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SZ + Hoyerswerda

Kultur zwischen Welterbe und Astro-Zentrum

In Knappenrode trafen sich rund 100 Leute, um die Kulturszene Sachsens und Brandenburgs besser zu vernetzen.

Von Irmela Hennig
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Christian Stegmann vom Deutschen Zentrum für Astrophysik sieht viele Interessenparallelen für Kunst, Wissenschaft und Technik in der Lausitz.
Christian Stegmann vom Deutschen Zentrum für Astrophysik sieht viele Interessenparallelen für Kunst, Wissenschaft und Technik in der Lausitz. © Foto: Irmela Hennig

Knappenrode. Im Untergrundlabor wird nicht geraucht. Wir trinken da auch keinen Alkohol und tragen keine weißen Kittel.“ Professor Christian Stegmann vom noch jungen und entstehenden Deutschen Zentrum für Astrophysik (DZA) in der Lausitz hat am Donnerstag mit einigen Klischees-Vorstellung aufgeräumt. Die waren vor einer Weile zu sehen auf einem DZA-Motivwagen bei einem Karnevalsumzug. Gestaltet hatten ihn Leute aus Cunnewitz.

Das Dorf bei Panschwitz-Kuckau im Landkreis Bautzen steht derzeit im Fokus, wenn es um das unterirdische Labor geht, das als Teil des DZA in der Oberlausitz entstehen soll. In der Gegend hatten die Experten mit Einheimischen in den Lausitzer Granit gebohrt, um einen möglichen Standort für die Forschungseinrichtung zu finden. Dass ihr Vorhaben nun als Thema für den Fasching taugte, machte Astroteilchenphysiker Stegmann sichtbar Freude. Trotz der drei dargestellten Fehler. „Das war wirklich gut getroffen“, so Stegmann.

Die Episode schilderte beim Impulsvortrag für das zweite „Lausitz Kulturforum“, das nach dem Auftakt 2023 in Südbrandenburg nun in Sachsen veranstaltet wurde. Rund 100 Vertreter aus der Kulturszene sowie der Kommunal- und Landespolitik waren dazu in die Energiefabrik Knappenrode bei Hoyerswerda gekommen. Organisiert wurde das Treffen von den „Lausitz Kultur Koordinierungsstellen“ in Görlitz und Cottbus. Die wurden 2023/2024 eingerichtet, um die Kunst- und Kulturszene der Lausitzen in Zeiten des Strukturwandels besser zu vernetzen.

Stegmann also sollte den Bogen schlagen von der Kultur zur Wissenschaft. Und zudem das DZA-Vorhaben vorstellen, das eines der großen Projekte ist, um Kohleausstieg samt Umbruch in der Region zu bewältigen. Der Wissenschaftler fand die Verbindung in den Daseinsfragen: „Wo kommen wir her? Wo gehen wir hin“, so Stegmann. Das beschäftige Kultur, Wissenschaft und Technik gleichermaßen. Und noch etwas hält er in allen Bereichen für grundnotwendig: „Wir brauchen eine offene Gesellschaft, um unsere Arbeit machen zu können.“ Stegmann geht es dabei unter anderem um internationales, aber auch um grenzüberschreitendes Zusammenwirken. So sei man mit einer Universität im polnischen Wroc³aw (Breslau) im Gespräch über die Einrichtung einer Professur. Überdies gebe es nach Prag Kontakte. Er nannte allerdings auch die lokale Zusammenarbeit mit der entstehenden Zukunftsstation Weißwasser für die Vermittlung von Naturwissenschaft, Technik und Kunst oder mit dem geplanten Neustadtforum in Hoyerswerda, unter anderem Jugend- und Bildungszentrum, als wichtige Projekte.

Tagebau-Auswirkung auf Teleskop

Das DZA selbst, bei dem einst um die 1.000 Menschen beschäftigt sein werden, wird seinen Hauptsitz in Görlitz haben. Forschen will man unter anderem an Methoden für die Verarbeitung riesiger Datenmengen, an neuen Technologien und Materialien. Wunsch wäre zudem, das geplante Einstein-Teleskop, ein europäisches Großgerät in Form eines gleichseitigen Dreiecks mit je zehn Kilometern Kantenlänge, in die Lausitz zu holen. Der Freistaat Sachsen lasse nun untersuchen, ob das machbar ist. Geprüft werde unter anderem, welche Auswirkungen der polnische Tagebau Turów bei Zittau oder auch oberirdische Windkraftanlagen auf so ein Gerät haben würden. Komme es, entstehe dafür ein 30 Kilometer langer unterirdischer Tunnel.

Den mit Millionensummen geförderten Forschungsvorhaben – DZA und eventuell Einstein-Teleskop – stellten mehrere Projektmacher kleine, aktuelle Initiativen gegenüber. Darunter ist mit „Zorja“ eines, das im brandenburgischen Dissen bei Cottbus läuft. Es geht um Niedersorbisch-Sprachkurse. Die Teilnehmer absolvieren die in Vollzeit. „Sie unterbrechen dafür zehn Monate lang ihre Jobs oder ihr Studium“, berichtete Gründer und Projektleiter Maximilian Hasacki. Die Absolventen erhalten in der Zeit ein Stipendium. Ziel sei es, das fast verschwundene Niedersorbisch wieder zu Alltagssprache zu machen.

Susann Troppa vom Landesumweltamt in Brandenburg präsentierte „Unesco 5“. Das ist ein junges Netzwerk der Unesco-Stätten in der Lausitz. Gemeint sind der Pückler-Park in Bad Muskau, der Geopark Muskauer Faltenbogen, die Biosphärenreservate Spreewald und Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft sowie das immaterielle Kulturerbe der Sorben/Wenden. Dass dies eine unvollständige Liste ist, machte Troppa deutlich mit dem Satz: „Herrnhut, wir müssen heute noch reden.“ Denn die Kleinstadt hat seit Kurzem als Teil der „Siedlungen der Herrnhuter Brüdergemeine“ ebenfalls Welterbestatus. Um da Kontakte zu knüpfen, soll es Gespräche geben.

Anliegen von „Unesco 5“ ist es unter anderem, die Welterbe-Orte in der Schule und bei jungen Menschen, auch spielerisch, bekannter zu machen.