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Görlitz plant Kleingarten-Deal für Kita-Neubau

Wichtige Investitionen für Kitas, Schulen oder die Feuerwehr werden immer teurer. Jetzt holt die Stadt zum großen Befreiungsschlag aus.

Von Sebastian Beutler
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Symbolfoto
Symbolfoto © Matthias Weber

Die letzte Frist für die "Südstadtmäuse" endet am Silvestertag 2022. Dann läuft die Betriebserlaubnis des Landesjugendamtes für die Kita in der Görlitzer Arndtstraße aus. Endgültig. Denn seit Jahren steht fest, dass die Kita ein Auslaufmodell ist. Die Bausubstanz ist schlecht, einst verbaute Asbestteile müssen ständig kontrolliert werden. Schon 2012 kam eine Studie zum Schluss: Ein Neubau wäre das Beste.

Deswegen steht er auch im städtischen Haushalt. Mit rund drei Millionen Euro. Bereits im vergangenen Jahr bewilligte der Landkreis 2,4 Millionen Euro Fördergelder für den Bau auf dem Gelände der einstigen Schwimmhalle auf der Fichtestraße. "Dafür sind wir dankbar", sagt Bürgermeister Michael Wieler, "denn der Landkreis setzt damit einen Schwerpunkt auf die Görlitzer Kita" und gibt einen Großteil der Mittel weiter, die ihm vom Freistaat für die Kindertagesstätten im gesamten Landkreis jährlich zur Verfügung gestellt werden.

Zwei Millionen kostet die Kita mehr

Doch wie bei fast allen Bauprojekten - die einst geschätzten Kosten sind durch die Planung völlig überholt worden. Der Bau, wo künftig 40 Krippen- und 80 Kindergarten-Kinder betreut werden, wird nach heutigem Stand knapp 5, 2 Millionen Euro kosten. Die Fördergelder können sich aber nicht erhöhen, denn der Freistaat fördert jeden Platz mit einem festen Betrag, egal, wie sich die Kosten entwickeln. Der Betrag ist seit 2005 nicht angepasst worden. So muss die Stadt allein die Kostensteigerungen tragen und damit rund zwei Millionen Euro.

Im städtischen Haushalt finden sich diese zwei Millionen Euro aber nicht so locker. Und: Die Kita für die Görlitzer Südstadt ist kein Einzelfall. Immer wieder muss die Stadt bei ihren Bauprojekten nachschießen. Die Gründe dafür sind vielfältig: Manchmal kommen Fördermittel erst nach Jahren, die Baukosten steigen einfach schneller, Pläne ändern sich oder Projekte stellen sich doch als umfangreicher dar, und mitunter sind die Kostenschätzungen der Stadt schlichtweg zu niedrig. Alles zusammen führt dazu, dass das Görlitzer Rathaus permanent dabei ist, Gelder umzuschichten, um geplante Vorhaben auch zu verwirklichen. 

Im Winter sorgte zudem ein Vorstoß von Ursu für Aufsehen: Um die Planung der Stadthalle voranzubringen, verdonnerte er die städtische Tochtergesellschaft Kommwohnen in diesem Jahr, einen höheren Gewinnanteil an die Stadt auszuschütten. Obwohl grundsätzlich ein solcher Schritt auch für nächstes Jahr möglich ist, soll er aber die Ausnahme bleiben.

Großer Vermögenstausch: Geld gegen Kleingärten

Doch bei Größenordnungen von mehreren Millionen für geplante Bauten kommt die Stadt mit Umschichtungen oder Gewinnausschüttungen von Kommwohnen nicht mehr ans Ziel. Daher gibt es nun einen neuen Plan. Der heißt auf einen Nenner gebracht: Geld gegen Kleingärten.

Tatsächlich gehört das Land vieler Kleingartensparten in Görlitz der Stadt. In der Eröffnungsbilanz der Stadt Görlitz sind sie mit sechs Millionen Euro bewertet worden. Aber in ihrer Bilanz sind die Kleingartensparten totes Kapital. "Wir haben Werte, aber das Geld nicht flüssig", sagt Bürgermeister Michael Wieler.

Das soll sich ändern. Und das geht so: Kommwohnen übernimmt das Land der Kleingartensparten und zahlt dafür die Stadt aus. Über fünf Millionen Euro könnten dadurch für das Rathaus drin sein, denn noch steht nicht fest, ob die Stadt alle Kleingärten an Kommwohnen weitergibt oder nur die Sparten. Es gibt neben den Sparten auch noch vereinzelte Kleingärten in der Stadt.

Der Vorteil dieses Vermögenstausches gegenüber der Gewinnauszahlung von Kommwohnen im Frühjahr für die Stadthalle: Kommwohnen erhält Vermögen gegen Bargeld, verliert keine Substanz wie das bei einer höheren Gewinnausschüttung der Fall ist. Und die Stadt wiederum hat das Geld, um ihre Eigenanteile bei den großen Bauprojekten zu finanzieren.

Für Kleingärtner soll sich nichts verändern

Und was ändert sich für die Kleingärtner? Nichts, sagt Oberbürgermeister Octavian Ursu und will gleich alle Ängste im Keime ersticken. Kommwohnen sei eine städtische Gesellschaft, nichts geschehe dort, ohne dass er oder der Stadtrat davon wissen und gegebenenfalls eingreifen können. Oberbürgermeister Octavian Ursu bringt auch einen Kleingarten-Beirat ins Gespräch wie er in anderen Städten existiert, wo Stadträte, Verwaltung  und Vertreter der Kleingärtner gemeinsam die Entwicklung begleiten.

Ganz neu - wenn auch nicht in dieser Dimension - ist ein solcher Vermögenstausch nicht zwischen Kommwohnen und der Stadt Görlitz. Bereits vor zehn Jahren  erwarb Kommwohnen mehrere Häuser von der Stadt, die meisten stehen in der Gründerzeitstadt und sind ruinös. Das war damals der Pferdefuß. Zwar bekam Kommwohnen Kapital in Form der Häuser, aber muss Millionen investieren, um seinerseits wieder Kapital aus den Gebäuden zu schlagen. Da könnte das Kleingarten-Geschäft für den Großvermieter besser ausfallen, denn in den Sparten muss Kommwohnen nicht oder wenig investieren.

Stadt könnte so flüssig für Investitionen sein

Gelingt nun dieser neuerliche Vermögenstausch dann könnte die Stadt Görlitz ihre Vorhaben für den Doppelhaushalt 2021/22 besser absichern als bislang. Ob die fünf Millionen am Ende reichen, wird man abwarten müssen. Die Rathausspitze  allerdings stellt sich darauf ein, dass die Spielräume der Stadt noch stärker erweitert werden müssen und hat dafür einen Vorstoß in Dresden lanciert, über den im Laufe des Herbstes entschieden wird.

Jetzt ist aber zunächst der Stadtrat am Donnerstag dran. Stimmt er dem Weg zu, dann könnte die letzte Frist für die "Südstadtmäuse" an der Arndtstraße doch noch fristgemäß in ihr neues Domizil an der Fichtestraße münden. Beginnt der Bau wie geplant im Juni nächsten Jahres, ist die Eröffnung für August 2022 vorgesehen.

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