Partner im RedaktionsNetzwerk Deutschland
Freischalten Freischalten Feuilleton

So großartig begann das Moritzburg-Festival

Kammermusik vom Feinsten: Mit Prachtwerken von Mozart, Piazzolla und Brahms eröffnete am Wochenende die 32. Auflage des Moritzburger Festivals.

Von Jens-Uwe Sommerschuh
 3 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Cellist Jan Vogler war Mitgründer des Moritzburger Musikfestivals und ist noch immer dessen Intendant.  Foto: PR
Cellist Jan Vogler war Mitgründer des Moritzburger Musikfestivals und ist noch immer dessen Intendant. Foto: PR © PR

Stolz und in rundlicher Anmut thront das Schloss auf der Insel in des Teiches Mitte, auf dem Schwäne, Gänse, Enten ihre Runden drehen. Auf der Treppe an der Ostflanke erinnert Aschenbrödels goldener Schuh an märchenhafte Sehnsüchte. Seit vergangenem Wochenende wird die Szenerie bis 18. August wieder fast Abend für Abend in zauberhafte Musik aus allen Klangfarben des Regenbogens getaucht.

Das Moritzburger Festival, 1993 gegründet, erlebt seine 32. Auflage. Inklusive Nachwuchsakademie mit 36 Jugendlichen bietet es die Bühne für gestandene und aufstrebende Instrumentalisten aus 29 Nationen. Die meisten der Konzerte finden, so das Wetter es zulässt, auf der nördlichen Schlossterrasse statt. Nachdem es am Freitag erst wie aus Kannen geschüttet hatte, klarte es später auf, so dass auch der Festivalauftakt wie geplant an der frischen Luft vollzogen werden konnte.

Mozart hätte das Moritzburger Publikum geliebt

Das erlesene Programm bot eine Melange aus Klassik und Romantik, angereichert mit einem Prachtstück aus dem 20. Jahrhundert. Mozart und Brahms nahmen Piazzolla in ihre Mitte, es wurde ein Abend, der „die Schaffenden wie die Genießenden“, um das schöne expressionistische Motto der einst hier tätigen „Brücke“-Maler aufzugreifen, in freudiger Wonne vereinte.

Schon Mozarts Es-Dur-Klavierquartett, im Frühling 1786 bald nach der triumphalen „Figaro“-Uraufführung komponiert, erwies sich als Delikatesse. Seinerzeit kam es nicht so gut an. Kammermusik diente vor 1800 eher beiläufiger fürstlicher Zerstreuung oder Liebhabern zur eigenen instrumentalen Betätigung im kleinen Kreis. Komplexe Werke wie dieses waren den einen zu anstrengend und den anderen zu schwierig. Ein Hörpublikum, das mit kenntnisreichem Interesse lauschte, gab es noch kaum. Mozart hätte es daher geliebt, zu erleben, wie gespannt das bunt gemischte Moritzburger Auditorium seinen ambitionierten Wendungen folgte.

Nach dem Regen gab es Piazzollas „Vier Jahreszeiten“

Die Besetzung war festivaltypisch ein Fächer der Generationen. Geiger Kai Vogler und Bratschist Ulrich Eichenauer strichen schon im Sommer 1993 in Moritzburg die Saiten. Da waren die Lettin Margarita Balanas und der Brite Martin James Bartlett, die hier nun am Cello und am Flügel brillierten, noch gar nicht geboren. Die zwei Seniorpartner schwelgten vielleicht hier und da stärker im Vibrato, als das bei Mozart nötig wäre, sofern man der klassischen Balance den Vorzug vor romantisierender Gefühligkeit gibt.

Sei’s drum, die kecke Frische in den Ecksätzen und die Versonnenheit im Larghetto teilten sich gebührend mit, woran die pointierten Akzente der Cellistin und der filigrane Spielfluss des Pianisten am Bösendorfer guten Anteil hatten. Piazzollas „Vier Jahreszeiten“ à la Buenos Aires entstanden in den 1960ern für Geige, Klavier, Gitarre, Kontrabass und Bandoneon.

Heißer Jubel im kühlen Dämmerlicht

Hier waren sie in seiner Fassung für acht Violoncelli zu hören, die Festivalchef Jan Vogler bei seinem einwöchigen Workshop auf Schloss Neuhardenberg mit sieben Spitzentalenten einstudiert hatte, unter ihnen die Koreanerin Hayoung Choi, der Serbe Petar Pejcic, die Leipzigerin Anna Herrmann und Mon-Puo Lee, der taiwanische und spanische Wurzeln hat. Der Cello-Achter vereinte Feuer und Charme, lotete die von Piazzolla gesetzten spieltechnischen Finessen derart sinnlich und temperamentvoll aus, dass hernach im kühlen Moritzburger Dämmerlicht heißer Jubel ausbrach.

Das Klarinettenquintett in h-Moll von 1891 ist eines der späten Meisterwerke von Brahms. In gut 30 Minuten hat er hier liedhafte Melodik, subtil verschatteten Klangfarbenzauber und die hohe Kunst der Variation zu einem hintergründigen Ohrenschmaus verschnitten. Klarinettist Raphael Severe ließ sein Holz wunderbar weich singen, er sowie Mira Wang und Kristine Balanas an den Violinen, Sindy Mohamed an der Bratsche und Cello-Altmeister Pieter Wispelwey boten eine äußerst dichte und seelisch berührende Fassung dieses dezent funkelnden Juwels.