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Welterbe-Stadt: Einzige Gaststätte in Herrnhuts Zentrum schließt

Jahrelang hat die Betreiberin des Hutbergkellers Personal und Nachfolger gesucht - ohne Erfolg. Wo man in Herrnhut noch essen gehen kann.

Von Anja Beutler
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Sylvia Kauerauf am Tresen in ihrem Hutbergkeller. Am 29. September hat sie das letzte Mal geöffnet.
Sylvia Kauerauf am Tresen in ihrem Hutbergkeller. Am 29. September hat sie das letzte Mal geöffnet. © Rafael Sampedro/foto-sampedro.de

Es ist ein Abschied mit ellenlanger Ankündigung: Seit vergangenem Jahr zeichnet sich immer klarer ab, dass Sylvia Kauerauf den Herrnhuter "Hutbergkeller" schließen wird. Hauptgrund dafür ist der Personalmangel in ihrer Gaststätte: Zuletzt war sie mit ihrem Koch und einer Beiköchin zu dritt - teilweise sogar nur zu zweit, weil es krankheitsbedingte Ausfälle gab. Wie ein Damoklesschwert schwebte jedoch schon länger der September 2024 über dem Lokal: Das nämlich ist der Monat, in dem ihre langjährige Mitarbeiterin in den Ruhestand geht. Und zu zweit, sagt Kauerauf, sei das auf Dauer nicht zu schaffen.

Ein Ersatz, neue Kollegen waren nie wirklich in Sicht: "Personal suche ich schon seit mindestens zehn Jahren", sagt sie. Hoffnung, dass sich da noch was tue, hatte sie schon lange nicht mehr. Deshalb suchte sie zuletzt verstärkt auch nach einem Nachfolger, der vielleicht bereits Angestellte hat. "Da hat sich aber leider auch nicht wirklich etwas getan", bilanziert sie die vergangenen Monate. Und deshalb ist jetzt klar: Der 29. September wird wirklich der letzte Tag sein, an dem sie den "Hutbergkeller" öffnet. Danach gehen sie und ihr Koch Franz Kittan neue berufliche Wege.

Mangelware: Klassische Speisegaststätte

Dafür hat Tomáš Hulín in Berthelsdorf abends mitunter etwas länger geöffnet. Bei ihm ist von Montag bis Mittwoch Ruhetag, an den anderen Tagen aber jeweils von 11 bis 14 Uhr und von 17 bis 21 beziehungsweise 22 Uhr geöffnet. "Ich mache das mit meinem Onkel zusammen", erklärt er. Mehr Personal gibt es auch bei ihm nicht, sagt der 28-Jährige, aber sie schaffen das. Im Krankheitsfall - so wie in den vergangenen Tagen - bleibt die Gaststätte eben geschlossen. "Ab nächster Woche läuft alles wieder normal", sagt er.

Gasthaus "Drei Linden": Gastronomiejob unattraktiv

Normal ist bei Familie Müller im Gasthaus "Drei Linden", dass die Gäste zuvor reservieren. Nicht nur an den Tagen, an denen es keine regulären Öffnungszeiten gibt - auch Freitagabend, Sonnabend und Sonntagmittag, wenn geöffnet ist. Letzteres sei zwar kein Muss, gebe aber allen mehr Sicherheit, erklärt die Wirtin. Auch sie betreibe die Gaststätte mit ihrem Mann allein. Personal zu finden - das sieht sie wie Sylvia Kauerauf - sei so gut wie unmöglich. Unbeliebt sei der Job vor allem, weil man immer dann arbeiten muss, wenn andere freihaben. Bei Müllers rückt nun die Rente näher, auch wenn es noch keinen konkreten "Termin" gebe. "Aber wir suchen schon nach einem Nachfolger", sagt die Wirtin.

Diese Suche hat Sylvia Kauerauf jetzt eingestellt. Ihr letzter Tag im Hutbergkeller werde der 29. September, der Sonntag, sein, sagt sie. Und nein, etwas Besonderes werde man nicht vorbereiten. Natürlich schmerze sie der Abschied nach fast 20 Jahren. "Aber ich habe in der Dresdener Ecke einen neuen Job in einem kleinen Hotel und beginne einen neuen Lebensabschnitt", sagt sie. Auch ihr Koch habe wieder einen Job. Und der Hutbergkeller? Für den suche jetzt ihr Vermieter einen Nachfolger, erklärt Kauerauf. Das Inventar bleibe jedenfalls erst einmal drin.