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Führt die neue Mega-Hochspannungsleitung über bewohntes Gebiet? Ohorn wehrt sich

Erste Pläne für eine neue Strom-Trasse von der Oberlausitz bis in den Dresdner Norden liegen auf dem Tisch. Warum sie in Ohorn auf Ablehnung stoßen und welche Alternativen die Gemeinde vorschlägt.

Von Heike Garten
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Die Firma "50 Hertz" will eine neue Hochspannungsleitung bauen. Diese soll auch über Ohorn führen. Die Pläne stoßen in der Gemeinde auf Protest.
Die Firma "50 Hertz" will eine neue Hochspannungsleitung bauen. Diese soll auch über Ohorn führen. Die Pläne stoßen in der Gemeinde auf Protest. © Archivfoto: dpa/Julian Stratenschulte

Ohorn. Noch stehen die Pläne für die neue Mega-Hochspannungsleitung für ESMC und Infineon im Dresdner Norden nicht endgültig fest. Doch bereits jetzt gibt es in der Gemeinde Ohorn Bedenken gegen eine mögliche Trassenführung. Die 380-Kilovolt-Höchstspannungsleitung soll neben der bisherigen 110-kV-Leitung von Schmölln-Putzkau bis in den Dresdner Norden verlaufen. Dabei würde sie auch über Ohorn führen. Doch genau in diesem Bereich ist die Trassenführung noch nicht konkret. „Jetzt beginnen wir, die Trassenkorridore zu ermitteln. Wo genau diese verlaufen, ist noch nicht klar“, sagt Elke Brennstuhl von der Firma „50 Hertz“, die für den Bau verantwortlich ist.

Vor allem im Bereich Ohorn gibt es verschiedene Varianten. Eine davon würde über eine Wohnbebauung führen. „Das lehnen wir strikt ab“, erklärt Ohorns Bürgermeisterin Sonja Kunze (parteilos) gegenüber Sächsische.de. Und auch Anwohner wehren sich vehement gegen eine Höchstspannungsleitung über oder neben ihren Häusern. Eine von ihnen ist Anna Berger. Die junge Frau kennt sich in dem Metier aus, arbeitet sie doch selbst im Hochspannungsbereich.

Sie machen sich dafür stark, dass die geplante Hochspannungsleitung nicht über bewohntes Gebiet in Ohorn führt: Bürgermeisterin Sonja Kunze (vorn), Anwohnerin Anna Berger und der stellvertretende Bürgermeister Falk Höhrenz.
Sie machen sich dafür stark, dass die geplante Hochspannungsleitung nicht über bewohntes Gebiet in Ohorn führt: Bürgermeisterin Sonja Kunze (vorn), Anwohnerin Anna Berger und der stellvertretende Bürgermeister Falk Höhrenz. © Matthias Schumann

Doch was genau ist das Problem in Ohorn? Die bisherige 110-kV-Leitung verläuft unter anderem durch das Gewerbegebiet. Nach Ansicht der Leitungsplaner ist dort aber zu wenig Platz, um nebenher noch die neue Leitung zu ziehen. Also müsste man ausweichen und eine andere Streckenführung finden. Und in einer Variante führt diese Strecke eben über Wohnbebauung.

Extreme Belastungen für Anwohner befürchtet

In einer Stellungnahme zum aktuell laufenden Planfeststellungsverfahren spricht sich der Gemeinderat deutlich gegen diese Variante aus. In dem Papier heißt es unter anderem, dass die Streckenführung „zu einer extremen Belastung und zu Auswirkungen für Be- und Anwohner führt“. Betroffen wären in Ohorn etwa 300 Einwohner.

Dabei gebe es nach Ansicht der Ohorner mehrere Optionen, die technisch möglich wären, um die 380-kV-Leitung mit der bestehenden Trasse zu führen. Eine erste wäre ein sogenannter Tonnenmast, der zwar höher als die derzeit geplanten Masten wäre, dafür aber deutlich schmaler. „Dadurch wäre es möglich, beide Systeme, also 110 kV und 380 kV, an einer Trasse zu führen“, erklärt Anna Berger.

Als zweite Option nennt sie die Verwendung eines anderen Leiterseils, das nicht so durchhängt, wodurch auch eine gewerbliche Nutzung unterhalb der Freileitung möglich wäre. Die dritte ist eine Erdverkabelung, die zwar aufwendig, aber ebenfalls möglich wäre. Und die vierte Möglichkeit wäre ein Druckluftkabel, auch in der Erde, aber mit deutlich geringerem Tiefbau, vergleichbar mit einer Kanalisationsleitung. „Diese Technologie hätte die geringsten Auswirkungen bezüglich aller Konfliktpunkte“, sagt Anna Berger.

Diese Argumente sind auch alle in der Stellungnahme der Gemeinde gegen die angedachte Trassenführung enthalten und gingen jetzt an die Landesdirektion Sachsen, die mit dem Planfeststellungsverfahren beschäftigt ist.

Infoveranstaltung am 25. September in Ohorn

„Wir wollen verhindern, dass die neue Höchstspannungstrasse Auswirkungen auf die Menschen hier in der Region hat, dass ihre Grundstücke auf 100 Jahre entwertet werden. Das können und wollen wir ihnen nicht zumuten“, sagt der stellvertretende Bürgermeister Falk Höhrenz (CDU). Die Ohorner wollen alle ihnen zur Verfügung stehenden Mittel nutzen, um die strittige Routenführung zu verhindern.

Eine Möglichkeit, ihre Argumente vorzubringen, haben sie am Mittwoch, dem 25. September 2024. Dann will die Firma „50 Hertz“ mit ihrem Infomobil über das geplante Vorhaben informieren. Von 15 bis 18.30 Uhr steht das Mobil am Wall 3 in Ohorn, und Mitarbeiter des Unternehmens stellen sich den Fragen der Ohorner. Neben der Bürgermeisterin und ihrem Stellvertreter werden dort sicher auch viele Einwohner Fragen stellen und ihre Argumente anbringen.

Eine endgültige Entscheidung zum Bauvorhaben fällt voraussichtlich erst bis zum Jahr 2027. Dann nämlich soll das Planfeststellungsverfahren abgeschlossen sein. Die Ohorner hoffen, dass es eine Lösung gibt, die ihre Interessen wahrt. Ob es so wird, kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt aber niemand sagen.