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Herrnhut: Wie es mit dem Welterbe-Titel weitergeht

Für die Stadt beginnt mit der Ernennung die eigentliche Arbeit erst richtig. Wer sie macht, worum es geht und was das für die Herrnhuter bedeutet.

Von Anja Beutler
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Herrnhuts Bürgermeister Willem Riecke sieht im Welterbe-Titel eine Chance für seine Stadt.
Herrnhuts Bürgermeister Willem Riecke sieht im Welterbe-Titel eine Chance für seine Stadt. © Deutsche Unesco-Kommission

Die Unesco hat Herrnhut gemeinsam mit Bethlehem in den USA und Gracehill in Nordirland neu auf die Welterbe-Liste aufgenommen. Anerkannt wird damit die außergewöhnliche Siedlungsgeschichte der Orte, die - von Herrnhut ausgehend - weltweit gegründet wurden. Herrnhuts Bürgermeister Willem Riecke (Herrnhuter Liste) erklärt nun, was Herrnhut nach der Ernennung tun muss und worauf sich die Herrnhuter und die Region einstellen können.

Herr Riecke, haben Sie denn schon eine Ernennungsurkunde erhalten?

Nein, die Urkunden werden erst Mitte Oktober übergeben - in Bethlehem, in den USA. Wir müssen sie uns dann schon dort abholen. Dass das so ist, liegt an unserer transnationalen Bewerbung, bei der Bethlehem der Initiator war.

Sie haben nach der Ernennung gesagt, mit dem Titel kommt Arbeit auf Herrnhut zu. Was müssen Sie tun?

Wir haben in unserer Bewerbung aufgeschrieben, was wir künftig tun wollen. Zunächst gilt es, einen Welterbe-Manager für Herrnhut zu ernennen, der auch hier vor Ort seinen Sitz hat. Dafür wird es eine Stellenausschreibung geben. Gemeinsam mit einem Team soll er dann alles das bearbeiten, was der Unesco-Titel verlangt.

Und was ist das?

Es gibt verschiedene Aufgaben, die von der Unesco gefordert werden - von der touristischen Entwicklung bis zur Bildungsarbeit. Das muss alles anlaufen. Es müssen jährliche Monitoring-Berichte verfasst werden, in denen beispielsweise darüber Auskunft gegeben wird, wie der Zustand des von der Unesco unter Schutz gestellten Stadtbereiches aktuell ist und wie er geschützt wird. Es geht auch um Veränderungen bei Verkehrsstrukturen oder auch Gäste- und Übernachtungszahlen, um die Entwicklung der Sozialstruktur in Herrnhut, aber auch - wir haben ja den Gottesacker und die Lindenallee mit dabei - um Klima und Umweltschutz. All das muss regelmäßig der Unesco berichtet werden, ebenso aber auch, wenn wir gegen problematische Entwicklungen Gegenmaßnahmen ergreifen müssen.

Wer bezahlt das alles?

Das bezahlt im Wesentlichen der Freistaat. Für die Welterbestätten gibt es ja gewisse Vertragsbestimmungen, die von der Bundesrepublik gegenüber der Unesco erfüllt werden müssen. Bei unserem föderalen System ist der Freistaat hier zuständig.

Über Herrnhut ist jetzt deutschland- und weltweit berichtet worden - auch in den Abendnachrichten. Viel Aufmerksamkeit also. Sind Sie vorbereitet, wenn jetzt mehr Gäste kommen?

Wir gehen nicht davon aus, dass jetzt auf einen Schlag deutlich mehr Besucher kommen. Das war auch bei den anderen Welterbestätten nicht so. Grundsätzlich sind wir vorbereitet, wir haben ja bereits einen neuen Touristenparkplatz am Ortsausgang Richtung Zittau gebaut. Und mit der Touristinformation der Stadt und der Gästearbeit der Herrnhuter Brüder-Unität haben wir bereits Strukturen und feste Bausteine, die wir Touristen hier vor Ort präsentieren. Das ist alles da. Dass sowohl am Kirchsaal als auch am Völkerkundemuseum derzeit gebaut wird, ist aktuell ein bisschen unglücklich, aber das ist nur eine Frage der Zeit.

Sie werden keine speziellen Führungen oder Reiseangebote machen?

Wir haben ja in Herrnhut keine Pyramiden herumstehen. Das, was wir präsentieren können, zeigen wir auch jetzt schon. Und mit Blick auf spezielle Angebote und eine überregionale Vermarktung haben wir bereits Kontakte mit der Marketinggesellschaft Oberlausitz-Niederschlesien (MGO) und der Tourismusgesellschaft Sachsen (TMGS), da werden wir in der nächsten Zeit einiges besprechen. Eine Webseite mit allen Welterbestätten gibt es bereits. Wir wollen generell natürlich keine enttäuschten Menschen zurücklassen, aber andererseits muss die Vermarktung auch zu uns passen und darf das Welterbe nicht gefährden.

Mit dem Muskauer Park im Kreis Görlitz und der Montanregion Erzgebirge gibt es in Sachsen drei Welterbe-Stätten. Arbeiten Sie denn zusammen?

Wir haben noch keine intensivere Zusammenarbeit bislang, aber das ist geplant und gewünscht. Treffen werden wir uns demnächst sicherlich: Wir wollen alle mal nach Herrnhut einladen.

Herrnhut ist gemeinsam mit den Partnergemeinden in den USA, Dänemark und Nordirland Welterbe. Müssen Sie untereinander sich jetzt auch weiter abstimmen?

Natürlich, wir haben einen internationalen Managementplan, wollen uns auch transnational vermarkten. Wir schalten uns regelmäßig zu Sitzungen zusammen, besprechen da auch gemeinsame Probleme. Denn, wenn einer aussteigt, fällt alles zusammen.

Welche Auswirkungen hat das Ganze nun auf die Einwohner?

Da ändert sich im Alltag nichts - und auch nicht beim Bauen im geschützten Kernbereich: Das Denkmalschutz-Recht galt und gilt weiterhin. Aber vielleicht ergibt sich für den ein oder anderen Unternehmer eine neue Perspektive.