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Rabenaus Stuhlbaumuseum räumt mit einer Mär auf

Es läuft bei Daniela Simon und ihrem Team in Rabenau: 2024 scheint ein gutes Jahr zu werden nach der Corona-Delle. Das gibt Kraft für Neues.

Von Roland Kaiser
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Museumsleiterin Daniela Simon (2.v.l.) führt eine Besuchergruppe durch das Sitzmöbelrefugium an der Lindenstraße in Rabenau.
Museumsleiterin Daniela Simon (2.v.l.) führt eine Besuchergruppe durch das Sitzmöbelrefugium an der Lindenstraße in Rabenau. © Egbert Kamprath

Das Jahr ist fast schon wieder Geschichte und Daniela Simon gelassener denn je. Irgendwie passt 2024 alles, meint sie. Finanziell läuft es. Von neuen Krisen blieb ihr Haus glücklicherweise bislang verschont, fügt die 55-Jährige mit Blick auf die überstandene Corona-Pandemie mit all ihren Einschränkungen hinzu.

Inzwischen würden wieder mehr Gäste und Besuchergruppen den Weg zu ihr und ihrem Team nach Rabenau finden. Dort steht das Deutsche Stuhlbaumuseum. Bis Juni hatten dieses mit all seinen Ausstellungen bereits 1.864 Frauen, Männer, Kinder und Jugendliche aufgesucht.

Zum Vergleich: Das waren 195 mehr im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Grund genug für die Leiterin des Hauses, positiv in die nähere Zukunft zu blicken. Sie hofft, am Jahresende das Gesamtergebnis von 2023 ebenso übertreffen zu können. Doch bis dahin vergeht noch etwas Zeit.

Forschungsarbeit bringt Wahrheit ans Tageslicht

Die nutzt das überwiegend aus Ehrenamtlern bestehende Team, um neue Expositionen auf die Beine zu stellen. Dabei gibt es auch für die Zeit nach 2024 bereits Ideen. Eine davon geistert Daniela Simon besonders im Kopf herum.

Eine Ausstellung zu Messwerkzeugen im Kabinett des Stuhlbaumuseums sorgt aktuell für einen Hingucker. Zu sehen ist beispielsweise eine Krawattennadel in Form eines Miniaturmessschiebers.
Eine Ausstellung zu Messwerkzeugen im Kabinett des Stuhlbaumuseums sorgt aktuell für einen Hingucker. Zu sehen ist beispielsweise eine Krawattennadel in Form eines Miniaturmessschiebers. © Egbert Kamprath

Im Zuge einer Forschungsarbeit stieß Museumsmitarbeiterin Ingrid Fuchs auf einen Möbeltüftler aus Leipzig, dessen speziell gefederte Sitzgelegenheiten über dessen Tod hinaus in einem Werk bei Kassel produziert wurden. Zuvor war die Museumsmannschaft auf zwei Exponate der Marke "Original Gelenka" gestoßen, die sich offenbar schon seit Längerem in deren Bestand befinden. "Die Frage, wie diese einst den Weg zu uns fanden, kann ich zwar nicht beantworten", so Daniela Simon.

Jedoch sei es möglich gewesen, im Zuge der Recherche von Ingrid Fuchs mit einer Mär aufzuräumen. Bislang sei der Möbeldesigner Erich Dieckmann mit den speziellen Sitzmöbeln in Verbindung gebracht worden. Wie sich nun zeigt, stellt sich das völlig anders da. Als ein Beweis dafür dienen Originalpatente, über die die Einrichtung verfüge.

Doch auch Gespräche mit der leiblichen Tochter des Schöpfers der Marke "Original Gelenka" brachten laut Daniela Simon Aufschluss über die wahre Geschichte der Einrichtungsgegenstände mit der Federung aus aufgefädelten Holzklötzchen. Deren Nachteil liege allerdings darin, dass sich Nutzer im ungünstigsten Fall die Haut einklemmen oder den Stoff.

"Das Deutsche Stuhlbaumuseum in Rabenau konnte viele Irrtümer im Zusammenhang mit Gelenka-Stühlen aufdecken", lässt sich auf der Internetseite der Einrichtung lesen. Deren Leiterin weiß zudem zu berichten, dass selbst in der bekannten Fernsehreihe "Bares für Rares" bereits auf die Expertise der Rabenauer zurückgegriffen wurde. Das erfüllt alle ein wenig mit Stolz. Gar keine Frage. Trotzdem gäbe es weiterhin viele offene Fragen.

Museum startet Aufruf im Internet

Vor dem Hintergrund werden Besitzer von Gelenka-Stühlen und entsprechenden Unterlagen zu den Firmen Emil Plarre Leipzig, dem VEB Möbelwerke Schkeuditz oder der Gelenka-Möbelfabrik in Wolfhagen bei Kassel darum gebeten, sich bei Daniela Simon und ihrem Team zu melden.

Die Museumsmannschaft hat sich zur Aufgabe gemacht, der Story um die Möbel mit den gefederten Sitz- und Liegeflächen weiter auf den Grund zu gehen. Mit dem Ziel, unter dem Museumsdach dem eigentlichen Schöpfer Ernst Breitenborn in Form einer Exposition ein Denkmal zu setzen.

Das Prinzip der Federung gilt bei Sitzmöbeln der Marke "Original Galenka" als Besonderheit. Selbst Liege- und Klappstühle sowie Hocker und Betten wurden damit ausgestattet.
Das Prinzip der Federung gilt bei Sitzmöbeln der Marke "Original Galenka" als Besonderheit. Selbst Liege- und Klappstühle sowie Hocker und Betten wurden damit ausgestattet. © RK

Wann dieses Unterfangen spruchreif wird, darauf wollte sich Daniela Simon noch nicht konkret festlegen. Sie kann sich aber vorstellen, es im Laufe des kommenden Jahres in Angriff zu nehmen.

Auf jeden Fall dürfen Besucher schon jetzt auf eine neue Erlebniswelt neben der etablierten Dauerausstellung im Stuhlbaumuseum gespannt sein. Dort wird die Geschichte des Möbelhandwerks gezeigt. Das hat eine lange Tradition in Rabenau und den umliegenden Ortschaften. Noch heute werden in der Kleinstadt, quasi in unmittelbarer Nachbarschaft der Expositionen, Sitzgarnituren und auch Sessel gefertigt.

Doch nicht nur diese Region ist dafür bekannt, innovative Einrichtungsgegenstände zu fertigen. Das hat sich im Zuge der Forschungsarbeit von Ingrid Fuchs eindrucksvoll gezeigt. Sicherlich wird der eine oder andere ganz eigene Erfahrungen mit den Sitzmöbeln der Marke "Original Gelenka" gemacht haben. Somit gibt es dann auch viel zu erzählen, sobald das Deutsche Stuhlbaumuseum sich diesen Einrichtungsgegenständen explizit widmet.