Partner im RedaktionsNetzwerk Deutschland
Merken

Lomma kämpft mit den Altlasten

Die Vorgänger haben den Ruf der traditionsreichen Firma ruiniert. Doch langsam wächst das Vertrauen der Kunden wieder.

Teilen
Folgen
NEU!
© Claudia Hübschmann

Von Jürgen Müller

Lommatzsch. Horsch ist zurück. Der Hersteller spezieller Landtechnik für den Ackerbau aus dem bayerischen Schwandorf war über Jahre der wichtigste Kunde der Lomma GmbH. „Im Jahr 2008 machte Horsch 85 Prozent unserer Aufträge aus. Wir waren abhängig von der Firma“, sagt der kaufmännische Leiter der Lomma Jürgen Mosch. Die Abhängigkeit zeigt sich auf fatale Weise, als Horsch nach der Insolvenz als Kunde ausfiel. Doch seit einiger Zeit sind die Schwandorfer wieder Geschäftspartner der 2014 neu gegründeten Lomma GmbH.

Nachdem der Belgier Marc van Goey die insolvente Lomma gekauft hatte, ging es stetig aufwärts. Doch die Lommatzscher haben mit dem schlechten Ruf, den die Vorgänger hinterlassen haben, noch immer zu kämpfen. „Unser Hauptproblem sind die ideologischen Altlasten. Wir haben lange überlegt, ob wir den Namen Lomma beibehalten, weil er nach drei Insolvenzen negativ belastet war. Letztlich haben wir uns für den traditionellen Namen entschieden. Doch es ist schwer, das verlorengegangene Vertrauen der Kunden zurückzugewinnen. Das können wir nur durch hohe Qualität und absolute Termintreue erreichen“, sagt Betriebsleiter Mathias Hiekel während eines Besuches des Meißner Bundestagsabgeordneten Thomas de Maizière (CDU). Bisher ist das der neuen Lomma sehr gut gelungen. Die Firma steht auf soliden Füßen, hat derzeit 82 Mitarbeiter, davon sieben Lehrlinge. Der Umsatz steigt langsam, aber stetig. Betrug er 2014 in einem halben Jahr 400 000 Euro, so waren es im Vorjahr schon 5,2 Millionen Euro. In diesem Jahr sind sechs Millionen Euro angepeilt. „Herr van Goey hat alles mit eigenem Geld finanziert, also keine Kredite aufgenommen. In diesem Jahr sind wir erstmals in der Lage, Geld zurückzuzahlen. Wenn das ins Laufen kommt, sind die Standards und die Arbeitsplätze gesichert“, so der Betriebsleiter und Prokurist. Und nicht nur das. In etwa drei Jahren könnte die Firma zwischen 100 und 110 Mitarbeiter haben, einen Umsatz von acht Millionen Euro erwirtschaften, so sein Ziel.

Hiekel hat vieles umgekrempelt. Vor 2013 tummelten sich in der Firma 52 Unternehmensberater. „Die haben dem damaligen Chef nach dem Mund geredet und Unsummen an Geld kassiert. Wir haben keinen einzigen Unternehmensberater mehr, nutzen die Ideen der eigenen Kollegen“, sagt Mathias Hiekel.

Auch von anderen Gewohnheiten hat sich die Firma getrennt. So ist sie nicht mehr auf großen Messen wie der Hannovermesse präsent. „Das ist für uns unbezahlbar. Wir konzentrieren uns auf regionale Messen wie die Agra in Leipzig“, so der Betriebsleiter.

80 Prozent der Belegschaft haben schon vorher in der alten Lomma beziehungsweise der später gegründeten Nachfolgefirma LST Maschinenbau Lommatzsch gearbeitet, die ebenfalls insolvent ging. Das hat einerseits den Vorteil, dass es sich um erfahrene Mitarbeiter handelt. Andererseits ist der Altersdurchschnitt hoch. Eine Verjüngung ist unumgänglich. Das Ausbilden und Einstellen von Lehrlingen ist ein Schritt dazu. Dabei ist die Lomma in einer komfortablen Situation. Sie kann sich die Lehrlinge aussuchen. Für die drei Stellen, die neu besetzt werden, gab es zehn Bewerber.

Die Lomma ist ein wichtiger Arbeitgeber in der Stadt neben Schollglas und Elbtal. Die meisten Mitarbeiter kommen entweder aus der Stadt selbst oder aus einem Umkreis von 20 Kilometern.

Nicht alles ist in der vergangenen gut vier Jahren gelungen. So sollte das Grundstück, das die Vorgänger an einen Schweizer Fonds verkauft hatten, zurückerworben werden. Doch die Preisvorstellungen der Eigentümer sind undiskutabel. So ist die Lomma weiterhin Mieter. Auch die Idee, ein anderes Gelände in der Stadt zu erwerben und die Firma dorthin umzusiedeln, hat sich zerschlagen.

Die Lomma hat nicht nur alte Kunden zurückgewonnen, sondern auch neue Märkte erschlossen. So übernahm sie von der insolventen Firma Mohn aus Großschirma die Produktion von Wiesenwalzen, stellte einen Konstrukteur der Firma ein und entwickelte das Produkt technisch weiter. Die Lomma stellt jetzt auch Kettenlaufwerke für die österreichische Firma Lindner her. Diese Firma ist auf Recyclingtechnik spezialisiert.

Einen Großteil machen auch Lohnfertigungen aus. Diese betreffen vor allem Lackier-, Sandstrahl und Schweißarbeiten.

Zehn bis zwölf Lkw, darunter auch 40-Tonner, fahren die Lommatzscher Firma täglich an. Das ist zwar nicht übermäßig viel, dennoch ein Problem. Denn die Infrastruktur ist schlecht. Die Staatsstraße 85 ist im Raum Mertitz noch immer nicht fertig gebaut. Rund ein Kilometer fehlt noch. Der hat es aber in sich. Die Lkw müssen in Mertitz eine enge 90-Grad-Kurve nehmen. Da passt nur ein Lkw hindurch. Wenn sich zwei begegnen wird es schwierig. „Viele Fahrer nehmen deshalb nicht den kürzesten Weg zur Autobahn Richtung Nossen, sondern quälen sich durch Meißen und fahren dann Richtung Großenhain“, sagt Mathias Hiekel. Er würde gern Transporte auf die Schiene verlegen, ein Gleisanschluss ist da. Doch der wird nicht genutzt. „Die Kunden wollen nicht die Bahn nehmen, weil sie zu langsam und zu unflexibel ist“, sagt er. Trotz aller Probleme schaut er optimistisch in die Zukunft. Auch Bürgermeisterin Anita Maaß (FDP) ist sehr zufrieden. „Das erste Mal nach vielen Jahren und zwei Insolvenzen habe ich den Eindruck, dass die Firma grundsolide und hochprofessionell geführt wird“, sagt sie.