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Parole Erich: So feiert das Dresdner Kästner-Festival den berühmten Sohn der Stadt

Zum 125. Geburtstag von Erich Kästner gibt es ein üppiges Jubiläumsprogramm aus Lesungen, Konzerten, Filmen und Spaziergängen.

Von Karin Großmann
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Auch für den "Münchhausen"-Film von 1943 mit Hans Albers schrieb Erich Kästner das Drehbuch.
Auch für den "Münchhausen"-Film von 1943 mit Hans Albers schrieb Erich Kästner das Drehbuch. ©   dpa

Lenin, Kafka und Puccini starben vor hundert Jahren. Das wird eng im Gedenkartikelkalender 2024. Natürlich lässt sich die Diktatur der runden Zahl ignorieren. Nur in einem Fall wird das nicht klappen. Denn es sind gleich zwei Jubiläen auf einmal zu begehen, und das in Dresden. Erich Kästner wurde hier vor 125 Jahren geboren, er starb vor 50 Jahren in München. Dort wird der Kästner-Preis an den österreichischen Bestsellerautor Wolf Haas vergeben. Hier aber wird gefeiert, gelesen, gespielt und gereimt auf Straßen und Plätzen, und das ein ganzes Jahr lang unter dem Motto: „Alles Erich“. Das Programm rege dazu an, sich wieder mehr mit dem Werk und den Wertevorstellungen von Erich Kästner zu befassen, so Kulturbürgermeisterin Annekatrin Klepsch.

Noch sensationeller als das Programm ist die Tatsache, dass sich die literaturfreundlichen Institutionen aus Dresden für einen der wichtigsten Schriftsteller der Stadt und einen der bekanntesten Kinderbuchautoren der Welt und Pazifisten zusammenschließen. Sie machen einander nicht Konkurrenz, sondern bündeln ihre Kräfte und besonderen Kompetenzen. Um die Koordinierung kümmert sich Isolde Matkey, langjährige Dramaturgin an der Semperoper und Gründerin der Agentur Tristan Production.

Der Dresdner Erich Kästner )1899 - 1974) war einer der bekanntesten Kinderbuchautoren der Welt und entsprechend viel unterwegs. Foto: dpa
Der Dresdner Erich Kästner )1899 - 1974) war einer der bekanntesten Kinderbuchautoren der Welt und entsprechend viel unterwegs. Foto: dpa © dpa PA (kein dpa)

„Resignation ist kein Gesichtspunkt“

Bislang stehen rund 30 Veranstaltungen im Programm. Das beginnt schon an diesem Donnerstag mit dem besten Kästner-Kenner überhaupt: Sven Hanuschek stellt bei Richters Buchhandlung in der Dresdner Neustadt den Band „Resignation ist kein Gesichtspunkt“ vor, eine Auswahl aus bislang kaum oder nicht veröffentlichten politischen Reden und Feuilletons von Erich Kästner.

Ende Februar liest Hanuschek aus seiner erweiterten Kästner-Biografie „Keiner blickt dir hinter das Gesicht“ in der Zentralbibliothek. Dort wird eine Ausstellung mit neuen Illustrationen zu Werken des Dichters, Satirikers und Kinderbuchautors gezeigt. Die Bibliotheken in den Stadtteilen veranstalten Lesungen, Theaterstücke und literarisch-musikalische Abende.

„Konferenz der Tiere“ als Konzert mit Semper-Kinderchor

Die imponierende Vielfalt der Angebote spiegelt die Vielseitigkeit des Jubilars. Die Technischen Sammlungen starten am 19. Januar die Reihe „Der unsichtbare Bürger“. Man kann sie getrost sensationell nennen. Aufgeführt werden auch Spielfilme, für die Kästner in der Nazizeit das Drehbuch unter Pseudonym schrieb, darunter „Münchhausen“ im Auftrag von Propagandaminister Goebbels. Der Theaterkahn steuert einen Liederabend mit dem Sänger Johannes Kirchberg bei.

Die Semperoper führt „Die Konferenz der Tiere“ als Konzert mit dem Kinderchor des Hauses auf. Die Dresdner Philharmonie lädt zu „Pünktchen und Anton“ ein mit Musik der Dreißigerjahre und einer Geschichte um Betrug, Verantwortung und bedingungslose Freundschaft. In der Saloppe bringt die Serkowitzer Volksoper das Werk „Kennst du das Land, wo die Optionen blühen?“ zur Uraufführung. Staatsoperette und Theater Junge Generation kooperieren für „Kostprobe Kästner“. Das Stück „Fabian oder Der Gang vor die Hunde“ wurde schon vorausschauend in den Spielplan genommen.

Auch Kultkrimi-Autor Wolf Haas kommt zur Lesung

Zentraler Veranstalter, das versteht sich von selbst, ist das Erich-Kästner-Literaturhaus. In der Villa seines Onkels Franz Augustin habe er von etwa zehn Jahren an oft auf der Mauer zwischen Jasmin gesessen und dem Verkehr am Albertplatz zugeschaut, notierte der Schriftsteller in seinen Erinnerungen. Allerdings erwarb der Pferdehändler Augustin die Villa erst 1915, da war Kästner schon 16, und er lebte auch nicht mehr zu Hause in der Königsbrücker Straße, sondern im Internat an der Marienallee. Er dachte sich einen Ort der Zugehörigkeit schön. Seine Wege durch das Viertel zu Wohnung, Gymnasium, Kneipe und Bäckerei lassen sich bei einem Parcours nachverfolgen.

Im Literaturhaus selbst beginnt die Feier-Reihe am 22. Februar mit einer „Dialognacht“ zwischen Autoren. Die folgenden Veranstaltungen beleuchten unterschiedliche biografische Aspekte. Das reicht bis zu einem Gartenworkshop: „Parole Bodendetektive“. Das Projekt „Alles Kästner“ bietet für junge Leser ebenso viel wie für ältere. Es wächst ständig weiter. Auch der aktuelle Kästner-Preisträger Wolf Haas ist inzwischen zu einer Lesung eingeladen. Die Internetseite ist ab sofort freigeschaltet: web www.dresden-kulturstadt.de