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"Danke, Tschüss und Bye Bye": Warum die Fichtelschänke in Friedersdorf schließt

Nach dem 31. Dezember gibt's keinen Gastro-Betrieb mehr. Hier verrät Inhaberin Grit Adler ihre Gründe - und erzählt von ihrem neuesten Projekt.

Von Fabian Schaar
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Wirtin Grit Adler steht vor ihrem Lebenswerk: Nach 38 Jahren an der Spitze der Fichtelschänke schließt sie demnächst ihre Gaststuben. Aber: Über einen Nachfolger würde sie sich freuen.
Wirtin Grit Adler steht vor ihrem Lebenswerk: Nach 38 Jahren an der Spitze der Fichtelschänke schließt sie demnächst ihre Gaststuben. Aber: Über einen Nachfolger würde sie sich freuen. © Rafael Sampedro/foto-sampedro.de

Normalerweise locken auf der Kreidetafel Angebote, heute steht Grit Adler damit vor ihrer Fichtelschänke in Friedersdorf: "Ich habe fertig", hat die Inhaberin darauf geschrieben. Den Gastro-Betrieb möchte sie in ihrem Lokal nach dem 31. Dezember einstellen. Dabei ist die Fichtelschänke gut besucht, mittwochs zum "Schnitzeltag" strömen die Gäste nur so in das Lokal: In der Spitze hat Adler eigenen Angaben zufolge satte 309 Schnitzel verkauft - an einem Tag. Doch die Gastwirtin hat ihre Gründe, warum Ende Dezember trotzdem der "letzte Tango" ist, wie sie sagt.

"Mein Leben besteht nur aus Funktionieren"

Selbst am Ruhetag hat Grit Adler kaum Ruhe, halb sieben geht es los: Ihre Pensions-Gäste wollen Frühstück, die Wäsche muss gerollt werden und es gilt, die Küchenvorräte aufzustocken. Dazu kommt natürlich noch der Bürokram. Am Ende würden Grit Adler vom Ruhetag noch gut zwei Stunden Freizeit bleiben, überschlägt sie. "Mein Leben besteht nur aus Funktionieren", bedauert sie. Zu ihrem Partner habe die 1964 Geborene dann irgendwann gesagt: "Wenn das mit uns funktioniert, gibt es nach der Gaststätte auch noch ein normales Leben." Jetzt soll es also so weit sein.

Es ist aber nicht nur der Stress, vor allem mit der Politik ist sie unzufrieden. Ihrer Meinung nach setze die Regierung in Berlin völlig falsche Prioritäten: "Ich habe keinen Bock mehr, diese Politik mit meiner Arbeitskraft zu unterstützen, welche sich vorrangig um das Wohl von Faulpelzen, Sozialleistungsschmarotzern und Kriegstreiberei beschäftigt und unser hart verdientes Geld in alle Welt verstreut", sagt Adler. Schon mit den Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie war sie nicht immer einverstanden.

Adler verärgert noch heute, dass der Mehrwertsteuer-Satz auf Essen in Restaurants Anfang des Jahres wieder auf 19 Prozent angehoben wurde. Läge er noch bei sieben Prozent, würde sie 3.400 Euro pro Monat sparen. Und Frust über gestiegene Preise bekommt die Wirtin als Erste ab: "Was mich jetzt im Laufe der letzten zwei Jahre geärgert hat, war, dass die Leute wirklich frech werden." Ein Gast habe zum Beispiel zu ihr gesagt: "Du musst doch schon im Stehen schlafen, weil dein Geld nicht mehr unters Kopfkissen passt." Nicht gerade motivierend.

Ein Familienbetrieb - seit 150 Jahren

Die Fichtelschänke ist ein Familienbetrieb: Vor 150 Jahren, im April 1874 hat Adlers Urgroßvater Carl Traugott Dießner das Lokal übernommen. Er prägte auch den heutigen Namen "Fichtelschänke". Dießners Urenkelin führt das Gasthaus nun schon seit 38 Jahren. Leicht war das nicht immer, zum Beispiel Anfang der 90er-Jahre: "Nach der Wende war ja Gastronomie ein ganz hartes Eisen", erinnert sich Adler. In zwei Wochen habe sie damals manchmal bloß 1.500 D-Mark eingenommen. An einem guten Sonntag übertrifft sie das heute mehrfach. Und inzwischen hat sie ihre Schänke auch ganz schön ausgebaut: Mal wurden die Fremdenzimmer eingerichtet, mal die Terrasse überdacht, mal die Küche saniert. Im Juni 2023 hat Adler einen Radler-Schuppen eingeweiht. Fahrradfahrer können ihn heute als Unterschlupf nutzen.

Mit all den Maßnahmen hat sich die Wirtin zeitweise hoch verschuldet. Ihr damaliger Versicherer habe ihr 2002 geraten: "Grit, du musst dir irgendetwas einfallen lassen, ein Zugpferd" - der Schnitzeltag war geboren. Lange Zeit zahlten Gäste mittwochs pauschal fünf Euro für ihr Schnitzel, jetzt liegt die Pauschale bei zehn Euro. "Das hat mich nicht alleine rausgeboxt", erinnert sich Adler. Aber der Schnitzeltag lockt die Leute. Heute ist Adler schuldenfrei. Und nun wüsste sie ihr Lebenswerk gern in guten Händen: "Ich würd's gerne weitergeben, an eine Familie oder ein Ehepaar, die motiviert sind, das zu tun", sagt die Wirtin.

Steht die Fichtelschänke nächstes Jahr leer?

Übrigens: Auch nach dem 31. Dezember wird es noch nicht ganz still in der Fichtelschänke. Denn die Fremdenzimmer möchte Adler auch weiterhin vergeben. Den Radler-Schuppen soll man noch nutzen können und auch einen Party- und Lieferservice will Grit Adler auf die Beine stellen. Und ihre freie Zeit weiß sie schon jetzt zu nutzen: "Ich schreibe an einem Buch", erzählt Adler. Kurzweilig soll es werden, mit Episoden aus ihrem Berufsleben.

Einmal hätten sich zum Beispiel Geschäftsleute bei ihr zum Essen verabredet, mit dabei der Chef aus Berlin. Wer da in ihrer Gaststube saß, habe Adler nicht gewusst. Einer der Männer wollte zum Schnitzeltag unbedingt Brokkoli auf seinem Teller sehen – eine Herausforderung für die Küche. Als der dann Brokkoli zurückging, ist Adler selbst an den Tisch gegangen: Kann ja nicht sein, dass jemand nicht aufisst, dem man gerade seine Extrawünsche erfüllt hat. Adler habe schon gedroht, dem Herrn den "Arsch zu versohlen." Der Chef von weit her habe da nur gesagt: "Also wenn ich gewusst hätte, dass sie den Leuten den Arsch versohlen, die was auf dem Teller lassen, dann hätte ich auch nicht aufgegessen." Material hat die Wirtin wohl genug. Aber wie ihr Buch am Ende heißen soll, will sie noch nicht verraten: "Das ist alles noch am Kochen!"