Partner im RedaktionsNetzwerk Deutschland
SZ + Kamenz

Pulsnitzer Bademeister geht: „Die Walke war wie mein zweites Zuhause“

43 Jahre lang war Steffen Wolf Schwimmmeister im Pulsnitzer Walkmühlenbad. Jetzt liegt die letzte Saison hinter ihm. Was er in all der Zeit erlebt hat.

Von Heike Garten
 4 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Das war sein zweites Zuhause. Nach 43 Jahren als Schwimmmeister im Walkmühlenbad in Pulsnitz geht Steffen Wolf in den Ruhestand.
Das war sein zweites Zuhause. Nach 43 Jahren als Schwimmmeister im Walkmühlenbad in Pulsnitz geht Steffen Wolf in den Ruhestand. © Matthias Schumann

Pulsnitz. Still ruht das Walkmühlenbad in Pulsnitz. Die Saison ist beendet, jetzt geht es ans Aufräumen und die Winterfestmachung. Für Schwimmmeister Steffen Wolf ist der Saisonabschluss mit Wehmut verbunden. Denn dieser Abschluss ist gleichzeitig die Beendigung seiner Tätigkeit als Bademeister. 43 Jahre lang war er das Gesicht des Freibades, hat in dieser Zeit eine Menge erlebt. Er könnte Geschichten erzählen.

Steffen Wolf hat 1981 das erste Mal seinen Dienst im Pulsnitzer Walkmühlenbad angetreten, damals noch als Rettungsschwimmer. Das war er nur ein Jahr, dann übernahm er schon den Posten des Schwimmmeisters – und hat ihn bis heute behalten. „Die Walke war wie mein zweites Zuhause“, sagt der 64-Jährige schmunzelnd. Jetzt hat er seine letzte Badesaison hinter sich. Am 31. Januar 2025 geht er in den Ruhestand.

Schon als Kind war Steffen Wolf (2.v.l.) in der Walke in Pulsnitz baden. Hier mit seinen Brüdern (vorn).
Schon als Kind war Steffen Wolf (2.v.l.) in der Walke in Pulsnitz baden. Hier mit seinen Brüdern (vorn). © Matthias Schumann

Dieses Datum zeigt auch, dass die Tätigkeit eines Schwimmmeisters sich nicht nur auf die Öffnungszeiten des Bades beschränkt. „Da gibt es viel, viel mehr, was die Leute gar nicht so mitbekommen“, sagt Steffen Wolf. Seine Tätigkeit und die der anderen Mitarbeiter beginnt nämlich nicht erst, wenn das Bad Mitte Mai öffnet, sondern bereits, wenn der Winter vorbei ist. Dann heißt es, den Teich zu beräumen, Mauern auszubessern, Geräte zu reparieren, alles zu säubern. „Ein Schwimmmeister muss gleichzeitig Handwerker sein“, weiß Steffen Wolf.

In der Badesaison von Mai bis September sind es dann oft mehr als Zwölf-Stunden-Tage, die die Mitarbeiter absolvieren. „Ich bin oft schon gegen 8 Uhr hier und nicht vor 21 Uhr zu Hause“, sagt der Schwimmmeister. Da muss vor der Öffnung schon alles vorbereitet, Müll aufgesammelt und Papierkörbe geleert werden. Dazu kommen solche Arbeiten wie Rasenmähen, Heckeschneiden oder kleine Ausbesserungen. „Es ist also nicht nur der Job am Beckenrand, um für Sicherheit zu sorgen, sondern ganz viel mehr“, sagt Steffen Wolf.

Sohn ist Schwimmmeister im Masseneibad

Die Familie kennt diese Situation und hat gelernt, damit umzugehen. Steffen Wolf ist verheiratet, hat drei Kinder und zwei Enkel. „Wir genießen einfach die gemeinsame Zeit, fahren dann eben nach der Saison in den Urlaub“, sagt der Pulsnitzer. Sein Sohn Sandro ist inzwischen in seine Fußstapfen getreten und leitet als Schwimmmeister das Masseneibad in Großröhrsdorf.

Steffen Wolf war 43 Jahre Bademeister – da erlebt man eine Menge: Positives wie auch schlimme Ereignisse. Wolf könnte ein Buch darüber schreiben. Er blickt ein wenig zurück. Da ist zum Beispiel der Fall einer frisch verheirateten Frau, der ihn zum Schmunzeln bringt. Die Frau hatte im Bad ihren Ehering verloren, war total verzweifelt. Badegäste wie auch Mitarbeiter suchten, keiner fand den Ring. „Ich will auf die Frau zugehen und sie trösten. Da sehe ich es vor mir funkeln, der Ring. Ein Happy End, und alle klatschten“, erzählt Steffen Wolf.

Doch es gab auch tragische Vorfälle. Zum Beispiel, als eine Berufsschulklasse mit eigenem Rettungsschwimmer im Bad war und ein 24-Jähriger im Wasser plötzlich verschwand. Da dieses nicht klar war, brauchte Steffen Wolf fünf Anläufe, um den jungen Mann zu finden und zu bergen. Dann begann er mit der Reanimation und konnte ihn auch wiederbeleben. „Leider ist er dann nach anderthalb Wochen verstorben“, so der Schwimmmeister.

Der Ausweis als Schwimmmeister wurde für Steffen Wolf im Jahr 1981 ausgestellt.
Der Ausweis als Schwimmmeister wurde für Steffen Wolf im Jahr 1981 ausgestellt. © SZ/Heike Garten

Viele Einsätze haben nichts mit Ertrinken zu tun, sondern sind Unfälle oder Ähnliches. Da sind Wespenstiche, die verarztet werden wollen, oder Schürfwunden bei Kindern, die gestürzt sind und ein Pflaster brauchen, oder Kreislaufbeschwerden bei Gästen, die zu lange in der Sonne gelegen haben. Nicht umsonst absolvieren Rettungsschwimmer und Schwimmmeister eine umfangreiche Ausbildung in Erster Hilfe, die auch regelmäßig aufgefrischt werden muss.

An einen Fall kann sich Steffen Wolf auch noch genau erinnern. Ein Kind wollte vom Drei-Meter-Brett springen, bekam vermutlich Angst und ging auf dem Brett zurück. Dabei trat es daneben und fiel ins Wasser. Allerdings landete das Kind mit dem Kopf auf dem Beckenrand. Steffen Wolf sprang sofort ins Wasser, holte es raus und rief den Rettungsdienst. Zum Glück ging es gut aus.

Nachfolger fürs Pulsnitzer Bad gibt es bereits

Künftig wird Steffen Wolf solche Dinge nicht mehr erleben. Im Moment sind die Mitarbeiter dabei, das Walkmühlenbad winterfest zu machen. Auch das sind Tätigkeiten, die nicht mal auf die Schnelle zu schaffen sind. Dann kommt der Urlaub, dann der Ruhestand. Der Schwimmmeister freut sich darauf, vor allem auf viel mehr Zeit mit seiner Frau und den Enkeln. Das Walkmühlenbad wird er dennoch vermissen und ihm bestimmt hin und wieder einen Besuch abstatten - dann als Badegast.

Einen Nachfolger gibt es bereits. Es ist Steffen Pfeiffer aus Bröthen bei Hoyerswerda. Schon in der gerade zu Ende gegangenen Saison hat er als Schwimmmeister mit im Walkmühlenbad gearbeitet – und vielleicht kann er nach seinen Arbeitsjahren ja auch so viel erzählen wie Steffen Wolf.