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Güterzug-Schussfahrt in den sicheren Tod

Vor 100 Jahren versagten beim Rangieren in Grund-Georgenthal plötzlich die Bremsen. 27 Waggons rasten über 5 Kilometer lang ohne Kontrolle rückwärts bis zum Bahnhof Warnsdorf. Ein Bremser verunglückte tödlich.

Von Bernd Dreßler
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Der Katastrophenort bot ein verheerendes Bild. Hier werden aus einem Güterwagen gerade Samtrollen der Warnsdorfer Textilfirma Theisig geborgen.
Der Katastrophenort bot ein verheerendes Bild. Hier werden aus einem Güterwagen gerade Samtrollen der Warnsdorfer Textilfirma Theisig geborgen. © Foto: Museum Varnsdorf

Hat da jemand, aus einer Spielzeugschachtel Eisenbahnwagen in die Gegend geworfen, könnte man bei einem flüchtigen Blick auf ein Bild des Warnsdorfer Fotografen Smrczek fragen. Nein, die Aufnahme zeigt kein Spielzeug, sondern die schlimmen Folgen eines Bahnunglücks, das vor 100 Jahren in den Abendstunden des 14. Juli 1924 in der Bahnstation GrundGeorgenthal bei Warnsdorf seinen Anfang nahm. Alles begann ganz normal: Der um 20.50 Uhr in Warnsdorf abgefahrene Güterzug Nr. 1554 mit Ziel Tetschen (Decin) rumpelte zunächst mit 17 Waggons, sechs davon beladen, nach Niedergrund (Dolni Podluzi). Dort wurden ihm zehn weitere Güterwagen angehängt. Ein Waggon stand noch aus. Er sollte gegen 21.30 Uhr in der nächsten Station Grund-Georgenthal (Jiretin pod Jedlovou) aufgenommen werden. Das ging nicht ohne Rangieren. Fast der gesamte Güterzug wurde abgekoppelt, damit die Lok den betreffenden Wagen holen konnte. Aber die abgestellte Wagenschlange fand nur zum Teil auf dem ebenen Stationsteil Platz. Der Rest „parkte“ auf Richtung Warnsdorf bergab gehenden Schienen. Und da passierte es: Plötzlich setzten sich 27 Wagen in Bewegung, nahmen Fahrt auf, wurden schnell und schneller, um schließlich nach fünf Kilometer Fahrt mit 80 Sachen durch den Bahnhof Warnsdorf H zu donnern.

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