Partner im RedaktionsNetzwerk Deutschland
Dresden
Merken

Benzindiebstahl als stiller Protest gegen steigende Spritpreise - Dresdner vor Gericht

Ein 35-jähriger Koch aus Dresden hatte ein System, seine Fahrtkosten zu minimieren. Er fuhr einfach davon, nachdem er mit gestohlenen Kennzeichen getankt hatte.

Von Alexander Schneider
 3 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Benzinpreise wie diese vom Sommer 2022 waren angeblich der Anlass für einen Dresdner, fortan gar nichts mehr für den Sprit zu zahlen.
Benzinpreise wie diese vom Sommer 2022 waren angeblich der Anlass für einen Dresdner, fortan gar nichts mehr für den Sprit zu zahlen. ©  Symbolfoto: Claudia Hübschmann

Dresden. Lange hatte ein 35-jähriger Dresdner eine offenbar recht gute Erfahrung mit der Strafjustiz gemacht. Er wurde einmal im Jahr wegen Diebstahls zu einer Geldstrafe im untersten Bereich verurteilt. Seit 2014 ging das so, sieben Verurteilungen per Strafbefehl in zehn Jahren.

Offenbar sah er sich nicht veranlasst, daran etwas zu ändern, auch wenn die Geldstrafen über die Jahre etwas anstiegen und er zuletzt für einen Kaufland-Besuch im September 2022 für einen nicht bezahlten Lebensmittel-"Einkauf" in Höhe von 77 Euro sogar zwei Monate auf Bewährung erhielt.

Schon Anfang 2022 hatte sich der Mann ein neues System überlegt, um weitere Kosten zu sparen. Er stahl das Kennzeichen von einem Auto, brachte es an seinem eigenen Hyundai an und fuhr zur nächsten Tankstelle. Dort füllte der Mann, der sich eigens maskiert hatte, seinen Tank und zwei bis drei Kanister und fuhr einfach davon.

Dank Corona-Maske und gestohlener Nummernschilder werde man ihm schon nicht auf die Schliche kommen, so der Gedanke. Also setzte er sein giergetriebenes Treiben fort: Es gab weitere Kennzeichendiebstähle und Tankbetrügereien.

"Das war total dumm"

Doch Pech gehabt. Irgendwann hat die Polizei auch diesen Betrüger überführt. Am Mittwoch stand der Koch wegen Kennzeichendiebstahls in sechs sowie Tankbetrugs und Urkundenfälschung in je sieben Fällen vor dem Amtsgericht Dresden. Ein ganzes Jahr lang dauerte diese Serie laut Anklage. Der gestohlene Sprit wurde auf gut 800 Euro beziffert, nicht genannt blieb der Schaden der bestohlenen Autobesitzer, ganz zu schweigen von ihrem Ärger.

Der Koch gibt sich inzwischen geläutert und hat alle Taten eingeräumt. „Ich weiß jetzt, was da alles dranhängt“, sagte der Mann. Er habe sich über die massiv gestiegenen Spritpreise geärgert und es einfach einmal probiert. Das habe ihm einen Kick gegeben und so habe er weitergemacht. Es sei ihm jedoch nicht darum gegangen, sich zu bereichern. Er habe auch in Tschechien einen Tankbetrug begangen, der ihm teuer zu stehen gekommen sei.

Der Richter fragte Tat für Tat ab und der Angeklagte berichtete, was er dazu noch wusste. Bei einer Tat, die Tankstelle lag ganz in der Nähe der Wohnung des 35-Jährigen, sagte er: "Das war total dumm, bei mir um die Ecke." Der Richter erwiderte, dass auch die anderen Taten nicht wirklich von Intelligenz geprägt gewesen seien.

"Sie wollten möglichst viel mitnehmen"

Regelrecht erstaunt war der Angeklagte, als der Vorsitzende ihm klarmachte, dass er gewerbsmäßig gehandelt habe, die Mindeststrafe daher bei sechs Monaten pro Betrug beginne. Ihm sei es nicht klar gewesen, dass ihm für diese Betrügereien das Gefängnis drohe.

Der Staatsanwalt forderte eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten und sprach von einem "kriminellen System", das der Angeklagte betrieben habe. Der Gesamtschaden sei zwar vergleichsweise gering, doch es gebe eine Vielzahl an Geschädigten. Die Kanister, die der Angeklagte auch noch füllte, belegten, dass es ihm nicht um einen "Kick" gegangen sei, "sondern Sie wollten möglichst viel mitnehmen."

Verteidigerin Henriette Kircheis schloss sich dem Strafmaß an und betonte, seit ihr Mandant wieder eine Partnerin habe, gebe es keine Taten mehr. Er habe jetzt verstanden und sei dabei, die Schäden zu regulieren.

Das Gericht verurteilte den Mann zu den geforderten 14 Monaten auf Bewährung und rechnete ihm an, dass er selbst begonnen habe, seinen Schaden wiedergutzumachen. Mit seinem umfassenden Geständnis habe er zudem eine lange Beweisaufnahme vermieden. Es wäre sicherlich schwierig geworden, die Angeklagten jede einzelne Tat nachzuweisen.

In der Gesamtfreiheitsstrafe enthalten sind auch die zwei Monate für den Ladendiebstahl bei Kaufland. Das Urteil ist bereits rechtskräftig.