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Zoom Meissen: Der Stadtrundgang für Instagrammer

Die Stadt Meißen hat die Stadtführung auf clevere Art und Weise in die digitale Welt gehievt. Wer sich darauf einlässt, wird zum Schluss sogar belohnt – ganz analog.

Von Andre Schramm
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Christina Czach, Chefin der Tourist-Information Meißen, ist begeistert vom Audioguide "Zoom Meissen". Mit Prospekten will man auf das neue Angebot aufmerksam machen.
Christina Czach, Chefin der Tourist-Information Meißen, ist begeistert vom Audioguide "Zoom Meissen". Mit Prospekten will man auf das neue Angebot aufmerksam machen. © Claudia Hübschmann

Meißen. Stadtführungen durch Meißen wurden bisher von ortskundigen, geschichtsaffinen und bisweilen humorvollen Mitmenschen erledigt. Daran wird sich in Zukunft auch nichts ändern. Allerdings bekommen die klassischen Rundgänge nun Gesellschaft aus der digitalen Welt. Eine PWA namens "Zoom Meissen" wurde am Donnerstag vorgestellt. PWA? Nie gehört!

"Ehrlich gesagt ging es mir am Anfang auch genauso", gibt Christina Czach, Leiterin der Meißner Tourist-Info, zu. Sie war am Projekt maßgeblich beteiligt, und musste zunächst selbst erst einmal durch die Begrifflichkeiten steigen. PWA, so erzählt sie heute, stehe für "Progressive Web App". Einfach formuliert handelt es sich um eine Webseite, die viele Eigenschaften der herkömmlichen App besitzt. Einen App-Store braucht man dafür jedoch nicht. Der Besuch der entsprechenden Webseite reicht völlig. Im konkreten Fall nennt sich die Internetadresse www.zoommeissen.de.

Dahinter versteckt sich ein Audioguide für Social-Media-affine Menschen, die unsere Stadt per Smartphone kennenlernen möchten. Der Nutzer bekommt eine Straßenkarte der Altstadt präsentiert. Darauf sind acht Stationen markiert. Die Tour startet am Heinrichsbrunnen, verläuft über den Kleinmarkt, den Markt, die Frauenkirche, die Superintendenturstufen hin zur Freiheit und dem Domplatz. Ende des Rundgangs sind die Amtsstufen. Da die Karte GPS-tauglich ist, weiß der Besucher jederzeit, wo er sich gerade befindet.

Das Schwein in der Türmerstube

Für jede der acht Stationen wurde eine Audiodatei produziert. Mit Laufzeiten zwischen einer und drei Minuten wird die Geduld der jungen Touristen auch nicht sonderlich überstrapaziert. Trotzdem erfährt man allerhand: Beispielsweise, dass der Kleinmarkt früher zu den verruchtesten Ecken in Meißen zählte oder ein Schwein zeitweise in der Türmerstube der Frauenkirche lebte. Auch die Legende mit den Sommersprossen wird in diesem Zusammenhang erwähnt. Die angenehme Sprecherstimme gehört Katharina Schuh vom Weingut Schuh (Sörnewitz). Daneben verteilt der Dresdner Fotograf Rene Gaens nützliche Tipps für gute Fotomotive. Das ist wichtig, für später. Beispielbilder werden auch gleich mitgeliefert. Neben Katharina Schuh standen dafür die beiden Influenzer Sabrina und Kash vom Reiseblog "Budget Traveller" Modell.

Das Konzept dazu hatte die Stadt 2021 beim Wettbewerb "Sachsen geht weiter" eingereicht und sich gegen alle Mitbewerber durchgesetzt. "Zugegeben, wir sind nicht immer vorn dabei", sagt Markus Renner. "Dieses Mal sind wir aber die ersten im Freistaat mit einem derart innovativen Angebot", freut sich der Bürgermeister. Finanziert wurde die Entwicklung über das Preisgeld (25.000 Euro). Zuständig dafür war die Agentur "Move Elevator" (NRW), die auch einen Standort in Dresden unterhält.

Kostenlose Postkarte in die echte Welt

"Die derzeit acht POI* können perspektivische noch erweitert werden", sagte Projektleiterin Nora Hommel. Die Integration weiterer Funktionen sei ebenso möglich. Dass man sich für eine PWA und keine APP entschieden habe, habe mehrere Gründe. Eine App-Entwicklung ist wesentlich teurer. "Darüber hinaus ist man auch den Regularien der App-Store-Plattformen unterworfen. Änderungen und Erweiterungen sind mit dem PWA-System viel schneller möglicher als in einer App", erklärte die Projektleiterin weiter. Ein weiterer Vorteil der digitalen Stadttour: Man muss sich nicht nach Terminen richten.

Wer auf Nummer sicher gehen will, kann vor dem Rundgang sämtliche Daten, die benötigt werden (rund 110 Megabyte), auf das Smartphone laden. "In Meißens engen Gassen sieht es mit dem Empfang manchmal nicht so gut aus", begründet Christina Czach die Funktion. Der Gag des digitalen Stadtführers kommt ganz zum Schluss.

Nutzer können aus den Fotos, die unterwegs entstanden sind, ihr Lieblingsbild auswählen und es als richtige Postkarte an Freunde oder Verwandte schicken. Über eine entsprechende Eingabemaske besteht zudem die Möglichkeit für ein paar liebe Grüße. Den Postkartenversand übernimmt die Firma Streuwerk. Derlei Service-Dienstleistungen kosten aktuell drei Euro und mehr. Für die Nutzer von Zoom Meissen ist die ganze Angelegenheit kostenlos. Finanziert wird das Angebot durch die Stadt. Sie selbst profitiert am Ende auch davon: authentisches Stadtmarketing.

Insgesamt dauert die Tour nur 40 Minuten. Christian Friedel, Chef des städtischen Amtes für Stadtmarketing, Tourismus und Kultur, sprach von einem Pilotprojekt, das perspektivisch erweitert werden soll – nicht nur inhaltlich. Aktuell ist die Tour in deutscher und englischer Sprache verfügbar. Später sollen noch Polnisch, Tschechisch und Niederländisch folgen.

*Points of Interest: (Ziele)