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Keine Spur von Fachkräftemangel

Die AGK-Berufsschule in Hoyerswerda im Ortsteil Zeißig hat mit der Ausbildung eines weiteren starken Jahrgangs begonnen.

Von Juliane Mietzsch
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Neuerdings gehört für jeden neuen Ausbildungsjahrgang bei der AGK-Berufsschule eine Stadtrundfahrt dazu, um Hoyerswerda besser kennenzulernen – los ging es freilich an der Schule in Zeißig.
Neuerdings gehört für jeden neuen Ausbildungsjahrgang bei der AGK-Berufsschule eine Stadtrundfahrt dazu, um Hoyerswerda besser kennenzulernen – los ging es freilich an der Schule in Zeißig. © Foto: Gernot Menzel

Hoyerswerda. Die Berufsschule der Ausbildungsgesellschaft für Kraftfahrer (AGK) im Hoyerswerdaer Ortsteil Zeißig besuchen derzeit insgesamt 74 Schülerinnen und Schüler in drei Jahrgängen. 29 von ihnen sind erst seit einigen Wochen an der Schule. Denn hier absolvieren die angehenden Berufskraftfahrerinnen und -fahrer für Güterverkehr (LKW) bzw. für Personenverkehr (Bus) während ihrer dreijährigen, dualen Ausbildung den theoretischen Teil.

Auf eine Woche in der Schule folgen zwei Praxiswochen in den jeweiligen Ausbildungsbetrieben. Die Azubis des jüngsten Jahrgangs sind bei insgesamt 16 Transportunternehmen der Region – Sachsen und Südbrandenburg – untergekommen, wie Schulleiter Volker Neubert weiß. Die Altersspanne in der Klasse reicht von 16 bis zu 27 Jahren. Entsprechend unterschiedlich sind auch die Ansichten und Perspektiven auf diesen Beruf.

Beruf und Sprache erlernen

Abdula aus Tschetschenien, seit Februar 2024 in Deutschland, formuliert sein Ziel so: „Ich wollte den Platz sehr haben“ – was ihm gelungen ist. Als schwer, aber machbar schätzt er die Ausbildung bisher ein, da für ihn auch dazugehört, jeden Tag weitere Deutsch-Kenntnisse dazuzugewinnen. Die Sprache hat er erst hier vor Ort gelernt. Damit bildet er zwar eine Ausnahme in dieser Klasse, aber schon zuvor haben junge Menschen mit Migrationshintergrund hier erfolgreich ihre Ausbildung absolviert. Drei Lehrkräfte und dazu externe Personen, die stundenweise eingesetzt werden, decken den Unterricht ab. Es ist immer nur jeweils ein Jahrgang vor Ort in der Schule.

Durch die Umschulung ihres Freundes ist Antonia in Kontakt mit dem Beruf gekommen. „Man kommt raus und sieht etwas anderes“, macht für sie den Reiz als Busfahrerin aus. Künftig könnte sie in Deutschland sowie im europäischen Ausland eingesetzt werden.

Etwas anders lief das bei Kevin: Er wollte schon seit seiner Kindheit Busfahrer werden – wie sein Vater, der jetzt mittlerweile sein Arbeitskollege geworden ist. Das Betanken der Busse und Hilfsarbeiten in der Werkstatt konnte er schon in seinem Ausbildungsbetrieb ausführen, der regional unterwegs ist.

Fahrzeug-Dimension faszinierend

Ebenso als Kindheitstraum bezeichnet Tim aus Zittau seinen Berufswunsch. Weil es als Busfahrer bei der Deutschen Bahn nicht geklappt hat, hat er sich lokal etwas umorientiert. „Es macht Spaß, etwas Großes zu bewegen“, so seine Motivation.

Von einer ähnlichen Faszination für das Fahrzeug spricht Kimberley, die schon mit ihrem Großvater, der LKW-Fahrer war, viel mitgereist ist. Dennoch liegt ihr Interesse eher beim Bus und dem Regionalverkehr.

„Es ist Wahnsinn, was alle leisten“, meint der angehende LKW-Fahrer Pascal, der in Schwarzheide in einem weltweit agierenden Unternehmen mit allein zwölf Standorten in Deutschland tätig ist. Seine vorherige Ausbildung zum Maler beschreibt er lediglich als Überbrückung. Dass an der AGK-Berufsschule nur eine Fachrichtung unterrichtet wird, sieht er als Vorteil an.

Schulleiter Volker Neubert – fast drei Jahrzehnte lang Gymnasiallehrer – kennt keine andere Schule in Sachsen, die so agiert. Auch das Konstrukt Berufsschule – Ausbildungsgesellschaft – Fahrschule scheint deutschlandweit einmalig zu sein.

Die weiteren Fächer neben Deutsch und Wirtschafts- und Sozialkunde widmen sich berufsspezifischen Aspekten, wie fahrzeugtechnischer Sicherheit, Straßenverkehrsrecht oder auch der Kontrolle, Wartung und Pflege von Kraftfahrzeugen.

Ab dem kommenden Frühjahr wird als weiterer Unterrichtsraum auf dem Hof eine neu errichtete Halle mit technischer Ausstattung und einer Grube zur Verfügung stehen. Dann kann der Unterricht ganz praxisnah erfolgen.

Darüber hinaus bietet die Berufsschule Zusatzqualifikationen an – den Stapler- und den Gefahrgutlehrgang können alle Interessierten gleich mitmachen. Denn schließlich haben die Auszubildenden jeweils ein recht unterschiedliches Arbeitsumfeld in ihren Unternehmen.

Die Bedeutung dieses Berufes für die Gesellschaft betont auch Alexander, für den weltweite Einsätze durchaus möglich sein werden. Das passt wiederum zu seiner Einstellung, die Welt sehen zu wollen.

„Dort hinfahren, wo andere Urlaub machen“, ist auch für Jeremy ein Argument für den Fernverkehr, obwohl er die Ausbildung im Nahverkehr absolviert.

Körperlich herausfordernd

Anders ist es für Marc, der es mehr schätzt, nach der Arbeit wieder Zuhause sein zu können und nicht an einem fernen Ort. Mit der Familie hingegen die Ferne zu bereisen, hat für ihn den größeren Reiz. Der erste Einsatz im Unternehmen bedeutete für ihn, um 4 Uhr aufzustehen, damit ab 5.30 Uhr die Kontrolle der Fahrzeuge auf dem Hof und um 6 Uhr die Abfahrt erfolgen kann, ab 6.30 Uhr werden Tonnen entleert. Die Arbeit in der Abfallwirtschaft bei Wind und Wetter bezeichnet er als körperliche Herausforderung, die er aber gerne annimmt. Acht bis zehn Stunden Arbeitszeit bezeichnet er dahingehend als normal.

Damian erinnert sich daran, die Abholung von Mülltonnen schon während seiner Kindergartenzeit interessiert verfolgt zu haben. Nach einem Praktikum und Ferienjob hat er sich für die entsprechende Berufsausbildung entschieden. So war ihm bereits klar, was ihn erwarten und dass es anstrengend werden würde.

In Workshops an der Schule wird auch das Thema Gesundheit bearbeitet, denn schließlich spielen Bewegung und Ernährung eine wichtige Rolle in diesem Beruf, wie Volker Neubert erklärt. Über diese und andere Risiken in ihrem bevorstehenden Berufsleben sind sich die Auszubildenden überaus bewusst. Jede Fahrt kann die letzte sein, spricht Marc an. Im Straßenverkehr kommt es schließlich auch immer auf das Verhalten anderer an. Es wird schon von ersten kleinen Arbeitsunfällen berichtet.

Dankbarkeit und Vandalismus

Dennoch bedeutet den angehenden Berufskraftfahrerinnen und -fahrern die Dankbarkeit der Kunden und Fahrgäste viel. Die Wertschätzung nehmen sie schon jetzt wahr. Und auch ihre Verantwortung für andere Menschen im Personenverkehr ist stets präsent. „Sie legen ihr Leben in unsere Hände“, teilt Kimberley ihre Gedanken. Andererseits ist auch zu beobachten, dass mit dem Inventar in Bussen nicht immer pfleglich umgegangen wird.

Die eine Perspektive lautet, den Beruf so lange auszuführen, wie es gesundheitlich möglich ist, während auf der anderen Seite viele weitere Möglichkeiten stehen. Die Arbeit in nur einem Beruf kann auch bedeuten, etwas anderes zu verpassen.

Die Tragweite der Gedanken erkennt auch Volker Neubert an, der seine Arbeit als sinnstiftend bezeichnet. „Die jungen Leute fordern uns“, beschreibt er. Er legt Wert auf die Aktualität der Unterrichtsinhalte und sieht, dass sich die Arbeit der vergangenen Jahre in der stabilen Zahl der Schülerinnen und Schüler zeigt. Es gab für dieses Schuljahr mehr Anmeldungen, als Plätze zur Verfügung stehen.