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Herrnhuter Sterne fordern 1,1 Millionen Euro von Manufaktur-Erbauern

Die Manufaktur in Herrnhut ist ein Publikumsmagnet und der ganze Stolz der "Sternelei". Doch gab es hier massiven Pfusch am Bau? Das soll ein Gericht klären.

Von Markus van Appeldorn
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Die Manufaktur der Herrnhuter Sterne in Herrnhut mit ihrem Café und Bastelstübchen ist einer der größten Publikumsmagneten der Region.
Die Manufaktur der Herrnhuter Sterne in Herrnhut mit ihrem Café und Bastelstübchen ist einer der größten Publikumsmagneten der Region. © Rafael Sampedro/foto-sampedro.de

Die Herrnhuter Sterne gehören nicht nur zur DNA der Stadt - der Neubau der Manufaktur mit Besucherzentrum, Bastelstübchen und Café gehört auch zu den absoluten Publikums-Magneten im Süden des Landkreises. Gerade zum Tag der offenen Tür oder im Advent kommen die Besucher hier busweise und stehen Schlange für die begehrten Sterne. 2,75 Millionen Euro hat der 2011 eröffnete Bau damals gekostet. Aber laut einer Klage, die die Herrnhuter Sterne GmbH aktuell vor dem Landgericht Görlitz ausficht, soll es damals gehörig Pfusch am Bau gegeben haben. Die "Sternelei" fordert nämlich - so das Gericht auf SZ-Anfrage - nicht weniger als 1,1 Millionen Euro von dem Architekturbüro und zwei anderen Firmen, die den Bau damals errichtet haben.

Nicht weniger als fünf Anwälte und ein Sachverständiger drängen sich zu dem Prozesstermin am Dienstagmorgen in Saal E29 des Landgerichts, der für so viele Beteiligte eigentlich gar nicht ausgelegt ist. Allein Sterne-Geschäftsführer Oskar Scholz ist mit zwei Anwälten erschienen. Ein unangemessen teurer Aufwand, für eine Sache, die eigentlich längst klar und entschieden sein sollte, findet er offensichtlich, spricht von "zehn hoch bezahlten Menschen", die hier zusammengekommen seien.

Seit 2013 schwelt der gerichtliche Streit nun - und klar ist: Die drei beklagten Unternehmen samt ihrer Anwälte halten das kein bisschen für unangemessen. Schließlich fordern sie, sämtliche Forderungen abzuweisen.

Die unendliche Mängelliste der "Sternelei"

Hauptbeklagt ist das Dresdner Architekten-Büro "HF Architektur" - ein durchaus renommiertes Unternehmen seiner Branche. In den Referenzen auf der Internetseite finden sich etwa so prominente Projekte wie die Millionen teure Sanierung der sogenannten "Kavalierhäuser" von "Aschenbrödel"-Schloss Moritzburg bei Dresden, Bauten für etliche Hochschulen und historische städtische Architektur-Schmuckstücke, sogar der Neubau des Archivs der Brüder-Unität in Herrnhut - die bei einem breiten Publikum ungleich bekanntere Manufaktur der Herrnhuter Sterne fehlt in dieser Referenzliste.

Die von der Sterne-Manufaktur vorgetragene Mängelliste ist lang. Da geht's etwa um einen Brennstoffkessel, Toiletten, Wasserleitungen, einen Fettabscheider in der Cafeteria, Kälteleitungen und Wärmeabfuhr, Heizkörper oder auch offenbar für Mitarbeiter gedachte Sanitäreinrichtungen wie Duschen bis hin zu Handtuchspendern. Mit den Jahren haben sich offenbar einige dieser Streitpunkte erledigt oder Mängel wurden beseitigt - nicht immer zur Zufriedenheit der Sterne-GmbH. So sei etwa ein technischer Mangel an verbauten Heizkörpern beseitigt worden. Aber allein den verbleibenden "optischen Mangel" der technischen Lösung beziffert der vom Gericht bestellte Gutachter auf 95 Prozent des diesbezüglichen Forderungswertes.

Sterne-Anwalt wirft Gericht Verfassungsbruch vor

Für großen Streit zwischen einem der Sterne-Anwälte und der Richterin sorgt einer der letzten großen Punkte, der "sommerliche Wärmeschutz" des Gebäudes. Die Richterin äußerte die rechtliche Auffassung, dass, selbst wenn ursprünglich mal ein Mangel vorgelegen habe, weil ein Teil der eigentlichen Planung nicht ausgeführt worden sei, dieser Mangel sich jedenfalls nicht realisiert habe und daher nicht zu berücksichtigen sei. In der Entgegnung des Anwalts darauf wird klar, dass dieser Prozess aller Wahrscheinlichkeit nach nicht beim Landgericht Görlitz enden wird, sondern vor einer höheren Instanz. "Die höchstrichterliche Rechtsprechung wird Ihnen nicht folgen", sagte der Anwalt. Er habe Zweifel an der Art der Beweisaufnahme und warf der Richterin vor, Gutachten nicht beachtet oder ausreichend gewürdigt zu haben.

"Das ist verfassungsrechtlich höchst bedenklich. Es geht um ein Verfassungsgebot, das Sie missachten", warf er der Richterin vor. Das brachte die Richterin dann schon einigermaßen auf die Palme. "Sie können hier nicht sitzen und mir vorwerfen, ich hätte irgendetwas nicht gemacht", sagte sie - selbstverständlich habe sie sämtliche Gutachten gelesen und entsprechend gewürdigt. Mit einem baldigen Frieden ist in diesem Prozess auch nach zehn Jahren Dauer nicht zu rechnen. Eine Entscheidung kündigte die Richterin für den 22. August an.