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Warum Petra Mühlchen jetzt Kurse in Spanien gibt

Die Neugersdorfer Kunsthandwerkerin hat Kontakte zu einer Schule in Sevilla geknüpft. Nun sollen spanische Jugendliche ins Oberland kommen. Sie sieht darin auch Lösungen für den Fachkräftemangel.

Von Andrea Thomas
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Petra Mühlchen bei ihrem Flechtkurs an einer deutschen Schule in Sevilla.
Petra Mühlchen bei ihrem Flechtkurs an einer deutschen Schule in Sevilla. © privat

Gerade erst ist Petra Mühlchen mit vielen positiven Eindrücken und noch mehr Motivation im Gepäck aus Spanien zurückgekehrt. Dort hat die Neugersdorferin am Collegio Alemán in Sevilla mehrere Flechtkurse geleitet. Es sei ein voller Erfolg gewesen, obwohl es anfangs gar nicht danach ausgesehen habe. Sie erzählt, dass sie zwar das gesamte Material für die Workshops rechtzeitig mit GLS an die Schule verschickt hätte, doch dort angekommen ist es nicht. Die Kurse deshalb einfach abzusagen, war keine Option für die bekannte Oberländerin, die ihr Unternehmen Hamaca Design betreibt.

Als geübte Meisterin der Improvisation hat sie für unvorhersehbare Notfälle immer eine Menge Arbeitsmaterial in ihrem Koffer. Doch in diesem Falle musste sie besonders gut damit haushalten, damit jeder der 150 Kursteilnehmer etwas davon abbekam. „Gemeckert hat trotzdem keiner“, erklärt sie und lobt die Disziplin der Schüler, die mit Inbrunst und Freude an der Sache Muscheln sowie Gläser in Ketten eingeflochten haben. Richtige kleine Kunstwerke seien auf diese Weise entstanden, schwärmt die Designerin.

Horizont erweitern und Neuland erobern

Wie aber kam die Kunsthandwerkerin aus dem Oberland überhaupt zu diesem Job am Collegio Alemán? Eine ganz zufällige Begegnung im Sommer dieses Jahres habe den Ausschlag dafür gegeben, erzählt sie. Als sie sich am Strand von Malaga mit ihrer Flechtkunst beschäftigte, sah ihr eine Fremde eine Weile zu und wollte dann wissen, ob man diesen tollen Schmuck, der gerade im Entstehen war, irgendwo kaufen könne. Beide Frauen hätten schnell gemerkt, dass man auf einer Wellenlänge sei, bekennt die kreative Deutsche. Bald wusste sie, dass ihre neue Bekannte gebürtige Moskauerin ist, Olga Koreneva heißt und als Dozentin für Sprachen in Sevilla an der Pablo de Olavide Universität arbeitet. Bevor die Russin nach Spanien ging, hatte sie viele Jahre in Deutschland gelebt. Als Vorsitzende des in Andalusien ansässigen Germanistenverbandes unterstützt sie jetzt unter anderem deutsche Schulen in Spanien.

Aus verschiedenen Materialien gestaltete sie mit den Jugendlichen Schmuckstücke.
Aus verschiedenen Materialien gestaltete sie mit den Jugendlichen Schmuckstücke. © privat

Bei einem gemeinsamen Essen wurde die Freundschaft der beiden Frauen besiegelt und zur Erinnerung schenkte ihr Petra Mühlchen die gerade gefertigte Kette. Als Olga Koreneva das Schmuckstück bei einem Kulturevent, zu dem das deutsche Konsulat geladen hatte, trug, wurde sie immer wieder auf das attraktive Flechtcollier angesprochen. Kurze Zeit später bekam Petra Mühlchen den entscheidenden Anruf mit der Frage, ob sie sich vorstellen könnte, in Sevilla Flechtworkshops zu geben. Ohne lange zu überlegen, sagte die Unternehmerin zu. Sie glaubt an eine tiefere Bedeutung von Zufällen, die dem Leben die Richtung weisen, sagt sie.

Außerdem ist Petra Mühlchen überzeugt: "Wir müssen unseren Horizont erweitern und jenseits der Grenzen Neuland erobern, um andere Kulturen kennen und verstehen zu lernen. Darin sehe ich großes Potenzial für unsere Zukunft."

Arbeit mit spanischen Jugendlichen fortsetzen

An der deutschen Schule in Sevilla habe man sie mit offenen Armen empfangen. "Eine Welle der Wärme und Sympathie überrollte mich bereits bei der ersten Begegnung mit der Schulleiterin des Collegio Alemán, Annika Herrmann, die mich unterstützte, wo sie nur konnte. Ich kam mir vor wie in einer großen Familie. Alle waren unglaublich nett, steckten mir mal Apfelsinen, mal Schokolade zu", sagt Petra Mühlchen mit einem Anflug von Sentimentalität.

Diese von Herzen kommenden kleinen Gesten zeigten ihr, dass sie hier willkommen ist. Aufgrund der großen Nachfrage vonseiten der Schüler und Lehrer sind für das kommende Frühjahr weitere Workshops in Sevilla geplant. Darüber freut sich Petra Mühlchen, denn die Arbeit mit den Jugendlichen hat ihr großen Spaß gemacht. Gern möchte sie diese Zusammenarbeit fortsetzen und intensivieren.

Seit 2012 zieht es sie immer wieder nach Spanien. Sie liebt das Land. Vor allem mit den lebensfrohen Menschen fühlt sie sich verbunden, weil ihnen nichts zu bunt oder zu laut ist. Deshalb hat sie Sprachkurse besucht, was ihr nicht nur privat, sondern jetzt auch beruflich zugutekommt.

Gerade wieder zurück in der Heimat spricht sie über ihre Visionen. Dabei verweist sie auf konkrete Pläne und bereits geknüpfte Kontakte. Unter anderem schwebt ihr ein Sommercamp mit Flechtkursen für spanische Jugendliche vor. Dieses soll nicht etwa in Spanien stattfinden, sondern in Neugersdorf. Auf diese Weise möchte Petra Mühlchen jungen Europäern die schöne Oberlausitz schmackhaft machen. "Wir brauchen uns nicht verstecken, sondern können stolz sein auf unsere Kultur mit den einzigartigen Umgebindehäusern in einer landschaftlich reizvollen Umgebung", stellt sie klar und bekräftigt ihre Meinung, dass internationaler Tourismus in der Stadt eine Menge bewegen könnte. Für Schulen oder anderen sozialen Einrichtungen biete sich die Möglichkeit einer Beteiligung an dem Projekt. Auf dieser Basis wäre die Entwicklung von Schulpartnerschaften durchaus vorstellbar.

Die gelernte Korbmacherin vertraut auf die Jugend und deren Offenheit. "Jeder kann von anderen lernen, nicht nur bei der gemeinsamen Arbeit. In verschiedenen Branchen werden bei uns händeringend Fachleute gesucht, die anderswo keine Arbeit finden oder einfach nur Lust auf neue Herausforderungen haben."