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Hydrologe: "Grundwasser ist die Basis unseres gesamten Wasservorrates"

Sinkt das Grundwasser, bleibt das oft lange unbemerkt. Bis der Brunnen im Garten versiegt. Wie ein Kleingärtnerverein die Dürre erlebt und was ein Wasserexperte zu den Folgen sagt.

Von Annemarie Banek
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Wegen der Dürre und des gesunkenen Grundwassers musste Dieter Uhlmann den Brunnen in seinem Kleingärtnerverein nachbohren lassen.
Wegen der Dürre und des gesunkenen Grundwassers musste Dieter Uhlmann den Brunnen in seinem Kleingärtnerverein nachbohren lassen. © Annemarie Banek

Dresden. Bunte Blumen, reifendes Obst und Gemüse und Grün so weit das Auge reicht - der Kleingärtnerverein Flora I in Dresden Striesen ist eine Oase im Sommer. Auf den drei Anlagen wird eifrig gepflanzt, gejätet, geerntet und gegossen. „Rund 20-30 Kubikmeter Wasser verbrauchen die 180 Gärtner hier am Tag“, schätzt Dieter Uhlmann, Vorstandsvorsitzender des Kleingärtnervereins. Trockenheit ist auch in der Gartenanlage Flora I ein Thema und das nicht nur, weil mittlerweile mehr gegossen werden muss. Bis zum letzten Jahr sei das dank mehrerer Brunnen problemlos möglich gewesen. „Als ein Brunnen trocken gefallen ist, haben wir allerdings gemerkt, dass der Grundwasserspiegel abgesunken ist“, so Uhlmann.

Damit der Brunnen weiterhin genutzt werden konnte, bohrte ihn eine Firma im März nach und stieß bei 10,30 Tiefe auf Grundwasser. Der aktuelle Grundwasserpegel ist dem Gartenverein nicht bekannt. "Grundwasser hat die Eigenschaft, verzögert zu reagieren. Ist es trocken und bleibt der Regen länger aus, sinkt das Grundwasser erst nach einer gewissen Zeit", sagt Uhlmann. Auch die Gärtner würden das fehlende Grundwasser erst bemerken, wenn der Wasserdruck abnimmt oder das Wasser bereits versiegt ist, denn die Brunnenanlagen sind verschlossen.

Große Sorgen wegen anhaltender Trockenheit und weiterer versiegender Brunnen macht sich Uhlmann momentan noch nicht. „In Dresden haben wir ja den Vorteil, dass es durch die Elbe ein bestimmtes Minimum an Grundwasser gibt“, sagt Uhlmann. Aber dennoch werde die Lage insgesamt kritischer. Deswegen hat er in der Kleingartenverordnung noch einmal hingewiesen, mit Wasser sparsam umzugehen. Wenn sich die Situation zuspitzt und der Grundwasserspiegel weiter sinkt, müsse man auch über Einschränkungen nachdenken. Die Wasserkrise vorantreiben, würden die Gärtner aber nicht. „Das Wasser, das wir hier entnehmen, kommt zu 100 Prozent dem Boden wieder zugute und sickert wieder ein. Es wird nicht dem Wasserkreislauf entnommen“, so Uhlmann. Und mit der Parzelle 3 gibt es sogar ein Projekt in der Gartenanlage, das trockenresistente Pflanzen und deren Entwicklung untersucht.

Seit Jahren Grundwasserdürre in Sachsen

Das Fehlen von Grundwasser ist seit Jahren ein Problem. Seit 2018 besteht mit Ausnahme des Jahres 2021 in Sachsen eine großräumige Grundwasserdürre, so das Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG). Gründe dafür seien der Temperaturanstieg, der Verdunstung fördert und das Ausbleiben anhaltend nasser Witterung. Innerhalb des sehr nassen Winterhalbjahres 23/24 füllte sich das Grundwasser wieder auf. "Seit April ist aber erneut ein ausgeprägter Rückgang des Grundwassers zu beobachten, der bereits wieder zu einer Grundwasserdürre in Sachsen führt – dies trotz der bisher normal gefallenen Niederschläge im Sommerhalbjahr", so das LfULG.

Auch Udo Mellentin, Hydrologe des LfULG, weist auf das Problem der Grundwasserdürre hin. In Sachsen gebe es fallende Grundwasserstände und eine Abnahme der Neubildung des Grundwassers. "Wir beobachten einen langfristigen Trend der Abnahme, wo sich im Jahresmittel die Werte insgesamt nach unten bewegen. Und gerade beim Grundwasser erleben wir, dass es sich nicht mehr richtig erholt", so der Hydrologe. Grund dafür sei der Klimawandel. Verschärfe sich dieser weiter, so werde auch die Wasserknappheit zukünftig zunehmen und Trockenheit zum Thema Nummer Eins. Bereits jetzt stellen Behörden fest, dass in Trockenjahren die Anzahl der Brunnenbohrungen zunimmt. Das sei verständlich, verstärke aber in Zeiten des Wassermangels weiter die Abnahme des Grundwassers.

Sinkendes Grundwasser bedroht auch andere Gewässer

Fehlendes Grundwasser habe schwerwiegende Auswirkungen auf die Umwelt. "Man sieht Grundwasser nicht. Deswegen vergessen viele schnell, dass es die Basis unseres gesamten Wasservorrats, den wir haben, ist", sagt Udo Mellentin. Normalerweise stützt das Grundwasser die Fließgewässer. Wenn das Grundwasser aber sehr tief sinkt, kehrt sich dieser Effekt um. "Geht der Grundwasserstand unter die Gewässersohle, dann bricht der Basiszustrom ab und Wasser aus den Fließgewässern strömt in die Grundwasserleiter", so Mellentin. Damit verringert sich die Wasserverfügbarkeit in Oberflächengewässern und diese trocknen aus. Handelt es sich um einen See oder einen Fluss, verschlechtern sich Lebensräume für Fische und Pflanzen darin. Bei einer Talwassersperre ist mit dem zuströmenden Wasser in das Grundwasser die Trinkwasserversorgung in Gefahr.

Gibt es in Sachsen deutlich zu wenig Grundwasser, so verschärfe dies den Wassermangel. Wie kann man damit zukünftig umgehen? Laut Mellentin wäre das Einsparen von Wasser in Industrie und den Privathaushalten der wichtigste Schritt. Auch Trockentoiletten wären eine Lösung. Zudem könnte man über Meerentsalzungsanlagen nachdenken, die das Wasser von der Ostseeküste nach Sachsen pumpen. Auch eine Verbundwirtschaft von Talsperren, die wasserarme Regionen mit Wasser aus wasserreichen Regionen versorgen, wären möglich. Wasser und deren Verteilung werde zukünftig eine große Rolle spielen. "Wasserverfügbarkeit wird auf jeden Fall zu einem wichtigen Faktor werden und die Standortansiedlungen entscheidend beeinflussen", so Mellentin.