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SZ + Döbeln

Verurteilter Sexualstraftäter verstößt gegen Kontaktverbot

Der 36-Jährige hatte Kontakt zu einem Jungen aus der Nachbarschaft gesucht. Weil ihm das verboten ist, steht er vor dem Amtsgericht Döbeln.

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Ein 36-jähriger,  vorbestrafter Sexualstraftäter hat in Mittelsachsen trotz Verbotes den Kontakt mit Minderjährigen gesucht. Dafür muss er sich vor dem Amtsgericht Döbeln verantworten.
Ein 36-jähriger, vorbestrafter Sexualstraftäter hat in Mittelsachsen trotz Verbotes den Kontakt mit Minderjährigen gesucht. Dafür muss er sich vor dem Amtsgericht Döbeln verantworten. © Symbolfoto dpa-Zentralbild

Mittelsachsen. Im März war erste Prozesstag, gegen einen verurteilten 36-jährigen Sexualstraftäter schnell beendet, der gegen die Weisungen der Führungsaufsicht verstoßen hatte.

„Wir werden nichts sagen“, antwortete Verteidiger Martin Göddenhenrich damals auf die Frage von Richterin Anne Mertens, ob sich sein in einer Einrichtung in der Gemeinde Striegistal untergebrachter Mandant zu den Tatvorwürfen äußern würde.

Zudem befand der Rechtsanwalt, dass das, was in der Anklageschrift steht, „nicht reiche“ und er die Maßregel nicht gefährdet sehe. Richterin Anne Mertens vertagte den Prozess, um zu den erhobenen Vorwürfen Zeugen zu laden. Allerdings konnte auch nach dem zweiten Prozesstag kein Urteil gesprochen werden.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem Angeklagten vor, in mehreren Fällen Kontakt zu einem zehnjährigen Nachbarsjungen gesucht zu haben. An verschiedenen Tagen hatte er Ball mit diesem gespielt, dann Süßigkeiten für ihn hinterlegt beziehungsweise seine Telefonnummer am Zaun hinterlassen.

Diese Kontaktaufnahmen waren dem wegen Kindesmissbrauchs und Vergewaltigung einschlägig vorbestraften und nach einer etwa sechsjährigen Haftstrafe bis 2027 unter Führungsaufsicht stehenden Leipziger untersagt und stellen einen Verstoß gegen die Weisungen der Führungsaufsicht dar, so die Anklage der Staatsanwaltschaft.

Kein Kontakt zu Kindern

Diese Auflagen der Führungsaufsicht beinhalten, dass sich der Angeklagte Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren – also auch Einrichtungen wie Kitas, Schulen oder Spielplätzen – nicht nähern und keinerlei Kontakt, weder persönlich noch telefonisch, per Whatsapp oder Internet aufnehmen darf.

Um die derzeitige Situation des Angeklagten einzuschätzen, hatte Richterin Anne Mertens die für das Programm „InformationsSystem zur Intensivüberwachung besonders rückfallgefährdeter Sexualstraftäter“ (ISIS) verantwortliche Beamtin des Polizeireviers Döbeln als Zeugin geladen.

Diese erklärte, dass es alle zwei Wochen Treffen mit dem Angeklagten gab und sie eigentlich ein gutes Verhältnis zu ihm hatte. „Ich habe Mist gebaut und Kontakt zu einem Nachbarsjungen gesucht“, habe er sich ihr offenbart.

„Ihm war klar, dass es ein Fehler gewesen ist“, sagte die Beamtin, die erklärte, dass es eine Gefährderansprache geben habe. „Er sagte, im Kopf durcheinander gewesen zu sein, dass er nicht anders konnte. Ich denke, der Junge hat ihn angezogen. Es ist nichts passiert, aber ich weiß nicht, wie es weitergegangen wäre.“

An die Familie habe es dann auch zwei Zettel gegeben, die dem Gericht vorliegen. Auf dem einen habe er versucht, sich zu entschuldigen, auf dem anderen angekündigt, sich umzubringen. Das habe allerdings eher auf Aufmerksamkeit abgezielt.

Als Maßnahme habe es einen runden Tisch unter anderem mit Polizei, Betreuern und Psychologen gegeben. Zudem erhalte der Angeklagte vierteljährlich Depotspritzen, die den Sexualtrieb hemmen.

Allerdings habe es in der Einrichtung zwischenzeitlich Probleme mit dem 36-Jährigen gegeben, der sich der Gemeinschaft nur schwer unterordnen konnte und zudem Probleme mit Alkohol hat.

„Aus diesem Grund ist er dort auch rausgeflogen“, erklärt die Beamtin. Derzeit lebe er in einem Obdachlosenheim in Mittelsachsen. Auch weil es einen Wechsel in der Betreuung gab.

Wechsel in der Betreuung

Die bisher Verantwortliche habe die Verantwortung nicht mehr übernehmen wollen. So bei der Suche nach einer Unterkunft, weil in Nähe einer Wohnung die Gefahr besteht, auf Kinder zu treffen.

Die Mutter des zehnjährigen Jungen erklärte im Zeugenstand, dass der Angeklagte ihr gegenüber höflich war und sie sich „zunächst nichts dabei gedacht habe“, dass der damalige Bewohner der Einrichtung in der Nachbarschaft den Kontakt zu ihrem Sohn und auch der elfjährigen Tochter suchte.

„Mein Sohn freute sich, dass sich jemand mit ihm beschäftigt“, sagte die Mutter und erklärte, dass es Kontakt nur über den Gartenzaun gegeben habe. Stutzig sei sie geworden, als der Angeklagte äußerte, den Zehnjährigen schon oft am Fenster des Kinderzimmers beobachtet zu haben. Zudem sei er aufdringlicher geworden und habe begonnen, um das Grundstück der Familie "herumzuschleichen".

Nach dem Hinweis der Polizei, „Kontakt zu vermeiden und sich fernzuhalten, weil niemand weiß, was passiert“, habe sie die Kinder nicht mehr alleine draußen spielen lassen.

Die etwa eine Woche andauernden Vorfälle in Striegistal waren nicht das erste Mal, dass der 36-Jährige nach seiner Haftentlassung Kontakt zu Kindern suchte. Bereits Anfang 2023 hatte es einen Vorfall in Waldheim gegeben, der ebenfalls glimpflich abging.

Am Ende der Beweisaufnahme brachte Anwalt Martin Göddenhenrich die Bestätigung einer Ärztin bei, dass der 36-Jährige regelmäßig „vorbeugend auf freiwilliger Basis“ seine Depotspitzen bekomme und er dadurch „weder Willens noch in der Lage sei, sexuelle Straftaten auszuführen“.

Ladung von Gutachter nötig

Gericht und Staatsanwaltschaft waren Zweifel an dieser Ausführung deutlich anzumerken. Aus diesem Grund vertagte Richterin Mertens den Prozess auf September, wo neben der genannten Ärztin ein Vertreter der Rechtsmedizin als forensischer Gutachter geladen wird.