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Haftstrafe nach Missbrauch an Dresdner Schule

Ein Schulhausmeister wird wegen schweren Kindesmissbrauchs verurteilt. Er hatte Verbindungen zu dem Pädophilennetzwerk in Münster.

Von Alexander Schneider
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Vermummt, verdeckt, verurteilt: Hausmeister Thomas O. (r.), mit seinem Verteidiger Wolfgang Mond, wurde nach einem viermonatigen Prozess am Landgericht Dresden wegen schweren Kindesmissbrauchs verurteilt.
Vermummt, verdeckt, verurteilt: Hausmeister Thomas O. (r.), mit seinem Verteidiger Wolfgang Mond, wurde nach einem viermonatigen Prozess am Landgericht Dresden wegen schweren Kindesmissbrauchs verurteilt. © Alexander Schneider

Dresden. Thomas O. bleibt auch an seinem letzten Verhandlungstag äußerlich regungslos. Zu den schweren, ihm vorgeworfenen Taten hat sich der 56-jährige Familienvater aus Pirna nie geäußert. Weder gegenüber der Polizei nach seiner Verhaftung im August vergangenen Jahres, noch jetzt in der Hauptverhandlung vor der Jugendschutzkammer des Landgerichts Dresden. Anfang Juni begann der Prozess und schon damals hatte O. eine dunkle Jacke getragen und sein Gesicht unter einer Mütze verdeckt.

Jetzt, an diesem Donnerstag, betritt die Kammer den Gerichtssaal und verkündet ihr Urteil: Sieben Jahre Haft wegen schweren sexuellen Missbrauchs in zehn Fällen sowie Anstiftung dazu, Herstellung von Kinderpornografie und anderem. Das Strafmaß ist eine kleine Überraschung, die Staatsanwaltschaft hatte erst am Freitag weit längere Haft gefordert.

Thomas O. war bis Mai 2020 Hausmeister einer Dresdner Oberschule und missbrauchte dort einen Schüler, außerdem gehörte er ab Anfang 2019 zu dem Pädophilen-Netzwerk aus Münster, dass der 28-jährige IT-Experte Adrian V. aufgebaut hatte und dem laut Polizei bundesweit mehr als 50 Beschuldigte angehörten. Trotz der massiven Beweislast, unter anderem gab es mehrere Tatvideos und Chats, äußerte sich O. nicht zu den massiven Vorwürfen.

Das Gericht ist überzeugt, dass O. als Hausmeister eine freundschaftliche Beziehung zu einem 2004 geborenen Schüler aufgebaut hatte. Er habe den Jungen in der Foto-Arbeitsgruppe kennengelernt, die der Angeklagte geleitet hatte. Schon als Sechst- und Siebtklässler habe der Schüler viel Zeit bei dem Angeklagten im Hausmeisterbüro verbracht und hat ihn auch zu Hause besucht. Mindestens einmal habe O. den Jungen begrapscht und am Glied massiert, gemeinsam mit ihm Kinderpornografie angesehen und den Jungen mehrfach dabei gefilmt, wie er im Hausmeisterbüro Erwachsenen-Pornos angesehen hatte.

Krypto-Handy vom IT-Experten

Im Mittelpunkt der Verhandlung standen jedoch weit schwerere Missbrauchsfälle gegenüber einem heute zwölfjährigen Kind aus Münster. „Die Taten übersteigen das Vorstellungsvermögen vieler Menschen“, sagte der Vorsitzende Richter Andreas Ziegel mit Blick auf den spektakulären Fall, der im Sommer vergangenen Jahres bekanntgeworden war. Anfang 2019 war O. mit Adrian V., dem Stiefvater des Kindes, in Kontakt gekommen, und schon wenige Wochen später, Anfang März, war V. mit seinem Sohn in Sachsen, um ihn dem Angeklagten für seine Taten zur Verfügung zu stellen. Der 28-jährige V. hatte dem Angeklagten auch ein sogenanntes Krypto-Handy überlassen, um abhörsicher kommunizieren zu können.

Insgesamt war V. mit dem Kind dreimal in Ferienwohnungen in Klipphausen und Pirna, wo er mit O. und anderen Männern den Jungen missbraucht hatte, mehrfach auch gemeinsam. Dabei seien dem Kind auch Beruhigungsmittel verabreicht worden. Eine Ermittlerin aus Münster berichtete auch in dem Dresdner Prozess über das ungeahnte Ausmaß von V.s Pädo-Netzwerk, bundesweit werde gegen rund 50 Verdächtige ermittelt, von denen mehr als 30 in Haft sitzen. Einige wurden bereits verurteilt und erhielten deutlich höhere Strafen als der Hausmeister aus Dresden.

Im Schul-Lockdown noch mehr Missbrauchsfahrten

Der einschlägig vorbestrafte IT-Experte Adrian V. etwa wurde Anfang Juli am Landgericht Münster unter anderem wegen schweren sexuellen Missbrauchs zu einer Freiheitsstrafe von 14 Jahren mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt. Seine Fantasie sei es gewesen, den Jungen möglichst vielen Männern zur Verfügung zu stellen, berichteten Ermittler in dem Prozess.

Daher sei er mit dem Kind an den Wochenenden oft in seinem Multivan unterwegs gewesen – und während des Corona-Lockdowns der Schulen noch öfter. V.s Mutter, die von den Taten wusste und Inhaberin der Gartenlaube war, die im Zusammenhang mit den Missbrauchstaten eine traurige Berühmtheit erzielte, erhielt fünf Jahre Haft. Erst vor wenigen Tagen wurde auch V.s Lebensgefährtin, die leibliche Mutter des Opfers, wegen Beihilfe durch Unterlassen zu sieben Jahren und neun Monaten Haft verurteilt.

Das Dresdner Gericht verurteilte Thomas O. neben der Haft auch zur Zahlung eines Schmerzensgeldes von 10.000 Euro an den Geschädigten aus Münster und verpflichtete den Angeklagten, sämtliche künftigen Schäden aus seinen Taten zum Nachteil des Kindes zu tragen. Die Staatsanwaltschaft und die Anwälte der beiden Opfer hatten vergangene Woche auf eine Freiheitsstrafe von zehn Jahren und sechs Monaten plädiert. Verteidiger Wolfgang Mond hatte sich über die Höhe der Forderung überrascht gezeigt, selbst aber keinen konkreten Strafantrag gestellt.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.