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Die schwebende Brücke von Meißen

Auf der Bahnstrecke zwischen Meißen und Coswig wird eine über 150 Jahre alte Stahlbrücke erneuert. Das bedeutet auch mehr Verkehr auf Ausweichstrecken.

Von Ines Mallek-Klein
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Der Brückeneinschub ist Millimetersache. 60 Meter liegen zwischen Montageort und Gleisstrang. Die Ingenieure brauchten gut zwei Stunden, um das tonnenschwere Bauteil mittels Hydraulik voranzuschieben.
Der Brückeneinschub ist Millimetersache. 60 Meter liegen zwischen Montageort und Gleisstrang. Die Ingenieure brauchten gut zwei Stunden, um das tonnenschwere Bauteil mittels Hydraulik voranzuschieben. © Claudia Hübschmann

Landkreis. Familie N. ist in Radebeul zu Hause. Sie lebt in Altkötzschenbroda, nicht weit von den Bahnschienen entfernt und hat in den letzten Wochen ein paar unruhige Nächte hinter sich. Schuld seien die Güterzüge, die in den Abendstunden seit Tagen vermehrt über die Trasse rollen, teilweise gleich mehrere hintereinander.

Eine Nachfrage bei der Deutschen Bahn ergab, dass ein Teil dieses erhöhten Zugaufkommens mit einer Baustelle in Meißen zu tun hat. Dort wird seit vergangenem Sonnabend an einer Bahnbrücke im Steinweg gebaut. Die Bahnstrecke musste entsprechend gesperrt werden und wird das aller Voraussicht auch noch bis zum kommenden Donnerstag, 26. September, bleiben. Ab 4.30 Uhr sollen, so alles planmäßig läuft, wieder die Züge rollen.

Langjährige Planungen vor dem Brückenbau

Die alte Stahlbrücke am Steinweg stammt aus dem Jahre 1868. Über 150 Jahre hat sie treue Dienste geleistet, jetzt soll sie durch eine Brücke aus Stahlbeton ersetzt werden. Die wiegt insgesamt 1.300 Tonnen und steht schon seit einigen Tagen für den Einbau bereit. Am Mittwochnachmittag wurde das mächtige Bauwerk eingehoben, zehn Meter lang und gut 4,60 Meter hoch, verlangte es Fingerspitzengefühl von den Technikern.

Das Brückenbauwerk wurde vormontiert und stand dann 60 Meter von seinem endgültigen Standort entfernt. Es wurde Meter um Meter vorangeschoben und dann in Gleislängsrichtung eingehoben. Im Zuge der Baumaßnahme wurde die Straße übrigens begradigt und sei nun für die Autofahrer deutlich besser einsehbar. Der Verlauf der Bahntrasse selbst blieb unverändert.

Dem Bau sind übrigens langjährige Planungen vorausgegangen. Bereits Ende 2016 habe man begonnen, die Baustelle zu planen. Die Baukosten liegen bei rund fünf Millionen Euro und auch für die alte Stahlbrücke gibt es eine Verwendung. Sie soll recycelt werden.

Der Schienenersatzverkehr klappt, aber nicht immer

Nachdem die Brücke eingehoben ist, muss der Anschluss der Gleise noch erfolgen. Die Bauarbeiten werden also in den nächsten Tagen weitergehen. Für Berufspendler und Schüler bedeutet das längere Fahrzeiten und auch Geduld. Die Deutsche Bahn und der Verkehrsverbund Oberelbe haben zwischen Meißen und Coswig einen Schienenersatzverkehr eingerichtet. Die Busse haben aber geänderte Abfahrtszeiten und fahren beispielsweise in Meißen deutlich früher ab, um in Coswig den Anschluss an die S-Bahn zu bekommen.

Das klappt, aber nicht immer. Vor allem am Montag herrschte im Meißner Berufsverkehr durch die halbseitige Sperrung der Altstadtbrücke Ausnahmezustand. Diese Baustellenabsperrung ist mittlerweile wieder verschwunden. Der Bau der Brückenauffahrt von der Altstadtseite soll nun erst nach dem Weinfest in Angriff genommen werden, wenn sich auch das Elbehochwasser wieder zurückgezogen hat. Neu ist auch der Umstieg am Meißner Bahnhof für alle die, die weiter in die Meißner Altstadt oder in das Triebischtal wollen.

Die Sperrung der Bahnstrecke führe dazu, dass Züge von Coswig über Radebeul, Dresden-Neustadt und die Marienbrücke bis zum Dresdner Hauptbahnhof umgeleitet werden, so eine Bahnsprecherin. Dabei baue man gleich an mehreren Stellen in der Region, nicht nur am Steinweg in Meißen. Saniert wird das Dach des Dresdner Hauptbahnhofs, zudem würden mehrere Bahnübergänge auf der Strecke zwischen Dresden-Friedrichstadt und Cossebaude umgebaut werden, und am Hauptbahnhof in Dresden entsteht ein Kreuzungsbauwerk neu. "Das ist nötig, damit Züge auch in Zukunft verlässlich und pünktlich fahren können", so eine Bahnsprecherin.

Das Thema Bahnlärm im Elbtal ist kein neues. Schon 2019 haben Münchner Planer in einer Machbarkeitsstudie Maßnahmen zusammengefasst, wie die Lautstärke minimiert werden könnte, wobei sich die Anwohner vor allem von den Fahr- und Bremsgeräuschen belästigt fühlten. Die Cargobetreiber wurden also angehalten, ihre Waggons mit neuer Bremstechnik auszurüsten, die teilweise gefördert wurde. Auch Lärmschutzwände wurden empfohlen, unter anderem für die bahnnahen Areale in Coswig. Ob die Maßnahmen ausreichen, werde gerade geprüft. Im Auftrag des Bundes erstelle man ein Lärmgutachten, dessen Ergebnisse 2025 erwartet werden, heißt es vonseiten der Deutschen Bahn.

Die Deutsche Bahn lädt übrigens zu einem Baustellenfest ein. Am Freitag, 20. September, könnten Interessierte die Baustelle zum "Tag der Schiene" besuchen. Zwischen 13 und 17 führt ein Projektteam die Besucher durch die gesperrten Gleisanlagen und erläutert die Arbeiten.