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Instagram, TikTok und Co.: Wie sächsische Parteien Social Media für den Wahlkampf nutzen

Nicht mehr nur Plakate und Broschüren, sondern auch soziale Medien sind wichtig für den Wahlkampf. Aber wer macht was und wie erfolgreich ist das?

Von Elisa Schulz
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Für den Wahlkampf sind die sozialen Medien mittlerweile nicht mehr wegzudenken. Aber welche sächsische Partei nutzt die Plattform wie?
Für den Wahlkampf sind die sozialen Medien mittlerweile nicht mehr wegzudenken. Aber welche sächsische Partei nutzt die Plattform wie? © picture alliance/dpa | Robert Michael

Die Linke zeigt auf TikTok einen verzehrten Zeigefinger zur Titelmelodie von Mr. Bean oder rappt zu dem Erfolgshit Rhabarberbar von Bodo Wartke und Marti Fischer ein Lied über Mietpresideckel. Die CDU präsentiert die neue Collection von Shirts, Jacken und Pullis mit der Aufschrift "Team Kretschmer" zur Musik von "I just needed Holiday" (ich brauchte nur Urlaub).

Die AfD ist auf TikTok am erfolgreichsten, während die CDU auf Facebook und die FDP auf Instagram setzt. X (ehemals Twitter) wird von den Parteien eher gemieden. Die sozialen Medien werden für den Wahlkampf immer wichtiger. "Alle Parteien nutzen mittlerweile die sozialen Medien. Einige sind aber spät dran", sagt der Dresdner Medienberater Peter Stawowy.

Rechtsextreme Parteien auf TikTok beliebt

Vor allem TikTok gewinnt zusehends an Bedeutung. Die chinesische Social-Media-Plattform, die eigentlich für kleine lustige Videos und Tänze bekannt ist, wird im Wahlkampf der Landtagswahlen eine große Rolle spielen. Gerade bei jungen Menschen kommt sie gut an, die meisten Nutzer der Plattform sind unter 35 Jahre alt. An der Plattform gibt es aber auch immer wieder Kritik, denn auf der App werden schnell Falschinformationen verbreitet und Nutzer geraten durch den Algorithmus unterbewusst in eine Filterblase.

Mit knapp 221 Tausend Followern ist die AfD Sachsen dort mit Abstand eine der stärksten sächsischen Parteien. Sie posten meistens Videos von ihrem Spitzenkandidaten Jörg Urban, wie er in Reden über die politische Position der Partei spricht und gegen andere schießt. Die Videos erreichen meist eine vierstellige Abrufzahl. Für Peter Stawowy sind solche Beiträge am erfolgreichsten. "Es geht vor allem um Emotionen und Wut. Für die AfD ist das ein Heimspiel", sagt der Medienberater.

Bei den Followerzahlen auf TikTok folgt die ebenso vom Verfassungsschutz beobachtete, rechtsextreme Partei "Freien Sachsen" mit rund 42.500 Followern. Sie posten vor allem Videoausschnitte, die mit Text unterlegt werden.

Andere Parteien halten sich auf der Plattform eher zurück. "Wer jetzt nicht auf TikTok ist, wird in der übernächsten Wahlen nicht mehr stattfinden", sagt Stawowy.

Die SPD Sachsen hat keinen eigenen Account auf TikTok. Stattdessen aber ihre Spitzenkandidatin Petra Köpping. Unter dem Titel "Sag mal, Petra ..." beantwortet sie Fragen zu ihren politischen Zielen oder zu ihrem Verhältnis zu Ministerpräsident Kretschmer. Mit knapp 1.100 Followern erreicht sie dort allerdings wenige Nutzer.

Instagram und Facebook sind wichtig im Wahlkampf

Auch auf Instagram liegt die AfD Sachsen mit knapp 20.000 Followern weit vor den anderen sächsischen Parteien. Nur knapp die Hälfte der Follower hat die Linke Sachsen und belegt damit den zweiten Platz. Sie posten Videos und Bilder zu aktuellen Themen aus dem Landtagswahlkampf. Auf Nachfrage des MDRs gibt die Partei an, Social Media auch außerhalb des Wahlkampfes zu nutzen, um über ihre Aktivitäten und Positionen zu informieren. Als Spitzenkandidat hat Michael Kretschmer auf Instagram die sächsische Übermacht – ihm folgen gut 46 Tausend Menschen auf der Plattform.

Die FDP setzt ganz auf Instagram. Gegenüber dem MDR teilen sie mit, dass sie zwar auf allen gängigen Plattformen aktiv sei, aber einen besonderen Fokus auf Instagram lege. Sie nutzen für den Wahlkampf Videos mit Spitzenkandidat Robert Malorny. Mit rund 2.000 Followern und zweistelligen Zugriffszahlen bei den Videos ist es jedoch eher ein enttäuschendes Ergebnis.

Die CDU dagegen setzt eher auf Facebook und ist dort besonders aktiv. Dort haben sie rund 13.000 Follower, Kretschmer hat 60.000. Er zeigt sich dort bürgernah und postet mehrfach täglich. Da Facebook vor allem von Älteren genutzt wird, ist es wohl kein Zufall, dass die sächsische CDU hier besonders aktiv ist. "Markus Söder ist mittlerweile über die sozialen Medien präsent. Kretschmer versucht, das jetzt nachzuholen", sagt Stawowy, "die übernächste Generation wird dort schon zu Hause sein."

X wird von den Parteien vernachlässigt, Dark-Social wächst umso mehr

X (ehemals Twitter) scheint im sächsischen Wahlkampf weniger attraktiv für die Parteien zu sein. Kretschmer verzeichnet hier gut 42.700 Follower. Fast täglich postet der Ministerpräsident verschiedene Themen und zeigt sich von seiner politischen Seite. Hingegen nutzt die Grünen-Spitzenkandidatin Franziska Schubert X als Sharing-Plattform und postet und repostet Beiträge. Sie hat auf der Plattform fast 4.000 Follower. Die Resonanz bleibt aber bei beiden gering: Die Beiträge erhalten meist nur zweistellige Likes.

"Viele Parteien sind in dem Dilemma, dass sich jetzt erst durchsetzt, dass Likes auch bei Parteifreunden gegenseitig helfen", sagt Stawowy. Teile und liken kann den Algorithmus beeinflussen und die Reichweite stärken. Im sogenannten "Dark-Social" sieht das schon anders aus. "In Telegram- oder Whatsapp-Gruppen werden Inhalte geliket und weiter verbreitet. Da hat man meistens gar keine Übersicht mehr", sagt Stawowy, "wir wissen auch nicht, was für Menschen das dann sind." Und die meisten Parteien sind damit spät dran. "Man kommt da nicht mehr so einfach rein. Die AfD ist dagegen in Dauerkommunikation."

Fazit: Follower sind nicht gleich Wähler

Die Parteien nutzen die sozialen Medien als "Wahlkampf verlängert im Netz", sagt Stawowy. Viele Parteien denken, der Wahlkampf funktioniert noch wie früher. "Die alten Parteien sind noch zurückhaltend. Die Interaktionsraten sind durchwachsen", sagt der Medienberater. Menschen müssen auf Beiträge reagieren, kommentieren oder sie liken, damit sie weitere Reichweite bekommen und von mehr Menschen gesehen werden. In den Kommentaren sollte in den Dialog gegangen werden. "Es gibt immer wieder einzelne Kandidaten, die wirklich vorbildlich dabei sind … Aber eben nur einzelne."

Das Geld für den Wahlkampf wird oft in einen Internetauftritt investiert. "Man weiß nicht genau, wo wie viel Budget hingeht, aber da wird viel reingepumpt", sagt Stawowy. Über Plakate wird aufmerksam gemacht, in den sozialen Medien wird dann ein Image aufgebaut. "Die Inhalte sind mittlerweile häufig sehr oberflächlich", sagt er. "Viele Parteien denken in Kanälen, aber ich empfehle, in Content zu denken und dann den zu streuen."

Doch auch die Plattformen selber erschweren den sächsischen Wahlkampf. "Die sozialen Medien kontrollieren die Ausspielung. Somit machts es doppelt so schwer, seine Zielgruppe zu erreichen", sagt Stawowy. "Aber man darf nicht verwechseln: Follower sind nicht gleich Wähler."