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SZ + Hoyerswerda

Raus aus dem Tourismusverband Lausitzer Seenland

Die Stadt Bernsdorf kündigt ihre Mitgliedschaft. Das hat der Stadtrat in seiner ersten Sitzung beschlossen. Auch anderswo wird über Austritt nachgedacht.

Von Ralf Grunert
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© Symbolfoto: Uwe Schulz

Bernsdorf. Das Lausitzer Seenland, und das sagt der Bernsdorfer Bürgermeister Harry Habel (CDU) schon seit geraumer Zeit, wird mal zum Motor der Entwicklung der gesamten Region. Jedoch erst in zehn bis 15 Jahren, so schränkt er ein. Aber dann womöglich auch wieder mit der Stadt Bernsdorf als Mitglied im Tourismusverband Lausitzer Seenland. Denn vorerst einmal wird diese seit 2019 bestehende Mitgliedschaft enden. Der Stadtrat hat in seiner ersten Sitzung den Verbandsaustritt beschlossen.

Strukturwandel hat Vorrang

„Mit den Bestrebungen zur Wiederbelebung der S-Bahn-Line Kamenz-Bernsdorf- Hoyerswerda bzw. Senftenberg und den Vorhaben zur Aufwertung von Freizeitangeboten, wie der Ertüchtigung des Waldbades und des Dorfmuseums in Zeißholz, hatten Verwaltung und Stadtrat seinerzeit eine Einbindung in die Vermarktungskonzepte des Tourismusverbandes als sinnvoll erachtet. Aufgrund der umfangreichen Umsetzungsphase der Strukturförderprojekte, den gesetzten Zeithorizonten für die S-Bahn, der aktuell eher geringen touristischen Bedeutung von Bernsdorf und der bislang noch nicht hinreichenden Strahlkraft des Lausitzer Seenlandes wird vorläufig ein fristgerechter Austritt aus dem Tourismusverband vorgeschlagen“, hieß es zur Begründung des Beschlussvorschlages.

„Es liegt nicht am Tourismusverband. Die machen dort einen tollen Job und sind wahnsinnig engagiert“, betonte der Bürgermeister. Der Stadtverwaltung gehe es aber momentan vor allem darum, den Haushalt solide zu halten und die Strukturförderprojekte durchzubekommen. „Deshalb haben wir uns dazu entschieden, den Vorschlag zu bringen, dass wir vorübergehend austreten. Wir haben aber auch gesagt, dass wir mit Sicherheit, wenn mal das Waldbad fertiggestellt ist und die S-Bahn die Leute ins Seenland bringt, dem Tourismusverband wieder beitreten.“

Außerhalb des Kerngebietes

Der Bernsdorfer Bürgermeister findet, dass die Stadt zu weit weg vom Kerngebiet des Lausitzer Seenlandes sei. „Ich glaube, die Mitgliedschaft im Tourismusverband hilft momentan mehr den direkten Anrainern im Lausitzer Seenland in Sachsen und Brandenburg. Uns hilft es weniger. Vielleicht ändert sich das in Zukunft.“

Ob die Abkehr vom Tourismusverband negativen Einfluss auf die Vermarktung von Ferienwohnungen in Bernsdorf haben könne, wollte Arne Henschel (CDU) wissen. Der Bürgermeister glaubt das nicht und spricht von anderen Möglichkeiten der Vermarktung. Hauptamtsleiterin Gabriele Witschaß ergänzte, dass es in der Stadtverwaltung einen mit Öffentlichkeitsarbeit betrauten Mitarbeiter gebe, der sich diesem Thema widmen werde. „Mein Ansatz ist, mit allen Touristikern ins Gespräch zu kommen, wie wir als Stadt bei der Vermarktung helfen und den Tourismus auf neue Beine stellen können“, war auf Nachfrage von René Nowitzki zu erfahren.

Die Höhe des Mitgliedsbeitrages im Tourismusverband, derzeit zahlt Bernsdorf rund 6.100 Euro, im kommenden Jahr würde sich diese Summe mehr als verdoppeln, ist für die Stadt Bernsdorf jedenfalls nicht der Knackpunkt, wie es heißt. Im Gegensatz zur Stadt Lauchhammer, die insbesondere aus Kostengründen über den Austritt aus dem Tourismusverband nachdenkt.

„Aktuell verzeichnen wir bei den kommunalen Partnern eine sehr angespannte finanzielle Lage. Das führt dazu, dass freiwillige Leistungen auf den Prüfstand gestellt werden“, bestätigt Kathrin Winkler, die Geschäftsführerin des Tourismusverbandes Lausitzer Seenland. „Parallel hat sich der Tourismusverband vor zwei Jahren auf den Weg gemacht, die Beitragsordnung zu überarbeiten, den aktuellen Gegebenheiten anzupassen und einen touristischen Faktor in der Beitragsordnung zu berücksichtigen. Diesen Prozess vollziehen zurzeit viele Reisegebiete in Deutschland.“

Nicht im gewünschten Tempo

Hinsichtlich des in Bernsdorf beschlossenen Austritts aus dem Tourismusverband erklärt Kathrin Winkler, dass man mit der Stadt in den letzten Monaten in einem intensiven Austausch war, da bestimmte gemeinsame Projekte wie die S-Bahn-Verbindung ins Lausitzer Seenland und die Sanierung des Waldbades nicht im gewünschten Tempo realisiert werden konnten bzw. können. Dazu kommen die Herausforderungen des Strukturwandels, weiß die Geschäftsführerin, die einräumt, dass der Austritt eines Mitgliedes, im Fall von Bernsdorf wird der zum 1. Januar 2025 vollzogen, bedeute, Maßnahmen auf den Prüfstand zu stellen und für diese im besten Fall externe Mittel einzuwerben oder diese zu streichen. „Die Entscheidung darüber wird in den Verbandsgremien getroffen.“

Eine sehr positive Entwicklung

Aktuell hat der Tourismusverband 143 Mitglieder. „Seit der Gründung 2012 können wir eine sehr positive Entwicklung der Übernachtungszahlen und der Bekanntheit des Lausitzer Seenlandes verzeichnen, dies auch über die Coronazeit“, erklärt Kathrin Winkler und betont: „Das ist nur möglich, wenn sich möglichst viele Partner, wie Landkreise, Kommunen, touristische Anbieter, aber auch Partner außerhalb des Tourismus in einem Verband engagieren, der genau dies zur Aufgabe hat.“ Wie sie sagt, leistete der Tourismus im Vor-Corona-Jahr 2019 einen touristischen Einkommensbeitrag von 122,1 Mio. Euro.

„Wir gehen davon aus“, so die Geschäftsführerin, „dass die Entwicklung des Lausitzer Seenlandes schon jetzt, aber auch in Zukunft auf die peripheren Bereiche ausstrahlt und die Entwicklung in diesen unterstützt, gleichzeitig auch den Zuzug anregt, was meiner Meinung nach auch ein indirekter Effekt des Seenlandes für die einzelnen kommunalen Partner ist. Daher sehen wir es als ein positives Signal der Stadt Bernsdorf, den Austritt aus dem Verband als vorübergehend zu definieren.“