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Sind Bäume plötzlich eine Gefahr fürs Schlossprojekt Reinsberg?

Das Landratsamt Mittelsachsen erteilt die Baugenehmigung für den Umbau des Schlosses Reinsberg. Doch es gibt neue Probleme - und die Zweifel an der Bauherrin bleiben.

Von Ulf Mallek
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Schloss Reinsberg von oben: Die Bäume sind dicht am Schloss, kommen den Schlossdächern aber nicht zu nahe.
Schloss Reinsberg von oben: Die Bäume sind dicht am Schloss, kommen den Schlossdächern aber nicht zu nahe. © Architektenbüro Knut Hauswald

Reinsberg/Meißen. Der Brief vom 4. Juli 2024 aus dem Landratsamt Mittelsachsen an die Bauherrin löste im Haus des Meißner Architekten Knut Hauswald etwas Freude aus. Endlich. Er hatte immer gehofft, dass es klappt, aber so ganz sicher war er sich nicht. Und nun doch. Er hielt die Baugenehmigung für die Sanierung der historischen Schlossanlage Reinsdorf bei Wilsdruff in der Hand.

Die Hintergründe für seine Zweifel sind gar nicht so sehr fachlich begründet, sondern liegen vor allem an der Person der Bauherrin. Mathilda Huss ist Betreiberin der Villa Adlon in Potsdam. Das Anwesen - und damit auch dessen Chefin - kamen in Verruf, als sich dort im Dezember 2023 rechte Verschwörungsideologen getroffen haben. Das spendenfinanzierte Recherchenetzwerk Correctiv berichtete groß darüber.

Allerdings gab es auch Kritik an der Darstellung der Journalisten von Correctiv. Man warf ihnen mangelnde Faktendarstellung vor. Einige Beteiligte des Treffens haben Anzeige erstattet. Inzwischen ist der Bericht mehrmals überarbeitet worden und es kam auch zu Gerichtsverfahren, mit unterschiedlichem Ausgang.

Die Kritik an Mathilda Huss erwies sich allerdings als ziemlich beständig. Öffentlich wurden ihr rechtsextreme Positionen vorgeworfen, was sie stets zurückwies. Das Landratsamt Mittelsachsen rang sich jetzt dennoch zu der Baugenehmigung durch. Die Gebührenrechnung über 18.031,50 Euro schickte es gleich mit.

Forstliche Interessen über dem Denkmalschutz

Reinsbergs Bürgermeister Markus Buschkühl sieht das Projekt wohl eher pragmatisch. So viele Jahrhunderte steht das Schloss schon und es wird noch viele weitere Jahrhunderte stehen. Es sei wichtig, dass es endlich saniert wird.

Doch die Freude der Beteiligten war nur von kurzer Dauer. Rund vier Wochen später, am 9. August, schickte das gleiche Amt einen weiteren Brief an die Bauherrin. "Die Prüfung Ihres Bauvorhabens hat ergeben, dass nach gegenwärtiger Einschätzung keine Ausnahme vom erforderlichen Waldabstand erteilt werden kann." Die Bäume seien zu dicht am Schloss, würden es gefährden. Das könnte dazu führen, dass trotz Baugenehmigung nicht gebaut werden kann.

Architekt Hauswald antwortet, dass die Gebäude des Schlosses die Baumkronen der angrenzenden bewaldeten Hänge bei Weitem überragen. Die Burgmauern seien stabil und sehr stark. Eine Gefährdung der Dächer sei nicht zu befürchten, weil diese viel zu hoch liegen. Eine Gefährdung der Mauern sei ebenfalls nicht zu befürchten. Hauswald: "Es handelt sich um ein besonders wichtiges und schützenswertes Baudenkmal, dessen Erhalt im überregionalen öffentlichen Interesse steht. Ein Rückbau, wie Ihr Schreiben impliziert, ist nun die für den Eigentümer einzig verbleibende Möglichkeit." Sollten tatsächlich die forstlichen Interessen über denen des Denkmalschutzes stehen?

Es gibt forstfachliche Bedenken

Das Landratsamt bemüht sich um Zurückhaltung. Eine Baugenehmigung wurde erteilt, teilte Landratssprecher Andre Kaiser Sächsische.de mit. Allerdings liege die von der "Baugenehmigungsbehörde parallel zu entscheidende Waldabstandsgenehmigung der Antragstellerin noch nicht vor. Wegen forstfachlicher Bedenken wurde die Antragstellerin zur beantragten Ausnahme angehört." Dabei handele es sich um eine baunebenrechtliche Entscheidung.

Der scheidende Landrat Dirk Neubauer (parteilos) hatte sich zuvor kritisch zu diesem Projekt geäußert. "Wenn es so ist, worauf die Recherchen in Verbindung mit der Eigentümerin hindeuten, dann wollen wir ein derartig genutztes Objekt hier nicht haben", so sein Statement. Jetzt gibt er sein Amt bereits zum 30. September auf. Nach Angaben des Landratsamtes begründete Neubauer seinen raschen Rückzug mit neuen Anfeindungen gegen seine Person.

Kritik an Bauherrin berechtigt oder aufgebauscht?

Bauherrin Mathilda Huss will ihr Projekt nicht aufgeben, sondern am liebsten sofort losbauen. "Natürlich würde ich gerne anfangen. Das Schreiben wegen der Bäume klingt allerdings so, als ob es nicht einfach aus der Welt zu schaffen sein wird", teilt sie mit. Ein Jurist habe ihr erklärt, dass man schon erfolgreich dagegen vorgehen könne, es aber Zeit benötige. Leider seien die strittigen Bäume nicht ihre Bäume.

Die Sorge vieler in der Region war es und ist es noch, das Schloss könnte ein Treffpunkt Rechtsextremer werden. Ein brauner Pilgerort gar. Vor vier Jahren wollte die Identitäre Bewegung das Objekt genau mit diesem Ziel kaufen. Deshalb war die Freude in Reinsberg zunächst groß, als Mathilda Huss sich als neue Eigentümerin öffentlich vorstellte. Dann kamen die Zweifel an ihrer Person.

Aber einige im Dorf sagen auch, die Kritik an Frau Huss sei aufgebauscht. Die Einwohner sollten sich freuen, dass jemand Geld in die Hand nimmt und das Schloss wieder aufbaut. Die Gemeinde kann das nicht. Huss sagt, sie möchte aus der historischen Schlossanlage ein Hotel mit 60 Betten, eine Tagungsstätte mit Saal für 120 Personen und Gastronomie sowie einem Café für Besucher machen. Das Projekt kostet sie Millionen. Ob es noch eine Chance hat?