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SZ + Döbeln

Ein Denkzettel für Selbstjustiz

Nach einem Dorffest haben zwei Kumpels den „Dorfquerulanten“ zur Rede stellen wollen. Warum das keine gute Idee gewesen ist.

Von Dirk Westphal
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Zwei Enddreißiger haben das Gesetz in die eigenen Hände nehmen wollen. Nun mussten sie sich vor dem Amtsgericht Döbeln verantworten.
Zwei Enddreißiger haben das Gesetz in die eigenen Hände nehmen wollen. Nun mussten sie sich vor dem Amtsgericht Döbeln verantworten. © André Braun

Döbeln. Groß, kräftig, sympathisch und bodenständig wirkend, sitzen zwei Enddreißiger neben ihren Anwälten Andreas Gumprich und Enrico Brand. Der selbstständig arbeitende Familienvater und der Angestellte – zwei typische Kumpel in bestem Alter eben.

Und doch haben sie in einer Julinacht des Jahres 2023 gemeinsam richtig Mist gebaut.

Schlagfertiger Besuch

Nach einem Dorffest sollen der 38- und der 39-Jährige in einem Kriebsteiner Ortsteil das Grundstück des als „Dorfquerulant“ bekannten Besitzers betreten, bei diesem geklingelt und ihn wechselseitig geschlagen haben.

Zudem soll der Geschädigte mit „Halt die Fresse“ und „Verpiss dich“ sowie dessen Frau als „Schlampe“ beleidigt worden sein. Das Opfer trug diverse Prellungen, Abschürfungen und Platzwunden im Kopf- und Körperbereich davon, außerdem hatte es einen gebrochenen Schneidezahn zu beklagen.

Ebenfalls in Mitleidenschaft soll der Türschmuck des Hauses gezogen worden sein, wodurch ein Sachschaden von 20 Euro entstanden sei. Hausfriedensbruch, Sachbeschädigung, gefährliche Körperverletzung sowie Beleidigung in zwei tateinheitlichen Fällen, so die Anklage der Staatsanwaltschaft für die Taten, die die Männer im betrunkenen Zustand begangen haben.

Bei einem der beiden war ein Blutalkoholwert von 2,46 Promille festgestellt worden.

Umfassende Einlassungen

Nach einem von Verteidiger Andreas Gumprich angeregten Rechtsgespräch ließ sich sein Mandant umfassend zu den Anschuldigungen ein. So gab dieser an, dass man sich auf dem Dorffest getroffen und eine ganze Menge getrunken habe.

Dann seien die beiden Männer auf die Idee gekommen, beim späteren Opfer, das im Dorf für verschiedene Übergriffe bekannt ist, vorbeizugehen „um etwas zu klären“. Dabei kam es zu den von der Staatsanwaltschaft geschilderten Vorfällen, die der Anklagte umfassend zugibt und seine Bereitschaft erklärt, Schadensersatz zu leisten.

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„Sie wussten, was sie taten?“, wollte Richter Wolfgang Dammer wissen. „Schwer“, so die Antwort des 38-Jährigen, der weiter erklärt: „Wir haben uns da reingesteigert.“

Rechtsanwalt Enrico Brand bestätigte im Namen seines Mandanten die Version des anderen Angeklagten.

„Ich kann mich an viele Sachen nicht erinnern, aber es war eine blöde Aktion von uns“, sagte der 39-Jährige, der zu seiner Verteidigung ebenfalls ausführte, was das streitbare Opfer im Dorf so alles anstelle. An die angeklagten Beleidigungen und den zerstörten Türschmuck könne er sich nicht erinnern.

Strafe im unterem Rahmen

Die Staatsanwaltschaft beantragte deshalb, das Verfahren auf die gefährliche Körperverletzung zu beschränken. Die Vertreterin der Anklage sah diesen Vorwurf als erwiesen an und forderte eine sechsmonatige Freiheitsstrafe, die zu zwei Jahren Bewährung ausgesetzt werden könne, sowie als Auflage die Zahlung von jeweils 1.000 Euro als Wiedergutmachung an das Opfer.

Dem schloss sich jeweils die Verteidigung an. Die Angeklagten beteuerten zudem, wie leid ihnen der Vorfall tun.

Letztendlich folgte Richter Wolfgang Dammer den Anträgen und verhängte gegen die beiden bislang strafrechtlich noch nicht in Erscheinung getretenen Männer, mit sechs Monaten Freiheitsentzug, die zu zwei Jahren Bewährung ausgesetzt werden, die geringstmögliche Strafe. Zudem müssen sie jeweils 1.000 Euro an das Opfer zahlen sowie die Verfahrenskosten tragen.