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Romantisch wandern: von moderner Industrie zu Lost Place

Der Plauensche Grund bietet neben markanter Natur auch die perfekten Voraussetzungen für die Industrie um 1800. Caspar David Friedrich malte die damals modernen Fabriken.

Von Elisa Schulz
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Caspar David Friedrich malte um 1802 die Industriegebäude im Plauenschen Grund. Heute ist von der unberührten Natur wenig übrig.
Caspar David Friedrich malte um 1802 die Industriegebäude im Plauenschen Grund. Heute ist von der unberührten Natur wenig übrig. © Städtische Galerie Dresden

Um 1800 kamen viele Dichter, Kunstschaffende und Ausflügler in das Tal im Plauenschen Grund. Die raue Schönheit des etwa drei Kilome­ter langen Tals, das nach der Ortschaft Plauen an seinem Eingang bezeichnet wird, bietet neben der wunderschönen Natur die besten Voraussetzungen für Industrie an der Weißeritz. Caspar David Friedrich durchstreifte mehr­fach das Tal und erschuf vier Gemälde, die die Fabriken in dem Tal zeigen. Es ist keine unberührte Natur. Viel­mehr stand bei Caspar David Friedrich die Ver­bindung von menschlichem Wirken und Land­schaft im Fokus.

Die Ansichten zeugen von genauer Beobachtung und einer akribischen zeichnerischen Erfassung, da der Künstler die Topografie bis in Details hinein exakt wiedergegeben hat. Anhand von zeitgenössischem Kartenmate­rial sowie den gemalten Bergen von Friedrich lassen sich die jeweiligen Standorte des Zeichners recht genau rekonstruieren. Dem Himmel ließ er viel Raum und gab ihm zarte Wolken. Friedrich konzentrierte sich bei seinen Darstellungen weniger schwärmerisch, sondern eher analytisch auf die Industriebauten im Plauenschen Grund.

Da wo früher die Königsmühle stand, ist heute ein Wohnhaus. Von der Brücke am Eiswurmlager lässt sich ein ähnlicher Blick einnehmen, wie der, den Caspar David Friedrich 1800 haben musste.
Da wo früher die Königsmühle stand, ist heute ein Wohnhaus. Von der Brücke am Eiswurmlager lässt sich ein ähnlicher Blick einnehmen, wie der, den Caspar David Friedrich 1800 haben musste. © Elisa Schulz

Früher wenig los, heute Straße und Zug

Die einzelnen Gebäude stehen heute noch zum Teil, mittlerweile aber modernisiert und mit neuer Nutzung. Die Strecke, die David Caspar Friedrich damals wanderte, um die vier Industriebetriebe zu sehen, lässt sich heute noch ablaufen. Allerdings nicht mehr durch eine schöne grüne Natur direkt am Fluss entlang, sondern zwischen Bahnschienen und Bundesstraße, unter der Autobahn hindurch.

Der Weg führte Caspar David Friedrich von Dresden kommend vorbei an der damaligen Königsmühle, weiter zur Neumühle und dann zur Pulvermühle. Diese drei Gebäude stehen heute an der Tharandter Straße und sind innerhalb von 1,5 Kilometer abzulaufen. Da, wo früher die Königs- und Neumühle war, sind heute Wohnhäuser.

Die ehemalige Pulvermühle aus der Zeit von Caspar David Friedrich ist heute ein Lost Place.
Die ehemalige Pulvermühle aus der Zeit von Caspar David Friedrich ist heute ein Lost Place. © Elisa Schulz

Friedrich malte die Königsmühle, die 1747 errichtet wurde, mit Blick vom Fluss auf das Gebäude. Der Blick des Künstlers geht im Vorder­grund über die Weißeritz hinweg. Es hat den An­schein, als hätte Friedrich mitten im Wasser ge­standen. Tatsächlich wird er jedoch auf der steinernen Einfassung ge­sessen haben. Der angrenzende Weg, der zu der Mühle führt, ist wenig bevölkert. Heute verläuft dort die Tharandter Straße und Bahnschienen.

Caspar David Friedrichs Perspektive heute nicht mehr möglich

Die Königsmühle hinter sich lassend, näherte sich Friedrich der Neumühle, die zwischen 1726 und 1728 erbaut worden war. Links im Bild ist auch die Heideschanze zu sehen, hinter der sich die Pulvermühle befand.

Sie wurde schon 1770 für die sächsische Armee erbaut. Erst 1917 errichtet man den markanten Siloturm am Flussufer, der heute noch zu sehen ist. Seit 1990 stehen die Mühlwerke still und sind verfallen und mittlerweile als Lost Place bekannt. Um zu ihr zu gelangen, muss man durch eine Unterführung der Zuggleise und dann über die Weißeritz. Die Perspektive, die Friedrich damals eingenommen hat, ist heute nicht mehr möglich, da die Umgebung mit Gebäuden, Bahnschienen und den Pfosten der darüberliegenden A17 zugebaut ist.

Caspar David Friedrich malte die Glashütte vom Rittergut Potschappel. Heute ist an der Stelle nur noch Brachland.
Caspar David Friedrich malte die Glashütte vom Rittergut Potschappel. Heute ist an der Stelle nur noch Brachland. © Egbert Kamprath

Diese ersten drei Gemälde der Folge sind eher als Landschaftsprospekte anzusehen, in denen die industriellen Betriebe in die Bildtiefe rücken und sich bruchlos in ihre Umgebung inte­grieren.

Das vierte Gemälde von Caspar David Friedrich zeigt die Glashütte in Potschappel, die er flussabwärts darstellte. Sie befand sich auf dem ehemaligen Ritterguts Potschappel. Der Besitzer, Reichsgraf Ernst Heinrich von Hagen, hatte sie erst kurz vor dem Entstehen von Friedrichs Werken in den Jah­ren 1801/02 erbaut. Zur damaligen Zeit war sie eine Innovation. Von dem Rittergut und der Glashütte ist heute nichts mehr zu finden. Das Gelände, welches in der Nähe des Platzes der Jugend ist, soll in den kommenden Jahren mit Wohnblöcken bebaut werden.

Für eine Wanderung eignen sich die Felsen ums Tal

Möchte man sich den Ort trotzdem anschauen, folgt man weiter der Weißeritz bis zum Platz der Jugend. Das dahinterliegende Waldstück ist das ehemalige Rittergut. Die Strecke entlang an der Weißeritz, aber auch an der Straße, würde sich dann auf 4,5 Kilometer verlängern.

Wer mehr Zeit mitbringt und die Straße meiden möchte, kann vom S-Bahnhof Dresden Plauen aus nach rechts, vorbei am Gymnasium Dresden Plauen zur Parkanlage „Hoher Stein“ wandern. Mit dem Tal immer rechts von einem, bietet der Wanderweg verschiedene Aussichtspunkte in den Plauenschen Grund sowie einen Aussichtsturm auf dem hohen Stein, der Donnerstag bis Sonntag von 10 bis 18 Uhr geöffnet hat. Folgt man dem Weg weiter zum Eiswurmlager und zurück ins Tal, hat man von der Brücke einen ähnlichen Blick, wie Friedrich ihn damals gehabt haben musste. Heute ist allerdings von der Natur nicht mehr so viel zu sehen.

Vom "Hohen Stein" lässt es sich ins Tal schauen. Unter anderem sieht man, wo früher die Königsmühle stand, die Caspar David Friedrich gemalt hat.
Vom "Hohen Stein" lässt es sich ins Tal schauen. Unter anderem sieht man, wo früher die Königsmühle stand, die Caspar David Friedrich gemalt hat. © Elisa Schulz

Für Wanderer bietet es sich an, den Coselweg wieder in die Berge zu nehmen und von der Heideschanze einen Blick ins Tal und auf die Autobahn A17 zu werfen. Von da führt der Weg über die Streuobstwiesen zurück in den Plauenschen Grund und endet an der ehemaligen Pulvermühle, die heute als Lost Place noch immer gut erhalten ist. Von dort könnte der Weg weiter nach links zum ehemaligen Rittergut oder nach rechts zurück nach Dresden eingeschlagen werden. Wählt man hier den Weg zurück nach Dresden und endet am S-Bahnhof Plauen, umfasst die Strecke 6,5 Kilometer.