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Feuilleton

Max Raabe singt, er würde gern mit einem Zebra spazieren

Der Star hat nach vier Jahren eine neue Scheibe, die sofort gute Laune macht. Und er lässt die Helden von „Babylon Berlin“ wild tanzen.

Von Bernd Klempnow
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Das Tier ist echt, und der Sänger scheint nicht zu altern. Auf seinem neuen Album „Wer hat hier schlechte Laune“ präsentiert er sich frischer denn je.
Das Tier ist echt, und der Sänger scheint nicht zu altern. Auf seinem neuen Album „Wer hat hier schlechte Laune“ präsentiert er sich frischer denn je. © www.gregor-hohenberg.com

Der Sänger Max Raabe liebt den Nonsens und den Wortwitz: Schon immer schwärmte er, dass ihn kein Schwein anrufe, man nicht alleine küssen könne und sich Klonen lohnen würde. Jetzt will der Star, der vor allem deutschsprachige Schlager und Chansons aus den 1920er- und 1930er-Jahren interpretiert sowie aktuelle Hits, die in Text und Arrangements an die Comedian Harmonists erinnern, mit Tieren kommunizieren.

Er würde gern mal „eine Hummel streicheln, eine von den dicken, weichen“ oder „einen Kraken zärtlich unterhaken“, einem „Känguru Kekse in den Beutel tun“ und „Antilopen fragen, ob sie dopen“. So singt er jedenfalls auf seinem neuen Album „Wer hat hier schlechte Laune“ und freut sich diebisch an dem Gedanken des Verkehrschaos, das er erzeugt: „Mit ’nem Zebra durch die Gegend gehen, dann bleiben alle Autos stehen.“ Prompt landet das Zebra mit auf dem Cover, und Max Raabe ist zurück.

Seit 2017 hat er keine neue Musik veröffentlicht. Kein Wunder: Das Album „Der perfekte Moment“ mit Hits wie „Fahrrad fahr’n“ war ungemein erfolgreich. Da brauchte es Abstand für neue Kreativität. Erstaunlich: Seit 35 Jahren sind der Bariton und das ihn begleitend-inspirierende Palast Orchester auf den Bühnen unterwegs. Und doch schaffen sie es mit innovativen Textern und Komponisten immer wieder, sich weiterzuentwickeln. Vor zehn Jahren kam mit Annette Humpe die spitzfindige Pop-Scheibe „Küssen kann man nicht alleine“ heraus. Noch witziger geriet die Folge-CD „Für Frauen ist das kein Problem“ mit herrlichen Videos etwa zu „Kleine Lügen“. Lange Pause. 2017 dann der Paukenschlag „Der perfekte Moment“, der musikalisch und textlich so ungemein vielseitig und überraschend unverwechselbar geriet, dass fast jeder Song ein Ohrwurm wurde.

Max Raabe singt mit Charme und in Frack.
Max Raabe singt mit Charme und in Frack. © Andreas Weihs

Nun kommt der Mann, der einem größeren Publikum 1994 durch den Auftritt im Film „Der bewegte Mann“ bekannt wurde, frisch und voller Spannung daher. Dank der Freunde aus der „Raabe-Pop“-Phase wie Annette Humpe, Peter Plate und Achim Hagemann trifft auf dem neuen Album quasi Retro die Moderne. Die typische Raabe-Ästhetik und der feine, sympathische Humor bleiben erkennbar. Aber in den Arrangements arbeitet der Star zeitgemäßer erstmals mit elektronischen Rhythmen. Das erweist sich als eine spannende Erweiterung seines Sounds.

Weisen vom Erblühen und Verwehen der Liebe

14 Lieder sind auf der Scheibe, und der fragende Album-Titel verspricht nicht zu viel. Spätestens bei dem vorwärtstreibenden Lied „Wer hat hier schlechte Laune .... wer schiebt Frust?“ vergisst man Letzteren, und das Herz beginnt vor Freude zu hüpfen. Ansonsten geht es um das Erblühen und Verwehen der Liebe, um Missgeschicke und Schräges, um Fahren unter Strom, Emotionen, Euphorie und kleine Zweifel. Das Leben schreibt mit: Raabe und seine Mannen fliegen nicht mehr zu Konzerten, sondern fahren fleißig Bahn. Was man da erleben kann, erzählt er anhand einer Zufallsbegegnung im Zug, aus der sich – nach allerlei peinlichen und unangenehmen Momenten der unsicheren Annäherung – vielleicht ja doch noch etwas ergibt: „Das mit uns kann was werden“. Der Kaffee auf der Hose ist inklusive.

Das Palast Orchester ist seit 35 Jahren das ideale Ensemble für Max Raabe.
Das Palast Orchester ist seit 35 Jahren das ideale Ensemble für Max Raabe. © PR

Das Orchester ist mal zärtlich, mal schiebt es ordentlich, mal gibt es markant den Rhythmus vor: von peppig und schnell bis melancholisch und langsam. Viele neue Nuancen – Musik wie aus alten Tagen und doch topaktuell! Einige Lieder leben von einem großen Ensemble mit Dutzenden Streichern. Wie das live umgesetzt werden kann, wird bei der „Laune“-Tournee, die Raabe auch nach Sachsen führt, spannend.

Und dann ist da noch der Hammersong „Ein Tag wie Gold“ drauf. Er ist das Titelstück zur vierten Staffel von „Babylon Berlin“. Auf Wunsch von Regisseur Tom Tykwer haben Raabe und Humpe ihn geschrieben. Er zeugt von dem Rausch des Jahres 1932 in Berlin, vom sogenannten Tanz auf dem Vulkan: „Ein Tag wie Gold, in den Adern hunderttausend Volt, und eine Nacht wie Samt und Seide.“ Des Sängers Stimme feuert an und verführt, das Orchester haut auf den Putz – schon wegen dieses Gold-Stücks lohnt der Kauf der CD.

Ungewöhnlicher Geschenke-Tipp fürs Fest und für Feiern

Doch Raabe hat noch einen Tipp fürs Fest und andere Feierlichkeiten: „Gern was schenken“, sagt er, der unlängst 60 geworden ist, was noch „am selben Abend aufgegessen oder leer getrunken werden kann“.

CD & Konzertkarten

  • CD: Max Raabe: „Wer hat hier schlechte Laune“ (We Love Music/Universal Music) ab 18,99 Euro, als LP ab 29,69 Euro
  • Tournee: Ab Anfang Januar 2023 geht Max Raabe auf „Schlechte Laune“-Tournee und gastiert unter anderem am 20. Januar in der Sachsen-Arena Riesa sowie am 13. und 14. November im Kulturpalast Dresden.
  • Tickets gibt’s auch in allen DDV-Lokalen, tel. unter 0351 4864 2002 und online unter www.sz-ticketservice.de