Partner im RedaktionsNetzwerk Deutschland
SZ + Löbau

Ohne diese Truppe säßen die Menschen buchstäblich in ihrem eigenen Dreck

Die Firma Berndt aus Löbau ist Spezialist für Abwasserleitungen - und sogar beim Denkmalschutz gefragt.

Von Markus van Appeldorn
 5 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Die Truppe vom Rohr- und Kanalservice Berndt in Löbau macht da sauber, wo's richtig schmutzig ist.
Die Truppe vom Rohr- und Kanalservice Berndt in Löbau macht da sauber, wo's richtig schmutzig ist. © Rafael Sampedro/foto-sampedro.de

Was die Truppe von Unternehmer Michael Berndt (38) in Löbau erledigt, ist im Wortsinne anrüchig. Im Bewusstsein der Menschen sind sie nicht präsent wie der lokale Bäcker, Metzger oder Friseur. Und wenn es irgendwie geht, möchte man sie auch nicht daheim haben. Aber gäbe es sie nicht, ginge ganz schnell nichts mehr. Denn ohne diese Truppe säßen die Menschen buchstäblich in ihrem eigenen Dreck. Berndts Firma reinigt, inspiziert und saniert bei Bedarf Abwasserrohre und Kanäle - und das mit Hightech meist unsichtbar im Untergrund. Jetzt feiert der Rohr- und Kanalservice Berndt in Löbau sein 30. Jubiläum - mit einem großen Fest.

Wie wenig sich die meisten mit Berndts Dienstleistung beschäftigen, zeigt eine Frage, die er oft jungen Leuten stellt: "Hattest Du heute schon mit Abwasser zu tun?" Und als Antwort erntet er meistens nur Schulterzucken. Dabei: Im Durchschnitt verbraucht jeder Deutsche täglich 128 Liter Wasser, ob beim Händewaschen, Duschen, Spülen oder eben auch beim Toilettengang. Und einmal durch den Abfluss gegangen oder die Toilette hinuntergespült, ist jeder einzelne dieser 128 Liter Abwasser. Und für diese Materie hat Michael Berndt auch einen flotten Werbespruch, der auf seinen Fahrzeugen prangt: "Abwasser? Läuft mit uns".

"Unsere Spielwiese"

Berndt und seine Truppe haben ein beinahe niedliches Verhältnis zu ihrem Beruf. "Von der Toilette bis zur Kläranlage - das ist unsere Spielwiese", sagt er - man könnte es auch "Spülwiese" nennen. Aber wenn Abwasser erst gar nicht mehr bis zur Kläranlage gelangt, bekommt es so mancher schneller mit Berndts Spülwiese zu tun als ihm lieb ist - eben weil vielen Menschen die einfachsten Abwasserregeln nicht bewusst sind. "Essensreste, Damenhygiene-Artikel oder auch die allseits beliebten Feuchttücher - das alles sind Sachen, die in der Toilette nichts zu suchen haben und den Verschmutzungsgrad erhöhen", erklärt er. Dann ist so ein Hausabfluss ganz schnell dicht und das Abwasser kommt am falschen Ende heraus.

"Wir können Rohre von acht Zentimeter bis zwei Metern Durchmesser", sagt Berndt. Dafür steht auf seinem Hof in der Herwigsdorfer Straße ein Flotte von elf Hightech-Fahrzeugen mit modernster Spül- und Pumptechnologie - und das ist nur der kleinere Teil des Familienunternehmens. "Damals 1990 hat mein Vater Dietmar mit einem einzigen Fahrzeug in Dresden angefangen", erinnert er sich. Beide Eltern stammen aus der Oberlausitz, hatten sich aber damals nach dem Studium der Wasserwirtschaft von Dietmar Berndt in Leningrad (heute wieder St. Petersburg) in Dresden niedergelassen, wo der Vater 1990 in die Selbständigkeit startete. Er ließ damals von einem Zeichner der Defa-Studios auch das Firmenlogo entwerfen: ein rotes verknotetes Rohr.

Schon damals prägte Michael Berndt das Wortspiel "spielen" und "spülen". "Ich war stolz wie Bolle und habe in der Kita erzählt: Wir haben daheim einen Spülwagen. Die anderen Kinder fanden das ganz toll, weil sie immerzu verstanden, dass wir einen Spielwagen daheim hätten", erinnert er sich lachend. 1993 gründete Dietmar Berndt dann auch seinen Betriebsteil in Löbau. Der größere Teil ist immer noch in Kesselsdorf bei Dresden ansässig. "Unser eigentliches Jubiläum wäre im Oktober 2023 gewesen - aber wir wollen lieber im Sommer feiern", sagt er. Vor einigen Jahren übernahmen Michael und sein älterer Bruder Matthias gemeinsam die Geschäftsführung vom Vater.

Denkmalschutz-Einsatz in Dresdens ältestem Kanal

Natürlich sind Notfalleinsätze eher die Ausnahme - der Hauptteil der Arbeit besteht in der turnusmäßigen Reinigung und Kontrolle von Rohren und Kanälen etwa für Versorger. Dafür muss die Firma kein Rohr freilegen, keinen Kanal aufbuddeln. "Wir reinigen abschnittsweise von Zugang zu Zugang erst mit Hochdruck", erklärt er. Dann fährt ein automatisch gesteuerter Kamerawagen durch Rohre, um etwa Beschädigungen festzustellen. "So ein Fahrzeug kostet mit seiner Technik 600.000 Euro", erklärt Berndt. Kleinere Reparaturen kann die Firma auch selbst erledigen. Dafür wird ein Kanalrohr im ganzen Durchmesser mit einer Kunststofffolie ausgekleidet, die unter UV-Licht aushärtet. "Wir sind einer der ganz wenigen Anbieter dieser Technologie", sagt Berndt. "Wir sind auch Umweltdienstleister, weil wir verhindern, dass Abwasser in die Umwelt gelangt", erklärt er.

Die Expertise des Kesselsdorfer Teils der Firma war vor einigen Tagen auch bei einem Spezialeinsatz in Dresden gefragt - zum Denkmalschutz gewissermaßen. Unter der Schinkelwache ganz nahe der Semperoper verläuft Dresdens ältester noch genutzter Abwasserkanal - beinahe 500 Jahre alt. Zeit für die Firma, hier mal zum Großreinemachen anzurücken. 40 Kubikmeter Unrat holte die Firma dabei aus dem historischen Untergrund.

Mit diesem Fahrzeug fing alles an - schon damals mit dem verknoteten Rohr als Firmenlogo.
Mit diesem Fahrzeug fing alles an - schon damals mit dem verknoteten Rohr als Firmenlogo. © privat
Der fast 500 Jahre alte Kanal wird von der Kesselsdorfer Rohr- und Kanalservicefirma Berndt gereinigt.
Der fast 500 Jahre alte Kanal wird von der Kesselsdorfer Rohr- und Kanalservicefirma Berndt gereinigt. © Peter Hilbert
So sieht der historische Kanal unter der Sophienstraße jetzt aus.
So sieht der historische Kanal unter der Sophienstraße jetzt aus. © Peter Hilbert, René Meinig
Die Kesselsdorfer Berndt-Truppe: die Techniker Mario Hahn und Frank Seidel, Geschäftsführer Mathias Berndt und Maschinist Maik Leonhardt (v.r.)
Die Kesselsdorfer Berndt-Truppe: die Techniker Mario Hahn und Frank Seidel, Geschäftsführer Mathias Berndt und Maschinist Maik Leonhardt (v.r.) © Peter Hilbert
Oben an der Schinkelwache war von dem Einsatz kaum etwas zu sehen.
Oben an der Schinkelwache war von dem Einsatz kaum etwas zu sehen. © Peter Hilbert, René Meinig

Den wohl originellsten Einsatz aber hatte die Firma vor einigen Jahren in Löbau. "Von einem Bachlauf aus war eine Katze in ein Regenabflussrohr gelaufen - und hat dann schnell bemerkt, dass das keine gute Idee war", erzählt Michael Berndt. Die Grundstückseigentümer hörten zwar ein flehendes Miauen aus dem Regenrohr - aber helfen konnte nicht einmal die Feuerwehr. "Wir haben von oben eine Kamera in die Dachrinne eingeführt und die Katze so dazu bewegt, rückwärts zu laufen, was Katzen normalerweise nicht tun", erklärt er.

  • Feier: Am 1. Juni - dem Weltkindertag - lädt die Firma alle Interessierten zum großen Fest auf ihr Gelände an die Herwigsdorfer Straße. "Für Kinder gibt es viele Belustigungen wie etwa Kinderschminken, für die Erwachsenen Vorführungen unserer Hightech", sagt Berndt.