Mission auf acht Pfoten: Wie zwei Schulhunde den Unterricht in Oßling bereichern
Oßling. Kurz nachdem die Schulglocke geläutet hat, herrscht Leben im Klassenzimmer. Gut - das tut es eigentlich immer an der Oßlinger Grundschule. Aber wenn die knuddelweichen "Lehrer" Sammy und Fiona mit am Start sind, dann legt sich ein großes Dauergrinsen über die Gesichter der Kinder.
"Einsatz auf acht Pfoten" könnte man das Ganze nennen. Obwohl die beiden normalerweise nicht im Doppelpack unterwegs sind. Nur fürs Pressebild dürfen sie heute mit der 2. Klasse von Sabine Kowalski posieren. Sie ist hier Klassenlehrerin, und Königspudel-Dame Fiona sowie Golden Doodle Sammy unterstützen Frauchen seit Jahren als Schulhunde.
Letzterer ist dabei ein richtig alter "Hase" und gelassener als seine jüngere Kollegin. "Sammy ist achteinhalb Jahre alt und hat große Erfahrungen im Schulhund-Team. Fiona wird erst zwei und ist entsprechend quirliger", erzählt Sabine Kowalski. Doch beide Hunde müssen natürlich in erster Linie eines: auf alle Signale hören, die ihre Besitzerin ihnen gibt.
Schulhunde in Oßling sorgen für weniger Lärm
Als die Königspudeldame heute den Raum betritt, schnuppert sie sich durch die Reihen. Die Mädchen und Jungen schauen gespannt. Zu wem wird sie gehen? Sie dürfen ihren Klassenhund nicht zu sich rufen. Fiona entscheidet selbst, wem sie persönlich Guten Tag sagt und sich schnell mal kraulen lässt. "Außer mir darf keiner sie beim Namen rufen, das würde alles durcheinander bringen. Sie braucht klare Ansagen, und die gebe nur ich", erklärt die 55-Jährige.
Wenn die Hunde mit im Zimmer sind, wissen alle, dass sie sich ruhig und ausgeglichen verhalten müssen. So sind die Tiere gleichzeitig ein Art Lärm-Prävention. Und das tue dem Lernen gut. Die tierischen Unterstützer nehmen aber auch Angst und Sorgen, bringen Leichtigkeit ins Spiel. Denn sie nehmen sehr schnell Stimmungen der Kinder auf.
Wem geht es heute nicht so gut? Wer hat eine schlechte Zensur kassiert und ist traurig? Wer braucht einen Stups extra? Auch die Streithähne, die in der Pause noch lautstark unterwegs waren, werden friedlich.
Drei Schulstunden pro Woche sind Fiona und Sammy mit im Einsatz im Unterricht. Fiona als feste Größe in der zweiten Klasse. Sammy wechselt zwischen erster, dritter und vierter Klasse. Das Ganze nennt sich "Lernen mit Fiona" oder "Lernen mit Sammy" und findet im Rahmen des Förderunterrichtes statt - meist in Mathematik oder Deutsch. "Dazu werde ich dann auch von den anderen Lehrern angefragt", so Sabine Kowalski.
Die Vierbeiner lockern das Ganze mit lustigen Spielen auf. Würfel werden mit der Schnauze gerollt, Spezialmatten ausgerollt mit der Nase. "In der Matte sind zum Beispiel die Namen der Kinder versteckt. Wir lernen so unseren Klassenwortschatz", so die Lehrerin. Je nachdem, wessen Name auf dem Zettel auftaucht, muss nach vorn kommen. Das fördert das Lesen, und obendrein müssen sich die Kinder nach ABC geordnet aufstellen. Fiona wartet derweil brav neben der Matte.
Auch den gelben Schaumstoffwürfel liebt sie. Gerade hat sie eine Fünf gewürfelt. Der Buchstabe E steht an fünfter Stelle des Alphabets. Die Kinder zählen laut durch und benennen ihn. Wieder was gelernt. Ein Säckchen mit Leckerlis ist immer dabei. "Ich arbeite über das Belohnungsprinzip", so Sabine Kowalski.
Beim Förderunterricht dabei ist meistens eine zweite Lehrerin. Auch Ines Lehmann findet die Schulhunde prima. Man merke den Kinder an, wie sehr sie das Ganze lieben. Überhaupt fördern die Tiere das Beste in den Schülern zu Tage: Ruhige werden mitteilsamer, die Wilden erden sich schneller, und Schüchterne trauen sich wirklich mehr.
Sabine Kowalski hat ein extra Büro, ein sogenanntes Hundezimmer, in dem die zwei Vierbeiner ihre Ruhe haben. Sind sie mit im Unterricht, steht auch dort eine große Hundebox für den Rückzug. In den Pausen ist Gassigehen angesagt. "Manchmal verlegen wir den Unterricht gleich ins Freie", so Kowalski.
Königspudel Fiona ist sächsische Vizemeisterin
Die Kamenzerin ist Hundehalterin aus Leidenschaft. Auch in der Freizeit ist sie viel unterwegs. Sammy mit seinen achteinhalb Jahren genießt mittlerweile seinen Ruhestand. Fiona hingegen liefert öfter im sogenannten Rally Obedience ab. Das ist eine Verbindung von klassischerem Gehorsamstraining mit sportiver Betätigung als Rallye durch einen Parcours. In der Szene hält Fiona aktuell den sächsischen Vize-Champion-Titel in der Kategorie I mit ihrem Frauchen. "Sie liebt Beschäftigung über alles."
Die Ausbildung zum Schulhund war übrigens aufwändig. Mehrere Wochenenden fuhr die Lehrerin mit Sammy damals nach Hessen, weil es lokal keine Angebote gibt. Auch finanziell trug sie alles allein. Doch es lohnte sich. Ihr Liebling war 2016 sachsenweit der erste Schulhund, anfangs in der Grundschule Brauna.
Noch immer sind Schulhunde in der Region selten. Dabei sei das Interesse sehr groß. "Ich hatte schon einige Studenten hier, die Beleg-Arbeiten zum Thema geschrieben haben", erzählt Sabine Kowalski. "Mit Fiona muss ich nicht mehr zur Ausbildung, da reicht jetzt eine Prüfung als Schulhund aus. An dieser sind wir aktuell gerade dran."
Übrigens: Aller halben Jahre fehlt Fiona in der Schule für ein paar Wochen, wie momentan gerade. Dann muss sie wegen ihrer Läufigkeit nämlich daheim bleiben. "Die Natur schreibt solche Sachen vor", schmunzelt ihr Frauchen. Wie ein echter Teamplayer übernimmt dann Sammy für seine Kollegin die Stunden...