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SZ + Löbau

Darum ist der Löbauer Berg so beliebt und berühmt

Der Gusseiserne Turm wird 170. Er ist ein Grund, dass der Löbauer Berg so anziehend ist. Ein Phänomen mit viel Natur, Vergnügungen, Nobelpreisträgern und Sagenhaftem.

Von Anja Beutler
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Herr Tammer und sein Turm-Buch.
Herr Tammer und sein Turm-Buch. © Rafael Sampedro/foto-sampedro.de

Für Hubertus Tammer ist der Löbauer Berg ein Schatz. Seit der Kindheit zieht es ihn regelmäßig dorthin. "Beim Steinernen Meer haben wir gespielt, uns Höhlen gebaut", erinnert sich der heute 82-Jährige an die Abenteuer auf der mit Geröll bedeckten, welligen Fläche, die man unterhalb des Berghäusels sehen kann. Gleich drei Einkehrmöglichkeiten gab es damals mit Berghäusel, Honigbrunnen und Turmgaststätte noch, erinnert sich der Löbauer. "Da haben wir am Wochenende immer unsere Limonade getrunken - und das nicht für drei Euro", schildert er schmunzelnd.

Einen ganz besonderen Löbauer-Berg-Schatz hat Tammer aber zu Hause liegen: ein kleines rotes Büchlein, neun mal 13,5 Zentimeter groß und original aus dem Jahr 1854. "Das Buch hat mein Ur-Ur-Großvater Friedrich Hilbig vom Finanzier des Gusseisernen Turmes, Friedrich August Bretschneider, persönlich erhalten", sagt Tammer. Bretschneider, ein ebenso tüchtiger Löbauer Bäckermeister wie technikbegeisterter Zeitgenosse, war mit Tammers Vorfahr gut bekannt. Kein Wunder, denn Friedrich Hilbig war Getreidehändler in Hochkirch und der Bäcker zählte zu seinen Kunden.

Ein Geschenk des Bäckermeisters

Bretschneider war offenbar so stolz auf "seinen Turm", dass er nach der Eröffnung selbst ein kleines Buch verlegte, geschrieben von einem Autor namens Borott mit allem, was man zu Berg und Turm wissen muss. Das schenkte er seinem Bekannten und Geschäftspartner zusammen mit einem Bierkrug mit entsprechender Gravur zur Turmeinweihung am 9. September 1854. Diese Geschichte hat in Tammers Familie die Jahrzehnte überdauert. Gleich auf den ersten Seiten des roten Büchleins hat sein Vorfahre damals mit geschwungener Handschrift vermerkt: "Borott geschrieben 1854. F. Hilbig".

Seine Berg-Begeisterung teilt Hubertus Tammer heute mit vielen Löbauern. Da ist sich Museums-Mitarbeiterin Hannah Knittel sicher: "Unsere Besucher haben zum Berg wirklich viel zu erzählen, sie berichten gern über ihre Erinnerungen", sagt sie. Vor rund einer Woche ist im Museum in der Johannisstraße eine Ausstellung mit dem vielversprechenden Namen "Schätze des Löbauer Berges" eröffnet worden. Das Thema spricht offensichtlich viele Löbauer an - gerade jetzt zum 170. Geburtstag, bestätigt Knittel.

Es muss für Löbau immer der Turm sein: als touristisches Hinweisschild ...
Es muss für Löbau immer der Turm sein: als touristisches Hinweisschild ... © Archiv: Rafael Sampedro
...  als Maskottchen bei Festen in Löbau ...
... als Maskottchen bei Festen in Löbau ... © Archiv: Matthias Weber
... und als beliebtes Motiv, wie hier Ende 2023.
... und als beliebtes Motiv, wie hier Ende 2023. © Jens Kaczmarek

Sie und ihr Kollege Friedrich Fasold haben eine bunte Mischung zusammengestellt - weil ja für jeden der Berg auf eine andere Weise ein Schatz ist: Es gibt Landkarten und alte Fotos - unter anderem vom zweiten Gipfel, dem Schafberg noch ohne Sendemast. Es gibt DDR-Handtücher mit dem Turm mit eingewebtem Motiv, einen Kräuterschnaps der Marke "Eiserner Löbauer" von Lippert in Löbau, der rund ein Vierteljahrhundert alt ist, originale Gusseisen-Teile vom Turm, die nach der Sanierung aufbewahrt worden sind und ein großes Modell des alten Berghäusels zu sehen. Und es gibt sogar "Falsch-Nachrichten" zum Turm, die das Museum gern geraderückt.

Der Berg ist ein Sagenschatz für Löbau

Den Sagen des Löbauer Berges widmet das Museum einen ganz eigenen Raum, gestaltet vom Löbauer Künstler Steffen Rimpl. Für vier der vielen Sagen haben sich die Ausstellungsmacher entschieden. Natürlich ist die Geschichte des Geldkellers, der eisernen Reserve der Stadt, darunter. "Wir haben uns dabei generell für Versionen entschieden, die sanftere Gemüter nicht beunruhigen", sagt Hannah Knittel mit Blick auf Familien, wohl wissend, dass nicht alle Geschichten früher gut ausgegangen sind.

Als außergewöhnliche Geschichte taugt der König-Friedrich-August-Turm auch heute noch gut: Zu seinem eigentlichen 170. Geburtstag, am 9. September, sendete der Radiosender Bayern 2 ein "Kalenderblatt", wo er ausführlich die Geschichte erzählt: "Weltweit einziger gusseiserner Aussichtsturm in Löbau eröffnet." Dabei steht Löbaus Wahrzeichen sozusagen in einer Linie mit dem Eiffelturm in Paris. Ob der Turm wirklich weltweit eine solche Sonderstellung hat - oder doch "nur" in Europa so einzigartig ist - da würde sich Hubertus Tammer nicht festlegen wollen. Aber zu entdecken gibt es rund um den Turm auch heute noch einiges. Eine prominente Verbindung gewissermaßen: So ist der Physiker und Nobelpreisträger Klaus von Klitzing ein Nachfahre von Ludwig von Klitzing, der als Besitzer des Eisenhütten- und Emaillierwerkes in Bernsdorf für den Bau des Turmes verantwortlich war. Die drei Bergfreunde nahmen vor Jahren Kontakt zum Nobelpreisträger auf, der sich freute, dass nun ein Weg am Berghäusel nach seinem Urahnen benannt ist - dank der drei Bergfreunde.

"Für jeden birgt der Löbauer Berg einen anderen Schatz", sagt auch Hannah Knittel vom Museum. Für den einen seien es Geschichte und Geschichten, für den anderen die Natur und die Erholung. Tammer und seine Bergfreunde gehen nach wie vor noch jeden Sonntag an den Berg oder zum Gipfel, hier und da reparieren und säubern sie markante Gedenksteine oder Wegmarken, bauen Bänke für den Gipfel, wie beispielsweise am Berghäusel. Auch von dort - nicht nur vom Turm - hat man nach wie vor eine tolle Aussicht, getreu dem Motto des Turmstifters: "Je weiter der Blick, desto freier das Herz."