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800 Jahre Kamenz: Wort-Skulpturen stehen jetzt am Roten Turm

In Vorbereitung des Kamenzer Stadtjubiläums wurden riesige Buchstaben und Ziffern aufgestellt. Noch sind sie nicht ganz fertig. Bei der Vollendung kann jeder mitmachen.

Von Ina Förster
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Eingerahmt zwischen zwei Kamenzer Wahrzeichen – Roter Turm und Hauptkirche St. Marien – weist der Skulpturen-Schriftzug "800 Jahre Kamenz" nun aufs bevorstehende Stadtjubiläum hin.
Eingerahmt zwischen zwei Kamenzer Wahrzeichen – Roter Turm und Hauptkirche St. Marien – weist der Skulpturen-Schriftzug "800 Jahre Kamenz" nun aufs bevorstehende Stadtjubiläum hin. © Matthias Schumann

Kamenz. Kunst im öffentlichen Raum hat schon häufig Diskussionen heraufbeschworen. Was dem einen gefällt, sticht dem nächsten negativ ins Auge. Ab sofort haben auch die Kamenzer und ihre Gäste etwas zum Reden. Denn seit dem 21. Juni 2023 stehen unterhalb des Roten Turmes riesige Wort-Skulpturen. "Kamenz 800 Jahre" weist werbewirksam auf das Stadtjubiläum hin, welches 2025 gefeiert wird. Jeder dreidimensionale Buchstabe besteht aus massiven OSB-Platten und ist etwa zwei Meter hoch.

Hervorgegangen ist dieses Projekt aus einer Ideenkampagne, bei der über 100 Vorschläge eingegangen sind. Maßgeblich beteiligt waren auch Stadtmarketing-Chef David Kliemann sowie Projektkoordinator Maik Fabisch und viele fleißige Hände, die die graue Theorie vom Papier ganz praktisch umsetzten. Dieser Part fiel dem Bildungsträger Bao GmbH Kamenz zu.

Unter der fachlichen Anleitung von René Gumprich baute ein Team der Bao in zirka 1.200 Arbeitsstunden die Skulpturen. "Das war nicht immer einfach, und vor allem die Größe war nicht leicht zu bewältigen, aber unsere Leute haben es bestens umgesetzt", sagt Chefin Sieglinde Kernchen.

Oberbürgermeister Roland Dantz (l.) enthüllt die Buchstaben.
Oberbürgermeister Roland Dantz (l.) enthüllt die Buchstaben. © Matthias Schumann

Die Mitwirkung der Bao schlägt günstig zu Buche, so muss die Stadt für das Skulpturen-Projekt lediglich die Materialkosten tragen. Zudem ist das Ganze laut Projekt-Koordinator Maik Fabisch auf Spenden und Sponsoring ausgerichtet. Ein echtes Mitmach-Projekt also!

"Sogar die Farbe zum Grundieren wurde von der Einkaufs- und Liefergenossenschaft Kamenz gestiftet. Wir freuen uns über das Engagement hiesiger Firmen", sagt Oberbürgermeister Roland Dantz (parteilos). Es sei wunderbar, dass man jetzt schon spüre, wie sich ein gewisser Lokalpatriotismus aufbaue. "Wenn es um 800 Jahre Kamenz geht, sind die Menschen mit im Boot", so Dantz.

OB Roland Dantz, Sieglinde Kernchen, Leiterin des Bao Schulungszentrums Kamenz, Projektkoordinator Maik Fabisch und David Kliemann vom Stadtmarketing (v.l.) freuen sich über die besondere Werbung fürs Stadtjubiläum.
OB Roland Dantz, Sieglinde Kernchen, Leiterin des Bao Schulungszentrums Kamenz, Projektkoordinator Maik Fabisch und David Kliemann vom Stadtmarketing (v.l.) freuen sich über die besondere Werbung fürs Stadtjubiläum. © Matthias Schumann

Am Mittwoch wurden die 14 Buchstaben und Ziffern unterhalb des Roten Turmes feierlich enthüllt. Dass dies zu einer recht arbeitnehmer-unfreundlichen Zeit um 14 Uhr geschah, hatte schon im Vorfeld in den sozialen Netzwerken für Kritik gesorgt. Doch an diesem Tag begingen die Kamenzer außerdem die Fete de la Musique. So dehnte die Stadt nach der Einweihung der Skulpturen ihre "Ideenfindung" bis in die Abendstunden aus. Zahlreiche Neugierige fanden sich so noch am Infostand ein.

Denn mit dem Aufstellen und Verankern der Lettern durch den Hausmeisterpool der Stadt ist es nicht getan. Nun muss die Grundierung der Skulpturen folgen. Drei verschiedene Rottöne stehen dafür zur Verfügung - angepasst an den Roten Turm. Für den Farbanstrich berechnete der Mathe-Leistungskurs des Lessing-Gymnasiums übrigens die Maße der Oberfläche.

Die Grundierung soll im günstigsten Fall in den nächsten Wochen ehrenamtlich durch Bürger der Stadt passieren. "Ich könnte mir vorstellen, dass man Sportvereine anspricht", sagt Marita Lehmann, Chefin des Kinderschutzbundes Kamenz. Als Erste legten schon Kinder und Jugendliche vom Haus "Kleeblatt" der Kinderarche Hand an und strichen die liegende 800 in der Mitte.

Die Wort-Skulpturen bieten schon jetzt schöne Fotomotive.
Die Wort-Skulpturen bieten schon jetzt schöne Fotomotive. © Matthias Schumann

Was allerdings eine Weile Zeit in Anspruch nehmen kann, ist der künstlerische Feinschliff. "Heute war der Startschuss, und nun müssen die Ideen der Bürgerschaft sprudeln", wünscht sich Maik Fabisch. Denn die Lettern sollen künftig farbenfroh auf das Stadtjubiläum hinweisen und dadurch zur echten "Kunst im öffentlichen Raum" werden.

Nicht wild besprayt oder bekritzelt, sondern nach vorheriger Absprache mit der Stadt. Themen wie Lessing, Krabat, Handwerk, Sagen, Natur und Umwelt, Sorben, Türme, Kirche und Forstfest, Hutberg und Sport, aber auch Diversität, Frieden oder Kultur im Allgemeinen könnten sich darauf wiederfinden.

Zehn Vorschläge für die Gestaltung liegen schon vor

Vordrucke, auf denen Vorschläge eingereicht werden können, liegen in der Stadtverwaltung parat und werden aktuell zum Downloaden auf der Homepage vorbereitet. Jeder solle sich angesprochen fühlen, Ideen vorzutragen: Alt und Jung, Kunstschaffende ebenso wie Laien, Privatpersonen, Kreativzirkel, Sportler oder Schulklassen. In Abstimmung mit dem Verein Metamorphose Kunst in Kamenz sowie dem Netzwerk des Ortsvereins des Kinderschutzbundes werden die besten Ideen gebündelt. "Die ersten zehn konkreten Ideen liegen uns schon vor", freut sich Maik Fabisch.

Und auch die ersten Reaktionen direkt bei der Enthüllung der Skulpturen und in sozialen Netzwerken fielen durchaus positiv aus. "Wir wissen aber, dass Kunst immer auch spalten und zum Diskurs anregen wird. Dazu ist sie da, das ist ihre Aufgabe" sagte Wulf-Dietrich Schomber, Geschäftsführer der Städtischen Wohnungsgesellschaft Kamenz, nach der Enthüllung.

Vor allem die Anordnung der Skulpturen sorgte bereits für Fragen. "Hätte Kamenz nicht ganz oben stehen müssen? Man liest eine Überschrift ja immer von oben. So heißt es ja nun "Jahre. 800. Kamenz", meint ein Anwohner. Es wird sicher nicht die letzte Wortmeldung gewesen sein.