedes Jahr eine Sichtkontrolle, hinzu kämen außerordentliche Prüfungen, beispielsweise nach Hochwassern.

Auch die Brücke in Niederwartha fällt in die Zustandskategorie 2, d.h., es besteht keine akute Gefahr, aber Sanierungen sind zu planen.
Auch die Brücke in Niederwartha fällt in die Zustandskategorie 2, d.h., es besteht keine akute Gefahr, aber Sanierungen sind zu planen. © Claudia Hübschmann

Die Prüfungen, die bis in die 2000er-Jahre hinein übrigens vorwiegend von staatlichen Kontrolleuren übernommen wurden, sind heute weitestgehend in privater Hand. Das geht aus einem Bericht hervor, den das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung schon vor zehn Jahren veröffentlicht hat. Wurde 1997 gerade einmal jede fünfte Prüfung an private Unternehmen vergeben, waren es 2011 schon drei von vier.

Und in dem Bericht warnt das Ministerium schon damals: "Bei allen Überlegungen zur Kostenoptimierung muss der fachlichen Qualität der Bauwerksprüfungen höchste Priorität eingeräumt werden. Der Aufwand für Bauwerksprüfungen ist in der Vergangenheit bereits gestiegen. Vor allem aufgrund des alternden Bauwerksbestandes und der Zunahme der Verkehrsbelastungen ist in Zukunft mit einem weiteren Anstieg des Aufwandes bei der Bauwerksprüfung zu rechnen ... Nur mit einer fachlich hochwertigen Prüfung durch qualifizierte Ingenieure der Bauwerksprüfung können auch für die Zukunft die Standsicherheit, Verkehrssicherheit und Dauerhaftigkeit der Bauwerke gewährleistet werden."

Dass sich in einigen Fällen eine Sanierung gar nicht mehr lohnt, hat die Stadt Riesa erlebt, die im Januar 2022 die Blechbrücke zurückbaute. Sie führte vom Riesa Bahnhof über die Gleise direkt zum Stahlwerk und wurde in den 1970er- und 1980er-Jahren von dessen Beschäftigten stark frequentiert und fand trotz ihrer Baufälligkeit auch zuletzt noch viele Fürsprecher. Die Stadt hat viel Geld in die Notsicherung, unter anderem mit Fangnetzen, und regelmäßige Kontrollen investiert, bevor Ende 2020 endlich der Auftrag zum Abriss ausgeschrieben werden konnte. Im Januar 2021 begannen dann die Arbeiten, wobei sich die Deutsche Bahn und die Stadt in die Abrisskosten von vier Millionen Euro teilten. "Das tragische Unglück in Dresden bestätigt uns darin, in Riesa richtig gehandelt zu haben", so der Sprecher der Stadt, Uwe Päsler.

Die Kommunen selbst kümmern sich um ihre eigenen Brücken, von den Prüfergebnissen der großen Elbquerungen erhalten sie aber nach eigener Aussage keine Auskunft. Das gilt auch für das Wasser- und Schifffahrtsamt. "Wir werden lediglich über die Prüftermine informiert, da das einen Eingriff in den Schiffsverkehr bedeutet", sagt Helko Fröhner, der für das Schifffahrtsrecht zuständige Fachbereichsleiter in der Dresdner Behörde. "Wir sind, was die Elbbrücken betrifft, nur Kreuzungsbeteiligte", so Fröhner. Das Schifffahrtsamt selbst sorge auch für die Sicherheit auf dem Wasserweg, allerdings betreffe das vor allem die Kontrolle der Fahrrinne.