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Vor der Landtagswahl: Sachsens Parteien sagen, wie sich die Kultur entwickeln soll

Die Landeskulturverbände in Sachsen haben die Parteien nach ihrer künftigen Kulturpolitik befragt. Einige Parteien haben nicht reagiert. Eine war ziemlich rigoros.

Von Bernd Klempnow
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Seit Jahren ein Kulturerfolg in Sachsen, dass Kinder Instrumentalunterricht bekommen: Das Archivfoto zeigt die Fünfklässler Selina und Martha 2013 in Moritzburg.  Selina an der Geige und Martha am Klavier: Nicht unbedingt die empfohlene Haltung am Instrum
Seit Jahren ein Kulturerfolg in Sachsen, dass Kinder Instrumentalunterricht bekommen: Das Archivfoto zeigt die Fünfklässler Selina und Martha 2013 in Moritzburg. Selina an der Geige und Martha am Klavier: Nicht unbedingt die empfohlene Haltung am Instrum © Archiv: kairospress

Kunst und Kultur, das wusste schon Dichterfürst Johann Wolfgang von Goethe, seien immer auch ein Spiegelbild der Zeit. Besonders wurde dies wieder einmal in den Krisen der vergangenen Jahre deutlich, als etwa die Pandemie erst alles lähmte und dann Sonderprogramme einen Boom an Produktionen auslöste, der das zunächst zögerliche Publikum überforderte. Längst hat sich die Situation normalisiert, haben die Auslastungen wieder Vor-Corona-Niveau.

Freilich steht die Gesellschaft vor neuen Herausforderungen etwa durch den demografischen Wandel in den kommenden Jahrzehnten, die Veränderungen in der Bevölkerungsstruktur und des Stadt-Land-Gefüges.

Wie sich nun die zur Landtagswahl antretenden Parteien diese Entwicklung der sächsischen Kulturlandschaft vorstellen, wollte deshalb die große Interessengemeinschaft der Landeskulturverbände im Freistaat wissen.

Das Festspielhaus Hellerau ist ein Podium für kommerzielle Ensembles und freie Künstler.
Das Festspielhaus Hellerau ist ein Podium für kommerzielle Ensembles und freie Künstler. ©  Archiv René Meinig

Der Grund: Die Verbände – etwa der Sächsische Musikrat, der Museumsbund, der Verband der Kultur- und Kreativwirtschaft – stehen für eine bürgernahe und partizipatorische Kultur. 1.600 Einzelkünstler und 2.500 Mitgliedseinrichtungen, -verbände und -institutionen werden durch die IG Landeskulturverbände vertreten. Die Nutzer von deren Angeboten sind in Sachsen nach mehreren Millionen zu zählen.

BSW und Freie Wähler schweigen

Seit Januar 2024 wurden folgende Parteien in Sachsen zu Themen wie Kulturentwicklungsstrategie, Kultur im ländlichen und urbanen Raum sowie faire Vergütung angefragt: AfD, BSW, Bündnis 90/Die Grünen, CDU, Die Linke, FDP, Freie Wähler und SPD. Das Wagenknecht-Bündnis und die Freien Wähler haben auf die Anfragen nicht reagiert. Die FDP erst diese Woche.

Die teils sehr ausführlichen, teils recht schwammigen Antworten, die teilweise den Parteiprogrammen widersprechen, zu diesen sogenannten Wahlprüfsteinen sind auf der Seite der Landeskulturverbände veröffentlicht. Jeder kann sich selbst ein Bild machen.

Auf die Frage nach einer Kulturentwicklungsstrategie verweist beispielsweise die CDU auf die avisierte Evaluation der Kulturförderung und des Kulturraumgesetzes im kommenden Jahr. Ähnlich sieht es die SPD, die zudem die dauerhafte Finanzierung der Landeskulturverbände und den Ausbau der Projekt- und Gastspielförderung der Freien Szene als grundsätzlich ansieht.

Die Linke setzt auf eine Kulturentwicklungsplanung 2035. Gemeinsam mit den Kulturschaffenden, Institutionen und den politischen Entscheidungsträgern solle der Fokus auf ein breites Angebot von Clubkultur über Hochkultur bis zu kultureller Bildung und Soziokultur in allen Sparten gelegt werden. Ähnlich sehen das die Grünen, die zudem ergebnisorientiert und auf Augenhöhe mit der freien Kulturszene zusammenarbeiten wollen.

AfD will keine "Reißbrett"-Kultur

Einzig die AfD – in Umfragen im Höhenflug – sieht Kultur nicht als planbaren Sachbereich, der sich bereits Jahrzehnte vorab am "Reißbrett" entwerfen lasse, sondern als Ergebnis einer lebendigen Entwicklung. Kultur gedeihe dann am besten, wenn sie die Möglichkeit habe, sich frei von staatlicher Einflussnahme zu entwickeln, die über eine grundsätzliche Bereitstellung von Fördermitteln und die Schaffung adäquater Rahmenbedingungen hinausginge. Der Forderung, eine auf lange zeitliche Horizonte ausgelegte Kulturentwicklungsstrategie einzusetzen, stünde sie kritisch gegenüber, weil die Gefahr bestünde, dass der Kunstfreiheit Schranken auferlegt würden.

Prinzipiell, so Beobachter, werden sich die Parteien entscheiden müssen, wie sie nach der Wahl mit dem Kulturraumgesetz umgehen. Entweder muss das Gesetz finanziell besser als mit den derzeit jährlich gut 90 Millionen Euro ausgestattet werden. Oder es müssen Aufgaben wie vielleicht die Unterstützung von Bibliotheken oder Musikschulen herausgenommen werden.

Mehr Geld oder weniger Schwerpunkte – wie da der ländliche Raum oder die prekär unterfinanzierte Freie Szene profitieren können, diese Lösung bietet derzeit keine Partei an. Die AfD lehnt Letzteres – eine faire Vergütung und Mindesthonorare auch im Freien Kulturbereich – grundsätzlich ab, weil es nicht die Aufgabe des Staates sei, regulierend in die Bezahlung von Künstlern an nichtstaatlichen Einrichtungen einzugreifen. Zugleich will die Partei, die in ihrem Programm auch kultur-nationalistische Forderungen aufstellt, identitätsstiftende Projekte und Einrichtungen etwa der Heimat- und Traditionspflege besser unterstützen.

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